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Fisker Ocean: Kalifornische Brise gegen Stimmungsebbe

fisker ocean: kalifornische brise gegen stimmungsebbe

Fisker Ocean: Kalifornische Brise gegen Stimmungsebbe

Klopf, klopf am Beifahrerfenster – haben wir was falsch gemacht? Es ist jedoch nur eine Hand zum Gruß, die dann hereinkommt: „Hallo, Kollege!“ Ein Fisker-Besitzer, ein Fiskerati, der die Gelegenheit nutzt: „Hast das Zwei-Nuller schon drauf?“

Die Rede ist vom Software-Update, auf das frühe Fisker-Owner schon sehnlichst warten. Es behebt eine Reihe von Bugs, wie sie zum Beispiel unserem neuen Freund hier das Leben schwergemacht haben: Zu Ausfällen einzelner Funktionen zählte auch ein kompletter Breakdown auf dem Verteilerkreis Favoriten. Keine schöne Erfahrung, aber der Mann blieb gelassen, wie er beteuert, auch weil er sich vom Wiener Fisker-Team gut betreut sah. „Ich beteilige mich nicht am Fisker-Bashing. Wer Fehlerfreiheit erwartet, kauft kein Auto von einem Start-up.“

Warum er das getan hat? Wir hören drei Gründe, zunächst: „Autos kaufe ich mit dem Maßband.“ Für den Transport großformatiger Bilder hätte sich nach eingehender Recherche eben der Fisker Ocean qualifiziert. Wie auch durch sein Preis-Leistungs-Verhältnis und den „sympathischen Umstand“, dass das Auto in Österreich gebaut werde (bei Magna in Graz). Und grundsätzlich darf’s ein E-Auto sein, „weil ich nicht mehr so viel fahre“.

Mächtige Batterie

Dabei ist ausgerechnet die Reichweite des Fisker Ocean eines seiner hervorstechenden Assets. Wir hatten noch kein Elektroauto im Test, das bei solchen Werten rangierte: 630 Kilometer bei 90 Prozent Ladestand (im Februar, wenngleich von milder Natur). Freilich: eine Prognose; wir hatten nicht die Gelegenheit, den Hochvoltspeicher zur Neige zu fahren, was bei längeren Testfahrten nachgeholt wird. Rein rechnerisch (realer Verbrauch durch Batteriekapazität) kommen wir jedenfalls ganz leicht auf über 500 Kilometer, eine belastbare Aussicht, da wir auch Autobahnfahrten absolviert haben. Der Verbrauch ist niedrig, was für gutes Engineering spricht, und die Batterie mit 106,5 kWh Nettokapazität riesig.

Um die dringliche Frage zu beantworten: Ja, unser Exemplar hatte das Software-Update bereits intus, der Rest der Ocean-Community soll es bald bekommen. Over the air. Die Troubles, die es mit dem Auto gegeben hat, sind uns bekannt, haben uns aber nicht betroffen. Umso mehr staunen wir, was das US-Start-up rund um den dänischen Designer/Entrepreneur Henrik Fisker auf die Räder gestellt hat.

Fisker, Ex-BMW und -Aston-Martin, versteht sein primäres Handwerk. Den gefälligen Proportionen des Ocean mischt er optische Leichtigkeit bei, so wirkt das Auto vom gechoppten Heck betrachtet mehr wie ein Shooting Brake denn wie ein SUV. Die originell als Positionslichter ausgeführten Blinker in der D-Säule rufen Assoziationen mit Stretch-Limos hervor.

Mit unter 4,8 Metern Länge gehört der Ocean zu den mittelgroßen SUVs, wobei die stattlichen 2,92 Meter Radstand (der Abstand zwischen den Achsen) in die Oberklasse weisen. Entsprechend großzügige Platzverhältnisse in dem aufgeräumten und hochwertig ausgestatteten Innenraum, 1a Sitze! Wir fuhren die Topvariante Extreme mit 22-Zoll-Rädern, Allradantrieb und erwähnter Hyper-Range-Batterie. Auch an Gadgets ist alles an Bord, was man sich bei Fisker hat einfallen lassen.

Wie den California Mode, bei dem auf einen Knopfdruck hin alle Fenster im Auto aufgehen, und das sind immerhin acht an der Zahl. Neben dem als Solarpaneel ausgeführten Schiebedach sind es die vorderen und hinteren Seitenfenster, plus die zwei kleinen Doggie Windows genannten ganz hinten, plus die Heckscheibe, die sich als rare Ausnahme im Fach ebenfalls versenken lässt. Wer hält mit?

An Bord finden wir die Taco Trays witzig: Auch fahrerseitig lässt sich ein Tablett aus der Mittelkonsole herausklappen, um den Mampf während der Ladepause nicht auf Oberschenkeln und Sitz zu verteilen. Passend der Hollywood Mode, der bei geparktem Fahrzeug den 17,1 Zoll großen zentralen Bildschirm auf Querformat dreht und gängige Streaming-Dienste freigibt, sofern man eingeloggt ist. Mächtigen Klang steuert eine Harman-Anlage bei.

Im Fahrbetrieb fühlt sich der knapp zweieinhalb Tonnen schwere Ocean leichtfüßig an. Die verschwenderische Motorleistung ruft man am besten in den Fahrstufen Fun und Hyper ab, denn im Basismodus Earth ist nur Frontantrieb aktiv, der mit dem hereinbrechenden Drehmoment von 700 Newtonmetern naturgemäß überfordert ist und die Reifen scharren lässt. Das Lenkrad kann man als etwas wuchtig empfinden, das Lenkgefühl ist gut. Auffallend gelungen die Abstimmung von Federung und Dämpfung. Die Karosserieübersichtlichkeit ist wie bei allen SUVs dieses Zuschnitts lausig; notgedrungen blicken Kameras rundum. Wir entdeckten keine Schwächen bei der Verarbeitung. Das Auto performt bei der Reichweite, ist verschwenderisch motorisiert, lässt sich jedoch sparsam bewegen. Der Ocean liefert eine frische Brise, wie sie die E-Mobilität gut gebrauchen kann. Im „Presse“-Interview zeigte sich Henrik Fisker als ideensprühender Car Guy. Was unserem Wiener Fiskerati Sorge bereitet, ist der aktuelle Aktienkurs der Company.

Manche von denen, die Fisker frecherweise nicht um Erlaubnis gefragt hat, ob er in Österreich ein Auto produzieren darf, sähen das Start-up gern scheitern. Wir fänden es schade, denn am Ocean können die ungleich teureren feinen Hersteller Maß nehmen, und es wär noch einiges in der Pipeline.

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