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Polestar-Designgchef Maximilian Missoni im Interview: Wir wollen mit unserem Design nicht provozieren

Maximilian Missoni ist Chefdesigner bei Polestar. Der Grazer verantwortet das modern-schlichte Design der 2017 gegründeten schwedischen Marke – sein Chef ist mit Thomas Ingenlath ein ehemaliger Volvo-Chefdesigner. Ob das funktioniert, was bei Polestar wichtig ist und welche Details beim Polestar 4 und Polestar 5 interessant sind, verrät uns Missoni im Interview.

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Maximilian Missoni ist Designchef bei Polestar und damit für den Auftritt der sportlichen Luxusmarke verantwortlich.

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“Die Marke Polestar glaubhaft im Premium-Segment etablieren.” gehört zu den Aufgaben von Polestar-Designchef Maximilian Missoni (links).

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Der Polestar 5, hier eine Vorab-Version beim Goodwood Festival of Speed 2022, soll im Revier des Porsche Taycan wildern.

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Der Polestar 3 ist ein großes kantiges SUV.

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Polestar stellt mit dem Elektro-SUV-Coupé 4 sein drittes Modell vor. Der Elektro-Crossover 2 ist seit 2020 auf dem Markt, das große SUV 3 erscheint Ende 2023 und der 4 kommt 2024 auf den europäischen Markt.

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Der Polestar 4 ist ein SUV-Coupé mit markant zweigeteilten Frontscheinwerfern.

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Mit dem 4 zeigt Polestar einige neue Designmerkmale wie etwa die horizontal geteilten Scheinwerfer.

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Den Trend zum beleuchteten Frontlogo geht Polestar dezent mit: Der Polarstern an der Front leuchtet nicht selbst, er ist vielmehr weiß hinterleuchtet.

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Das 4,84 Meter lange Elektro-SUV-Coupé bietet mit drei Meter Radstand genügend Platz für einen großen Akku zwischen den Achsen.

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Der Polestar 4 nutzt die Scalable Electro Architecture (SEA) von Geely mit 102 kWh großem Akku zwischen den Achsen und einem oder zwei Elektromotoren.

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Die Räder haben je nach Version 20 bis 22 Zoll Durchmesser.

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Der Polestar 4 hat kein Heckfenster.

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Auf ein Heckfenster verzichtet der Polestar 4 – es wäre ohnehin sehr klein ausgefallen.

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Stattdessen liefert eine Kamera Bilder an den Innenspiegel.

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Wo sonst das Heckfenster wäre, sitzt ein Stück Blech.

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Das geschlossene Heck soll den Passagieren einen besonders gemütlichen Innenraum bieten.

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Zwei Versionen gibt es: Eine mit zwei Motoren und 544 PS sowie eine 272 PS aus einem Motor.

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Die Einmotor-Version soll laut WLTP mit einer Akkuladung bis zu 600 Kilometer weit kommen.

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Der Polestar 4 mit zwei Motoren hat eine Reichweite von 564 Kilometer.

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Der Poelstar 4 startet Anfang 2024 in Europa zu Preisen ab 60.000 Euro.

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Neue Außenfarben gibt es ebenfalls: unter anderem Gold, wie schon beim nicht mehr angebotenen Hybridmodell Polestar 1.

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Damit auch die Fondpassagiere eine gute Kopffreiheit haben, läuft das Dach erst ab der C-Säule flach nach hinten aus.

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Schick aufgeräumt und sportlich: Der Innenraum des Polestar 4 mit unten abgeflachtem Lenkrad.

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Über der Mittelkonsole thront ein 15,4-Zoll-Bildschirm, darunter finden Wasserflaschen Platz. Im Interieur sind Recycling-Materialien verarbeitet.

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Fahrzeuge mit Performance Pack und die Dual-Motor-Version sind innen an goldfarbenen Sicherheitsgurten zu erkennen. Zur Ausstattung gehören dann außerdem 22-Zoll-Räder, Brembo-Bremsen und ein sportlich abgestimmtes Fahrwerk.

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Maximilian Missoni ist Designchef bei Polestar und damit für den Auftritt der sportlichen Luxusmarke verantwortlich.

Sie sind verantwortlich für das Polestar-Design und haben mit Thomas Ingenlath als obersten Chef einen Designer – wie ist das so?

Missoni (lacht): Es ist tatsächlich manchmal fast zu einfach. In anderen Konstellationen kämpfen die Designer immer darum, dass die anderen den Wert von Design erkennen – da geht es um sehr viel Grundlegendes. In der Zusammenarbeit mit Thomas ist das kein Thema – Thomas ist ein Designer und Vollblut-Ästhet. Wissen über Design steckt in ihm drin, das müssen wir überhaupt nicht diskutieren. Jedes Produkt ist ein Balance-Akt, es gibt immer verschiedene Parameter, die balanciert werden müssen. Design ist eines dieser Parameter und wir haben natürlich den Anspruch, Design weit oben in der Hierarchie anzusetzen. Da ist Thomas natürlich Feuer und Flamme. Allerdings muss man auch sagen, dass wir schon sehr lange zusammenarbeiten – unser ästhetisches Empfinden ist ziemlich ähnlich. Andererseits: Manchmal wechseln ja auch Designer und CEOs. Wenn da eine andere Konstellation aus zwei Designern wäre, die sich nicht kennen, weiß ich nicht, ob das so einfach wäre.

Dann gleich konkret zum Polestar 4: Wessen Idee war der spektakuläre Entfall des Heckfensters?

Gute Frage. Solche Dinge entstehen. Wir hatten die Diskussion beim Precept (Studie zum Polestar 5, Anm.d.Red.) mit dem hinterleuchteten Stoff im Innenraum. Die Realisierung war dann recht teuer. Als die Frage aufkam, wessen Idee das war, wollte es keiner gewesen sein – es hieß immer “Nein, das war Deine Idee.” (lacht) Das mit der Heckscheibe ist ein deutlich ernsteres Thema, aber ganz ehrlich: Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie das entstanden ist, aber es hat seinen Anfang definitiv im Precept genommen. Beim 5 kommt das ja auch, aber der 4 ist mit der gleichen Lösung schneller ins Ziel gekommen. Die Lösung ergibt in beiden Autos Sinn, weil sie Coupés sind und die Dachlinie wichtig für Ästhetik und Aerodynamik ist.

Ging es beim Entfall des Heckfensters nicht nur um die Coupé-Form und dieses Wrap-around-Gefühl im Fond, sondern auch ein bisschen um Provokation?

Wir machen grundsätzlich nichts, um zu provozieren. Hier haben wir mit der immer besser werdenden Kameratechnik eine Technologie genutzt, um ein ganz profanes Problem zu lösen. Das Problem ist, dass ich mit einem Innenspiegel unter einer Struktur durchschauen muss – und damit das überhaupt geht, bauen die Autos hinten sehr viel Volumen auf. Da kämpft jedes Auto mit dem gleichen Problem. Die Frage ist, ob wir mittlerweile so weit sind, dass wir so einen klassischen Innenspiegel verlässlich ersetzen können. Antwort: Ja, wir sind es. Wir müssen gleichzeitig verstehen, dass wir Early Adaptors brauchen, die mit uns den Weg mitgehen. Ich würde sagen: In China ist dies überhaupt kein Problem, die Leute dort sind deutlich interessierter, verspielter und affiner, was Technik angeht. In Europa und den USA werden wir sehen. Für eine Marke für Polestar ist es ein Riesenvorteil, dass wir keine Stammkunden haben, die seit Generationen gewöhnt sind, gewisse Lösungen in ihren Fahrzeugen zu haben. Wir können neue Wege gehen und Leute finden, die diesen Weg mit uns beschreiten wollen.

Konnten Sie diesen Bildschirminnenspiegel schon testen? Wir haben bisher einige solcher Innenspiegel kennengelernt, die nicht so gut funktionieren.

Der Unterschied zwischen einem Spiegel und einer Kameralösung ist natürlich der, dass der Fokuspunkt bei einem Spiegel im Unendlichen liegt und bei einer Kamera muss ich auf die Bildschirmfläche fokussieren. Das ist am Anfang für ein paar Tage sicher gewöhnungsbedürftig. Wir gehen davon aus, und haben auch schon entsprechende Rückmeldungen bekommen, dass, wenn ich anstelle dieses kleinen Spiegel-Blicklochs nach hinten einen großen Weitwinkel habe und tatsächlich etwas sehe, dann ist es umgekehrt eher schwer, sich wieder zurückzugewöhnen. Die Außenspiegel durch Kameras zu ersetzen ist der größere Schritt weil die gesetzlich stärker reguliert sind und weil diese häufiger benutzt werden.

Warum haben Sie für den Polestar 4 keine Kamera-Außenspiegel vorgesehen?

Weil wir das Auto für die ganze Welt zulassen und beispielsweise die Amerikaner mit der Gesetzgebung immer noch nicht so weit sind – klassische Außenspiegel sind in den USA immer noch Pflicht.

Die Außenspiegel sehen aber so aus, als wenn das mal Träger für Kameras waren, auf die dann Außenspiegel gesetzt wurden.

Das hat zwei Gründe. Der erste Grund ist: Vorausschauend kann man dann leichter das Konzept ändern. Und der zweite Grund ist das rahmenlose Spiegel-Design. Da waren wir die erste Marke, mittlerweile gibt es das auch beim Volvo EX90 und beim Zeekr 001. Der rahmenlose Spiegel lebt davon, dass sich das gesamte Gehäuse bewegt. Normalerweise hat man ja einen feststehenden Rahmen und eine bewegliche Spiegelscheibe. Bei einem rahmenlosen Spiegel wächst das Sichtfeld um 30 Prozent. Das Gehäuse ist über ein Kugelgelenk mit dem Trägerarm verbunden. Aber das ganze Auto ist mit zwölf Kameras ausgerüstet, je zwei davon sitzen im Spiegelfuß.

Für einen Designer muss es doch die Pest sein, eine Kamera irgendwo unterzubringen.

Ursprünglich ja – aber wir haben irgendwann entschieden, den Spieß umzudrehen. Wir kommunizieren Technologie, wir machen sie sichtbar. Zum Beispiel nennen wir beim 5er die Stelle an der Front, wo sich ein Radar, eine Kamera und Beschleunigungs-Sensoren befinden “Smart Zone”. Der Polestar 3 basiert auf einer Volvo-Plattform. Der 4er basiert auf einer anderen Plattform, die mehr kamerabasiert arbeitet – deshalb sieht man beim Polestar 4 mehr Kameras.

Aber es ist für einen Designer schon der Anspruch, Kamerasysteme möglichst zu verstecken?

Generell schon. Wir haben aber beim 3er einen Laserscanner auf dem Dach. Da kann man entweder die Funktionalität kompromittieren, indem man die Technik zum Beispiel runter in den Grill oder die Lufteinlass-Region setzt. Oder man geht Richtung Maximallösung mit bestem Überblick und Reichweite über die vorausfahrenden Fahrzeuge hinweg – dann muss der Scanner weit oben sitzen. Wir sind nicht die einzigen, die das so machen. Volvo macht das auf der gleichen Architektur und Nio macht das beispielsweise auch. In der Volvo-Architektur und somit auch beim Polestar 3 haben wir Laser, Radar, Kameras und Ultraschall-Sensoren und im Polestar 4 haben wir zwölf Kameras, Ultraschall-Sensoren und ein Radarsensor vorn im Grill.

Bei einer gleichen Plattform für verschiedene Marken ist ja eines der deutlichsten Unterscheidungsmerkmale das Design. Aber wenn man sich beispielsweise die Schweinwerfer vom 4 und vom 5 ansieht – die sind ja schon sehr ähnlich. Das muss ja Absicht sein – warum haben Sie sich dafür entschieden?

Das ist Absicht – der 4er und der 5er sind ja fast so ein Pärchen: Der 4er ist die SUV-Coupé-Variante von der Designsprache des 5ers. Das Heck ist schon noch anders, weil der 5er diesen Sportwagen-Look hat und der 4er eher ein bisschen robotisch aussieht. Die Differenzierung ist dann eher zwischen 3 und 4, weil die beide im SUV-Segment spielen, auch wenn der 3er größer und preislich höher ist. Trotzdem sind sie in einem ähnlichen Segment und sollen sich deshalb extrem differenzieren. Der 3er hat diesen klaren SUV-Charakter – das gibt es ja nicht mehr viel, viele gehen in die Crossover-Richtung, wo Du nicht mehr weißt: Was ist es jetzt eigentlich? Beim 3er wollten wir bewusst dieses kantig-kräftige behalten und mit Tricks arbeiten. Dazu gehört zum Beispiel der Frontflügel, der Luft noch ein bisschen beschleunigt. Der 3er ist dann vom cW-Wert nicht mehr so gut wie der 4er, aber er sieht bewusst ein bisschen kantiger aus. Der Frontflügel hilft, dass der cW-Wert-Nachteil nicht so hoch ausfällt.

Polestar nutzt ja für seine Modelle verschiedene Plattformen.

Genau: Der 3er und der 4er stehen auf verschiedenen Großserien-Plattformen. Der 3er steht auf einer Volvo-Plattform, die SPA2 heißt (Scalable Product Architecture 2). Der 4er basiert auf einer Geely-Plattform PMA1 (Pure electric Modular Architecture 1 – inzwischen Sustainable Experience Architecture (SEA)). Die PMA1 ist eine sehr gute Plattform, die Geely- und Volvo-Ingenieure gemeinsam entwickelt haben. Sie ist die Basis für einige Premium-Fahrzeuge – für die Geely-Marke Zeekr beispielsweise. Wir teilen uns diese Plattform mit den anderen Geely-Premium-Marken, was für uns natürlich die Kosten senkt. Wir können so also eine luxuriöse Fahrzeug-Architektur in einem niedrigeren Preissegment aufbauen. Und dann gibt es eine dritte Plattform, auf der der 5 und der Roadster basieren: Das ist eine von Polestar entwickelte Aluminium-Plattform. Die Plattform besteht komplett aus Aluminium – die Komponenten sind teilweise miteinander verklebt, so wie auch Lotus das teilweise bei seinen Modellen gemacht hat. Damit ist die Plattform leichter und steifer als herkömmliche Plattformen.

Und diese Plattform steht dann nur Polestar zur Verfügung, oder bekommt die beispielsweise auch Lotus?

Im Konzern kann sich natürlich eine Marke für diese Plattform interessieren und auf dieser Architektur etwas aufbauen. Momentan ist das eine von Polestar entwickelte Plattform, die dazu dient, die Marke glaubhaft in einem Segment zu etablieren, wo wir sein wollen – also in einem sehr exklusivem Premium-Segment. Dazu gehört der 5er, der von der Ergonomie und vom Fahrverhalten her für den Fahrer ein echter Sportwagen ist. Die Vordersitze kommen von Recaro – und hinten hast Du dann dieses Lounge-Feeling wie in der Business Class.

Gibt es beim Polestar 5 für die Passagiere im Fond eine sogenannte Fußgarage?

Ja, das ist wie im Porsche Taycan – die Batterie ist auf 40 Zentimeter Länge ausgespart, um die Füße unter den Sitz des Vordermanns zu kriegen. Dadurch hast Du in der zweiten Reihe eine angenehme Ergonomie – und trotzdem 1,42 Meter Dachhöhe.

Polestar baut teure Autos mit schickem schwedischem Design – machen Sie damit Ihrer Mutter Volvo keine Konkurrenz?

Soviel ich das weiß, hat Volvo beim 5er keinen Plan, ein ähnliches Auto zu bauen. Auch was die Sportlichkeit angeht, ist der Polestar 5 schon extrem – das ist eher Porsche-Territorium. Die Marken sind verschieden aufgestellt: Auch wenn es Produkte gibt, die überlappen – Volvo ist eher audimäßig und Polestar hat noch Luft nach oben.

Herzlichen Dank für das Interview.

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