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Xpeng G6 im Test: Viel Licht und wenig Schatten

Model-Y-Rivale mit 800-Volt-System und Top-Ausstattung zum günstigen Preis

xpeng g6 im test: viel licht und wenig schatten

Die chinesische Elektroauto-Marke Xpeng ist in Deutschland erst seit Mai 2024 auf dem Markt. Verkauft und laut Zulassungszahlen auch ausgeliefert werden die Limousine P7 und das große SUV G9. Im August kommt noch das Mittelklasse-SUV G6 hinzu, das wir nun in rund um Amsterdam getestet haben. Dabei wählten wir die Allradversion.

Den Xpeng G6 haben wir vor drei Wochen schon einmal ausführlich vorgestellt. Es handelt sich um einen Konkurrenten des Tesla Model Y mit sehr ähnlichen Maßen, aber einem 800-Volt-System, das schnelleres Laden verspricht. Ähnlich wie in den Niederlanden liegen die Preise in Deutschland etwas unterhalb des beliebten Tesla-Rivalen. Es gibt drei Versionen:

Xpeng G6
RWD Standard Range
Xpeng G6
RWD Long Range
Xpeng G6
AWD Long Range
Antrieb RWD 190 kW, 440 Nm RWD 210 kW, 440 Nm AWD 350 kW, 660 Nm
0-100 km/h / Spitze 6,9 Sek. / 200 km/h 6,7 Sek. / 200 km/h 4,1 Sek. / 200 km/h
WLTP-Stromverbrauch 17,5 kWh 17,5 kWh 17,9 kWh
Batterie netto 66,0 kWh (LFP) 87,5 kWh (NCM) 87,5 kWh (NCM)
WLTP-Reichweite 435 km 570 km 550 km
Max. Ladeleistung 11/215 kW 11/280 kW 11/280 kW
DC-Ladedauer 10-80% 20 min 20 min 20 min
DC-Ladegeschwindigkeit 2,3 kWh/min 3,1 kWh/min 3,1 kWh/min
Preis 43.600 Euro 47.6000 Euro 51.600 Euro

Exterieur | Interieur | Antrieb und Akku | Assistenten und Ladeversuch | Ausstattung und Verkauf | Fazit

Exterieur

Mit 4,75 Meter ist der Xpeng G6 genauso lang wie das Model Y, die Höhe ist nur drei Zentimeter größer. Die Optik geht noch stärker Richtung Coupé-SUV. Eine weitere Besonderheit sind die rahmenlosen Türen.

Abmessungen Xpeng G6 AWD Performance
Länge 4.753 mm
Breite 1.920 mm
Höhe 1.650 mm
Radstand 2.890 mm
Kofferraumvolumen 571-1.374 Liter
Leergewicht 2.120 kg
Zuladung 518 kg
Anhängelast 1.500 kg

Das Design des Xpeng G6 wird vom markentypischen Robot Face bestimmt; das ist die schwarze Leiste an der Front mit dem X-förmigen Markenlogo in der Mitte. Persönlich finde ich den Look nicht so gelungen, was vielleicht an den arg rundgeschmirgelten, kantenlosen Konturen liegt. Am Heck erinnert mich das Auto vage an den Porsche Macan.

Hinten gibt es zudem einen kleinen Dachspoiler, unter dem sich eine Art Easter Egg verbirgt: ein Heckscheibenwischer. Gut, dass Xpeng daran gedacht hat, aber das Ding ist so winzig, dass er wohl nicht allzu viel ausrichten wird.

Die Sicht nach schräg hinten (hier vom Beifahrersitz aus) ist nicht sehr gut

Nicht nur der Wischer ist winzig, auch die Heckscheibe ist ziemlich klein, und die Rundumsicht nicht sehr gut. Allerdings ist das bei anderen Coupé-SUVs auch nicht anders, wie man erkennt, wenn man zum Beispiel hinter einem Mercedes GLC Coupé herfährt. In solchen Autos ist man zum Beispiel beim Rechtsabbiegen praktisch blind für Fahrradfahrer.

Interieur und Bedienung

Mit der Rundumsicht sind wir schon beim Thema Interieur und Bedienung. Ein weiteres Manko ist, dass das große, serienmäßige Glasdach kein Sonnenschutz-Rollo hat. Xpeng verweist auf die UV-Schutz-Beschichtung und die gute thermische Isolation; ob das im Sommer ausreicht, käme auf den Versuch an. Ein weiterer Minuspunkt ist, dass der Schalter für die Warnblinkanlage am Dach untergebracht ist (wie beim Tesla Model 3), wo er von Unkundigen im Notfall kaum gefunden wird, weil er nicht im Blickfeld liegt.

Tasten und physische Bedienelemente gibt es nur am Lenkrad und an der Tür-Innenseite; in der Mittelkonsole gibt es zwei induktive Ladeplätze für Smartphones

Im Cockpit gibt es ein recht großes Instrumentendisplay (10 Zoll) sowie einen 15-Zoll-Touchscreen, beides im Querformat. Unsere Befürchtung, dass das Lenkrad beim Fahren das Instrumente störend verdecken könnte, bewahrheitete sich nicht.

Physische Tasten und Knöpfe gibt es nur am Lenkrad und an der Tür-Innenseite (für die Fensterheber). Die Außenspiegel werden über die Bedienelemente am Lenkrad eingestellt; das geht einfach, aber zuvor muss aber der entsprechende Menüpunkt am Touchscreen ausgewählt werden. Mal eben nachjustieren geht also nicht.

Immerhin haben wir eigentlich alle wichtigen Einstellungen im Menüsystem des Touchscreens auf Anhieb gefunden, alles war in gutem Deutsch und so beschriftet, dass man auch versteht, was gemeint ist – bei BYD ist das nicht immer so. Aber die Bedienung des Touchscreens funktioniert nicht problemlos: Oft musste ich mehrmals auf einen Menüpunkt tippen, um eine Reaktion hervorzurufen. Sowas lenkt ungemein ab.

Im Fond hat der G6 genug Platz für mich als 1,76 Meter großen Test-Passagier. Nicht nur die Kniefreiheit reicht locker aus, auch die Kopffreiheit ist üppig. Ein Plus ist auch, dass man die Fondlehnen etwas weiter nach hinten legen kann. Richtig bequem machen kann man es sich im G6, indem man die Vordersitzlehnen nach hinten legt bis in die Waagerechte, eine Position, in der ich fast eingeschlafen wäre.

Der Kofferraum wirkt groß und ist ebenfalls gut nutzbar – wenn man davon absieht, dass die hinten schräg abfallende Karosserie die Höhe etwas einschränkt.

Die Türgriffe fahren automatisch aus, wenn man den Wagen entriegelt

Von innen werden die Türen über einen Knopf geöffnet

Die Türgriffe haben ein ähnliches Design wie bei Tesla: Beim Fahren und bei abgeschlossenem Auto sind sie karosseriebündig. Entriegelt man den Wagen (per Digital Key auf dem Handy oder wie wir mit dem konventionellen Schlüssel), fahren die Klinken automatisch aus.

In manchen Situationen muss man die Klinken selbst ausklappen. Dazu reicht es, mit dem Daumen den vorderen Part hineinzudrücken. Schwierig ist es nur auf der Beifahrerseite. Dort verwendet man besser die linke Hand, aber daran dürfte man sich gewöhnen. Von innen werden die Türen elektronisch über einen Knopf entriegelt.

Einen Start-Stopp-Knopf hat der Xpeng G6 nicht; das System wird offenbar mit dem Entriegeln aktiv. Wenn man das Auto verlässt, reicht es, den P-Modus des Getriebes zu aktivieren. Das geschieht mit dem Lenkstockhebel auf der rechten Seite (der das gleiche Design wie bei Mercedes-Modellen hat.)

Antrieb und Akku

Die gefahrene Version war das Topmodell mit einem 350 kW starken Allradantrieb. Dass das Auto damit sehr gut beschleunigt, braucht man auch angesichts des Sprintwerts von 4,1 Sekunden nicht zu betonen. Das Gefühl dabei ist vehement, aber nicht störend. Auch mit diesem Wert bleibt das Auto allerdings hinter dem Spurtvermögen des Tesla Model Y Performance zurück, das nur 3,7 Sekunden braucht.

Der Stromverbrauch lag laut Bordcomputer bei nur 13,9 kWh/100 km, allerdings betrug unser Durchschnittstempo nur 39 km/h, weil die Teststrecken größtenteils im städtischen Umfeld lagen. Der angegebene Normverbrauch (mit den serienmäßigen 20-Zöllern) von 17,9 kWh/100 km liegt leicht über dem Wert des Tesla-Rivalen, der mit 21-Zoll-Felgen auf 17,3 kWh kommt. Apropos: Der Verbrauch ließ sich auch mit Unterstützung des Xpeng-Personals nicht nullen.

Im Instrumentendisplay wird je nach Einstellung entweder der Ladestand in Prozent oder die Reichweite in Kilometer angezeigt, aber nicht beides. Das dürfte so manchen Elektroauto-Fan stören.

Die Einstellungen für die Rekuperation (oben) und die davon unabhängigen Fahrmodi (unten)

Was die Rekuperation angeht, so lässt sich diese nur über den Touchscreen einstellen. Es gibt die Modi Niedrig, Mittel, Hoch und X-Pedal. Die Spreizung ist gut: Bei Niedrig segelt man praktisch ohne Widerstand, im X-Pedal-Modus ist die Bremswirkung beim Freigeben des Gaspedals stark. Man kommt aber leider nicht bis zum Stand. Bremst man bis zum Stopp, bleibt der Wagen aber dank der Auto-Hold-Funktion stehen.

Zur sonstigen Technik haben wir bei dem Termin nur wenig Neues erfahren. Nach Aussage des Xpeng-Produkttrainers Marten Bos arbeitet der hintere Inverter mit Siliciumcarbid-Technik. Die Zellen stammen vom chinesischen Hersteller CALB und sind (möglicherweise nicht bei beiden Akkutypen) prismatisch. Der G6 kann nicht nur mit 800 Volt, sondern auch an 400-Volt-Säulen geladen werden. Dazu wird die Spannung der Säule auf 800 Volt hochtransformiert, wie Bos mir sagte – Bankladen wie beim Audi Q6 e-tron oder Porsche Macan gibt es hier nicht.

Assistenzsysteme, Ladeplanung und Ladeversuch

Wir erprobten auch den Abstandstempomaten und den Spurhalteassistenten. Um die maximale Fahrunterstützung zu erhalten, zieht man den Getriebewahlhebel rechts am Lenkrad zweimal nach unten. Der Abstandstempomat regelt gut, doch der Spurhalteassistent funktionierte nicht wirklich: Als ich auf der Autobahn das Lenkrad loslasse, prallt das Auto einmal an der rechten Spurbegrenzung ab, bewegt sich dann zur linken Begrenzung und beendet dann das teilautonome Fahren. Um dem Wagen mitzuteilen, dass man noch Herr seiner Sinne ist, reicht keine Berührung des Lenkrads wie bei kapazitiven Systemen, man muss am Steuer rütteln.

Auch bei der Ladeplanung scheint es noch Verbesserungspotenzial zu geben. Für die Strecke von Amsterdam nach Berlin zeigte das System nur die verfügbaren Ladestationen entlang der Route an; man musste allerdings selbst die passenden Stationen auswählen. Im Detail erkundet haben wir die Ladeplanung leider nicht; vielleicht lässt sich noch mehr herausholen.

Ausführliche Erklärung zur Batterie-Vorkonditionierung auf dem Touchscreen

Immerhin bereitet das System die Batterie automatisch auf das Schnellladen vor, wenn man eine DC-Säule als Ziel eingibt. Diese Funktion lässt sich auch abschalten, was aus unserer Sicht keinen Sinn ergibt.

Bei einem kurzen Ladeversuch an einem Shell-Recharge-Standort aber beeindruckte uns der Xpeng. Die von Xpeng ausgesuchte Säule war auf 175 kW beschränkt. Dazu kam, dass unser Akku noch zu über 70 Prozent voll war, und da war keine große Ladeleistung mehr zu erwarten. Dennoch kletterte die Ladeleistung bis auf mehr als respektable 134 kW.

Die Säule zeigte eine Ladespannung von 625 Volt an – das verrät das 800-Volt-System. Die Ladeleistung betrug auch noch bei 77% Ladestand noch beachtliche 125 kW, ein paar Minuten wurden 134 kW erreicht

Ausstattung und Verkauf

Die Ausstattungspolitik von Xpeng beim G6 ist einfach. Als Extras gibt es nur verschiedene Außenlackierungen (Weiß, Grau, Schwarz, Silber und Orange) und elektrisch ausfahrbare Anhängerkupplung. Alles andere ist Serie oder nicht verfügbar. Zur Serienausstattung aller drei Versionen gehören 20-Zoll-Aluräder, elektrisch bediente Heckklappe, Panoramaglasdach, Lenkradheizung, Sitzheizung vorn und hinten, Sitzventilation vorne, elektrisch einstellbare Vordersitze mit Memory-Funktion, Kunstleder-Sitzbezüge, Ambientelicht, ein Soundsystem mit 18 Lautsprechern, 4 USB-Anschlüsse, Zweizonen-Klimaautomatik und eine Wärmepumpe.

Dazu kommen noch zahlreiche Assistenzsysteme, die auf 29 Sensoren aufbauen (darunter 5 Radarsensoren und 12 Kameras): Abstandstempomat, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, Antikollisionssystem, Totwinkelwarner und 360-Grad-Rundumsichtsystem. Insgesamt kann man wohl sagen, dass das eine Ausstattung auf Oberklasse-Niveau ist.

Xpeng startete in den europäischen Hardcore-Elektroauto-Ländern Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden, nun aber ist Deutschland dran.

Noch kann man den Xpeng G6 nicht konfigurieren, doch ab August soll das möglich sein. Gleichzeitig soll auch schon der Marktstart erfolgen, das heißt, der Wagen steht dann beim Händler. Genau, beim Händler: Wie BYD setzt auch Xpeng auf reale Handelsbetriebe, nicht auf den Internet-Vertrieb. Davon soll es am Ende des Jahres 20 in Deutschland geben.

Um das zu erreichen, verspricht Xpeng “gute, zweistellige Margen” bieten, wie Deutschland-Geschäftsführer Markus Schrick sagte. Außerdem habe man geringe Einstiegsvoraussetzungen – man braucht keine extra Verkaufsräume. Um das Vertrauen in die Marke zu stärken, erwähnt Schrick auch, dass man derzeit einen freien Kapitalfluss von 4,8 Milliarden Dollar habe, und dass VW zu fünf Prozent an Xpeng beteiligt ist.

Xpeng will am Ende des Jahres (EoY) 20 Händler in Deutschland haben

Fazit

Alles in allem ist der Xpeng G6 ein sehr gutes Auto. Technisch hält er mit dem Tesla Model Y locker mit; die Materialqualität innen ist überlegen, die Bedienung arg Touchscreen-orientiert, aber das ist sie bei Tesla auch. Zu den Pluspunkten des G6 gegenüber dem Model Y gehören das 800-Volt-System, mit dem der Wagen schnell lädt, wie schon unser kurzer Ladeversuch bei hohem SoC zeigte: 134 kW bei fast 80% sind ein sehr guter Wert. Dazu kommen die extrem umfangreiche Ausstattung und die günstigen Preise.

Wie viele Autos davon in Deutschland verkauft werden, dürfte aber auch vom Vertrauen in die Marke abhängen. Das will Xpeng mit eigenen Händlern fördern. Zudem wird man das Auto auch leasen können, was das Risiko für die Kundschaft senkt – die Konditionen stehen aber noch nicht fest.

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