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Toyota erklärt seine Multi-Path-Strategie: Nicht nur Elektroautos

Beim Weg zur vollständigen CO2-Neutralität setzt man auf alle Antriebsarten

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Alle Wege führen nach Rom. So lautet ein gängiges Sprichwort. Aktuell ist das Rom für fast alle Autohersteller die vollständige CO2-Neutralität. Viele Konzerne setzen dabei auf hundertprozentige Elektromobilität. Nicht so Toyota.

Und das, obwohl die Vorzeichen nicht wirklich günstig sind, wie die letzten Nachrichten über Toyota zeigen. Von den insgesamt 11.233.039 Autos, die der Toyota-Konzern im Jahr 2023 verkaufte, haben aber nur wenige auf den Verbrennungsmotor verzichtet. Die Auslieferungen von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) beliefen sich auf 104.018 Einheiten.

Elektroautos nicht als alleinige Lösung

In Wirklichkeit machten Elektroautos nämlich nur 0,926 Prozent der Gesamtauslieferungen in einem rekordverdächtigen Jahr für Toyota und Co. aus. Zwar sind einige Elektroautos für die “Beyond Zero”-Reihe (bZ) in Planung, aber das Unternehmen geht davon aus, dass batteriebetriebene Fahrzeuge immer eine Minderheit bleiben werden. Selbst wenn Toyota seine Elektroauto-Palette diversifiziert haben wird, werden batteriebetriebene Modelle schätzungsweise nur 30 Prozent der Verkäufe ausmachen. In einem Interview für die Zeitschrift Toyota Times sagte der Vorstandsvorsitzende Akio Toyoda:

“Egal wie groß die Fortschritte bei den BEVs sind, ich denke, sie werden einen Marktanteil von 30 Prozent haben. Die verbleibenden 70 Prozent sind dann HEVs, FCEVs oder Wasserstoffmotoren. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor überleben werden.”

Purer Starrsinn oder Rückwärtsgewandtheit vom Boss der Bosse? Durchaus nicht. Das hat mit den eingangs erwähnten 11,2 Millionen Autos zu tun. Toyota verkauft seine Fahrzeuge nämlich in praktisch allen Ländern der Welt. Deren Bedürfnisse lassen sich nicht unter einen Hut bringen. Große Autos in den USA, kleine in Japan, Pick-ups mit simpler Technik in Schwellenländern. Anders formuliert: In Busch, Dschungel und Wüste hat sich was mit Elektromobilität.

Und so sagt Akio klipp und klar: “Viele Autohersteller streben eine Umstellung auf batteriebetriebene E-Fahrzeuge bis etwa 2030-40 an. Die Realität ist jedoch, dass wir 2050 keine Null-Emissionen erreichen können, indem wir einfach alle Neuwagenverkäufe auf E-Fahrzeuge umstellen.”

Mehrgleisiger Ansatz

Toyota verfolgt daher auf globaler Ebene einen mehrgleisigen Ansatz zur Klimaneutralität. Dazu gehört, unterschiedliche Antriebe anzubieten, die auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse, Marktbedingungen und lokale Infrastruktur in den verschiedenen Regionen der Welt zugeschnitten sind. Das Portfolio umfasst elektrische Hybrid-, Plug-in-Hybrid-, Batterie- und Brennstoffzellensysteme, Wasserstoff-Verbrennungsmotoren und E-Fuels.

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Toyota Multi-Path-Strategie

Die Entwicklung aller neuen Produkte folgt dem Unternehmensziel, “Mobilität für alle” zu bieten sowie in Europa bis 2040 und weltweit bis 2050 vollständige CO2-Neutralität zu erreichen. “Für uns bedeutet Mobilität in erster Linie Freiheit”, so Simon Humphries, Chief Branding Officer und Head of Design bei der Toyota Motor Corporation. “Mit der Freiheit kommen die Möglichkeiten. Wir bei Toyota glauben, dass jeder Zugang zu den Möglichkeiten haben sollte, die die Mobilität bietet, egal wo auf der Welt, egal in welcher Situation, und ohne jemanden zurückzulassen.”

Der Multi-Technologie-Ansatz von Toyota respektive “Multi-Path” (alle Wege nach Rom …) passt zu dieser Unternehmensvision und soll dabei helfen, emissionsarme und emissionsfreie Mobilitätslösungen für die regionalen Bedürfnisse der Kunden zu entwickeln, sodass auf dem Weg zur CO2-Neutralität niemand zurückgelassen wird.

Mehr neue Elektromodelle für Europa

Ende 2023 hatte Toyota mehrere Konzeptfahrzeuge vorgestellt, die die nächste Generation batterieelektrischer Modelle einläuten soll. Technologien wie das Gigacasting-Verfahren oder das neue Fahrzeug-Betriebssystem Arene sollen neue Freiheiten im Design sowie insgesamt ein besseres Nutzererlebnis ermöglichen.

Bildergalerie: Toyota Kenshiki Forum 2023: Alle Neuheiten

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Zu den vorgestellten batterieelektrischen Modellen von Toyota und Lexus zählten der Lexus LF-ZC, der Toyota FT-Se, der FT-3e, der Toyota Sport Crossover Concept und der Toyota Urban SUV Concept (unser Titelbild).

Im vergangenen Jahr gab Toyota Motor Europe (TME) zudem bekannt, bis 2040 in Europa vollständig klimaneutral zu werden. Im ersten und zweiten Schritt betrifft dies die europäischen Betriebe und Produktionsstätten, die bis 2030 CO2-neutral betrieben werden sollen. Für 2035 strebt Toyota eine vollständige CO2-Reduktion bei Neufahrzeugen und bis 2040 eine vollständige CO2-Neutralität der gesamten Wertschöpfungskette und Logistik an.

“Wir setzen weiterhin auf vielfältige Technologien zur Senkung des CO2-Ausstoßes und werden gleichzeitig die Zahl der emissionsfreien Fahrzeuge, die wir unseren Kunden anbieten, stetig erhöhen”, erklärte Yoshihiro Nakata, Präsident und CEO von Toyota Motor Europe. Höchste Zeit wird es, denn aktuell hat man mit dem bZ4X nur ein einziges reines E-Auto im Programm. Der wasserstoffbetriebene Mirai ist ein absolutes Nischenprodukt.

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Bis 2026 baut Toyota sein Angebot an emissionsfreien Fahrzeugen auf rund 15 Modelle aus, darunter sowohl Pkw als auch leichte Nutzfahrzeuge. Auch der Anteil an batterieelektrischen Fahrzeugen soll bis 2026 bei über 20 Prozent liegen, was mehr als 250.000 verkauften Einheiten entspricht.

Feststoffbatterien ab 2027/28

Das Unternehmen arbeitet zudem an einer Reihe neuer Batterien. Bei der ersten handelt es sich um eine Performance-Batterie mit konventioneller Struktur, die eine fast doppelt so große Reichweite wie der Akku aus dem aktuellen bZ4X bieten soll – bei einer gleichzeitigen Kostenreduzierung von 20 Prozent.

Danach folgt eine Batterie, die eine gute Qualität mit günstigen Preisen verbindet und zur Verbreitung von Elektrofahrzeugen beitragen wird. Sie besitzt eine neue Form und eine bipolare Struktur und nutzt als Hauptmaterial günstigeres Lithium-Eisen-Phosphat (LFP). Gegenüber dem bZ4X strebt Toyota hier ein Reichweitenplus von 20 Prozent und eine Kostensenkung um 40 Prozent an.

Bei dem dritten Batterietyp, der eingeführt werden soll, handelt es sich um eine Hochleistungsbatterie mit bipolaren Technologien und einer Kathode mit hohem Nickelanteil. Toyota erwartet hier gegenüber der Performance-Batterie noch niedrigere Kosten und eine noch größere Reichweite.

Was die Aussichten der ersten Feststoffbatterien von Toyota betrifft, sagte Andrea Carlucci, Vice President von Toyota Motor Europe: “Bei der Haltbarkeit von Feststoffbatterien – einer langjährigen Herausforderung – haben wir einen technologischen Durchbruch erzielt. Derzeit entwickeln wir ein Verfahren für die Serienproduktion und streben die Markteinführung bis 2027-2028 an, bei einer Produktionskapazität von mehreren zehntausend Fahrzeugen.”

Von Anfang an ist eine Ladezeit von 10 bis 80 Prozent von nur zehn Minuten geplant.

Wohin fährt Wasserstoff?

Auch Wasserstoff und dessen wachsende Infrastruktur leisten einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der geplanten Ziele von Toyota. Im Pkw-Segment bietet das Unternehmen schon die Brennstoffzellen-Limousine Mirai an und hat kürzlich den Crown mit Brennstoffzelle vorgestellt. Aber: “Wir haben es mit dem Mirai probiert, waren aber nicht erfolgreich”, gab nun Toyota-Cheftechniker Hiroki Nakajima gegenüber Autocar zu Protokoll. Künftig will der Konzern den Fokus beim Wasserstoff eher auf Nutzfahrzeuge legen.

Bildergalerie: Toyota Hilux Prototyp mit Brennstoffzellenantrieb

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Im kommerziellen Sektor integriert Toyota seine Brennstoffzellentechnologie auch in schwere Lkw, Busse, Boote und Pick-ups, wie den Prototyp des Toyota Hilux mit Brennstoffzellenantrieb. (Ihn konnten wir jetzt fahren, dazu demnächst mehr.)

Aufbauend auf seiner umfassenden Erfahrung entwickelt Toyota bereits die nächste Generation wasserstoffbasierter Brennstoffzellensysteme, die voraussichtlich 2026 auf den Markt kommt.

E-Autos mit manuellem Getriebe

Zum Glück ist Akio Toyoda ein echter “Car Guy” und sagte im Januar 2023: “Es gibt einen kohlenstoffneutralen Weg für uns als Autoliebhaber! Wir wollen keine Autoliebhaber zurücklassen!” Dazu passt eine im ersten Moment ziemlich irre Idee:

Toyota bringt voraussichtlich ab 2026 ein simuliertes Schaltgetriebe als Option in seine Elektrofahrzeuge. Der japanische Autohersteller will seine Elektroautos nicht nur mit sechs oder sieben Gängen ausstatten, wie die meisten Schaltgetriebe heutzutage.

Bildergalerie: Lexus UX 300e mit Handschaltung

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In einer Patentanmeldung von Toyota zum EV-Schaltgetriebe wird behauptet, dass es technisch keine Begrenzung für die Anzahl der “Gänge” gibt, die ein solches Gerät haben kann. Bilder, die zusammen mit dem technischen Dokument veröffentlicht wurden, zeigen bis zu 14 Gänge. Wie funktioniert das eigentlich? Auch das erklärt der Autohersteller.

Das Patent geht sehr ausführlich auf die Funktionsweise eines solchen Systems ein. Kurz gesagt, der Fahrer kann genau die Anzahl der Gänge auswählen, die er möchte. “Die Anzahl der virtuellen Getriebestufen kann sechs Stufen oder mehr oder weniger als sechs Stufen betragen”, heißt es in dem Dokument. “Der Fahrer kann das gewünschte Muster entsprechend seinen Vorlieben auswählen.”

In Wirklichkeit handelt es sich natürlich nicht um eine richtige Schaltung, sondern um eine Software-Simulation. Allerdings wird ein zusätzliches Pedal (dessen Widerstand vermutlich von einem Elektromotor erzeugt wird), ein “Drehzahlmesser” und ein Schalthebel eingebaut. Ein Gang wird wie bei einem normalen Schaltgetriebe eingelegt, allerdings kann der Hebel nach der Betätigung in die Neutralstellung zurückkehren.

Kiichiro Toyoda, Begründer des Fahrzeugbaus bei Toyota und Opa von Akio glaubte einst fest an den Wert der Forschung an sich, auch wenn sich dieser selten unmittelbar in Produktionsverbesserungen oder neuen Produkten niederschlug. Für die Zukunft möchte man ergänzen: Flexibilität schön und gut. Aber man darf sich nicht im Irrgarten verlaufen.

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