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XPeng: Wie der chinesische VW-Partner die deutschen Straßen erobern will

Der Strom der chinesischen Autobauer Richtung Europa wird immer mächtiger. Nun bringt XPeng seine Elektroautos nach Deutschland. Wie der Volkswagen-Partner die Fehler der Konkurrenz vermeiden will.

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XPeng: Wie der chinesische VW-Partner die deutschen Straßen erobern will

Eine schnittige Limousine und ein massiges SUV schweben scheinbar auf einem Wasserteppich, ein paar Meter weiter sollen ein giftgrüner Flügeltürer und eine Passagierdrohne beeindrucken. XPeng hat in einen Vorort von Frankfurt am Main geladen; hier ist Attacke angesagt statt Understatement.

„Wir sind bodenständig“, hält Markus Schrick (63) zwar dagegen. Er hat schon Toyota und Hyundai in Deutschland vertreten, war für Audi in China. Schrick kennt sich aus mit asiatischen Autoherstellern. Jetzt soll er XPeng zum Erfolg führen; und die Chinesen treten aggressiver auf als seine bisherigen Auftraggeber aus Japan und Südkorea. Die Autos, die er mitbringt, kommen mit allerhand Highendtechnik. Die Limousine P7 und das SUV G9 versprechen eine Reichweite von bis zu 576 Kilometern und sollen ihre Akkus an Schnellladesäulen binnen 25 Minuten von 20 auf 80 Prozent nachladen können. Das sind, in dieser Kombination, Ausnahmewerte.

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Selbstbewusst gesetzt sind auch die Preise: Der P7 startet bei 49.600 Euro, der G9 bei 57.600 Euro, und für Schrick erleichtert das die Aufgabe nicht. An zu hohen Preisen und überzogenen Erwartungen aus China sind in den vergangenen Monaten schon andere Deutschlandchefs gescheitert. Lars Pauly (BYD; 54) und Ralph Kranz (Nio; 51) hielten nur zwölf respektive 19 Monate durch. Trifft auch Schrick bald der Kulturschock?

Der Vertriebsprofi muss eine doppelte Erwartung balancieren. Da ist die Angst in Europa vor dem anrollenden Autotsunami aus China. Das Institut Transport & Environment hat gerade erst prognostiziert, dass ein Viertel der 2024 in Europa verkauften Elektroautos in China produziert wird – und 11 Prozent auch von chinesischen Herstellern kommen. Bis 2027, so die Erwartung, kämen die chinesischen Angreifer auf 20 Prozent. Die Europäische Union erwägt deshalb eine Erhöhung der Einfuhrzölle.

Wie frei kann Schrick entscheiden?

Auch der Vertriebsdruck aus China ist massiv. „Bisher läuft die Zusammenarbeit mit der Zentrale in Guangzhou richtig gut“, sagt Schrick zwar nach einem halben Jahr bei XPeng. Die Chefs ließen ihm und seinen Kollegen viele Freiheiten.

Doch XPeng ist zum Wachsen verdammt. Rund 142.000 Autos verkaufte der erst 2014 gegründete chinesische Neuling 2023 weltweit, ein Plus von gut 17 Prozent. Aber mit den Verkaufszahlen stieg auch der Verlust: 2023 verbrannte XPeng umgerechnet 1,35 Milliarden Euro, 160 Millionen Euro mehr noch als ein Jahr zuvor. Auch die Aktie schwächelt: Im November 2021 war XPeng rund 52 Milliarden Dollar wert. Geblieben sind davon nur noch gut 9 Milliarden Dollar.

Die Chefs in China wollen die Produktionskapazität zügig auf 600.000 Autos pro Jahr erhöhen. Aber da zu Hause ein brutaler Preiskampf tobt, versucht es CEO He Xiaopeng (46) mit Export. In Europa ist XPeng bereits seit 2021 aktiv. Die Chinesen starteten in Norwegen, gingen im Jahr darauf auch nach Schweden, Dänemark und in die Niederlande. In Norwegen kommt die Marke im laufenden Jahr auf einen Marktanteil von 1,1 Prozent, bewegt sich damit auf einem ähnlichen Niveau wie der Volvo-Ableger Polestar (1,4 Prozent). Die chinesischen Konkurrenten MG (4,8 Prozent) und BYD (2,4 Prozent) sind allerdings deutlich erfolgreicher, und in absoluten Zahlen bleibt XPengs Erfolg in Norwegen überschaubar: 135 verkaufte Autos in den ersten beiden Monaten 2024.

Trotzdem: Jetzt sei man „bereit für das Zentrum Europas“, sagt Wu Meng, der die internationale Produktstrategie des Herstellers verantwortet. Extra eingeflogen aus Guangzhou, hat er nach Hessen eine klare Botschaft mitgebracht: „Unsere Autos sind effizienter und qualitativ besser als andere.“

Auch Markus Schrick hält P7 und G9 für mehr als konkurrenzfähig. Utopische Verkaufsziele würden sich daraus für Deutschland dennoch nicht ableiten, sagt er. Der Markt sei schließlich schwierig, die ohnehin schwache Nachfrage habe unter dem Förderchaos der Politik im Dezember weiter gelitten. Schrick hofft, dass die Lage sich in den nächsten Monaten wieder verbessert: „Im Nachhinein bin ich froh, dass wir den Start nicht vorgezogen haben.“

Gemeinsam mit Vertriebschefin Fengying Wang (53) habe er einen „sehr realistischen Ansatz“ für den Start in Deutschland ausgearbeitet, sagt Schrick: XPeng will, so das offizielle Statement, mittelfristig in jedem Segment, in dem man antritt, drei Prozent Marktanteil erreichen. „Wir müssen den Markt nicht fluten“, senkt Schrick die Erwartungen.

Auch sonst will Schrick die Fehler anderer chinesischer Angreifer vermeiden. Im Vertrieb setzt er zum Start auf zwölf Händler mit 24 Standorten. Bis 2026 soll nicht nur die Modellpalette auf fünf Autos wachsen, sondern auch das Vertriebsnetz: auf dann 60 Partner und 120 Autohäuser. Das wäre deutlich mehr als bei anderen. Den Händlern verspricht Schrick eine „gute zweistellige Marge“. Der Einstieg bei XPeng koste Autohausbetreiber zunächst nicht mehr als 30.000 Euro. Investieren müssten sie dann allerdings schon in die Marke.

Volkswagen als Starthilfe

Die ersten Partner seien fast durchweg Mehrmarkenhändler und hätten dementsprechend Erfahrung darin, neue Fabrikate einzuführen. Erfahrung mit Elektroautos und ein Faible für das Flottengeschäft sind weitere Faktoren, auf die Schrick bei den Händlern Wert legt. Er hat beobachtet, wie sehr etwa Nio der Erfolg bei Firmenkunden fehlt. Schrick plant mit 70 Prozent gewerblichem Anteil am Absatz. „Dass wir dafür die richtigen Angebote brauchen, ist klar. Wir können hier nicht ankommen und 20 Prozent teurer sein als andere.“ Helfen sollen „wettbewerbsfähige“ Leasingraten.

Besonderen Wert legt Schrick auf das Servicegeschäft. Auch da straucheln chinesische Marken bislang. Bei MG, dem derzeitigen Chinaprimus in Europa, klagen Kunden immer wieder über ewige Wartezeiten wegen fehlender Teile. XPeng setzt auch deshalb auf ein eigenes Teilelager in Deutschland. „Das erste Auto verkauft der Verkäufer, die nächsten fünf, sechs oder sieben der Service“, glaubt Schrick.

Und falls das doch nicht reicht, hilft Volkswagen? Der Wolfsburger Konzern beteiligte sich im vergangenen Sommer für 700 Millionen Dollar mit fünf Prozent an XPeng. Die geplanten gemeinsamen Modelle will VW zwar nur in China verkaufen. Abstrahleffekte von der Partnerschaft erwartet Schrick dennoch. „Das hilft uns auf jeden Fall“, sagt er. „Bei Kunden, aber auch bei Händlern. Das Signal ist klar: Wenn Volkswagen daran glaubt, können das nicht die schlechtesten Autos sein.“

Die bei Frankfurt gezeigte Drohne indes dürfte zunächst nicht in den Verkauf gehen. „Bisher ist alles Theorie“, weiß Markus Schrick. Jetzt steht erst einmal die Nagelprobe für die Autos an. „Und die wird richtig herausfordernd.“

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