Zellen haben NMC-Chemie mit 90% Nickel und erhöhtem Siliciumanteil in der Anode
Bei der Neuen Klasse wechselt BMW bekanntlich von prismatischen Batteriezellen zu zylindrischen im Format 4695 und 46120. Warum man das Batteriegehäuse wechselte, hat BMW jedoch unseres Wissens bisher nicht verraten. Nun erklärte es ein BMW-Batterieexperte.
Zylindrische Batteriezellen
Laut Peter Lamp wurden die zylindrischen Zellen wegen der Sicherheit gewählt. Mit der Neuen Klasse habe man die Freiheit gehabt, die Zellen direkt ins Auto zu integrieren. Zugleich wäre die Energiedichte gestiegen, was die Gefahr des thermischen Durchgehens erhöht.
Die Sicherheitsanforderung von BMW wäre jedoch “Propagation Stop” gewesen, das heißt: Auch wenn eine Zelle thermisch durchgeht, darf sie die anderen nicht anstecken, es darf zu keiner Kettenreaktion kommen. Unter dieser Voraussetzung habe man mit den Rundzellen mehr Energiedichte realisieren können als mit anderen Gehäusetypen. Prismatische Gehäuse, wie sie zum Beispiel VW für seine Einheitszelle nutzen will, wären genauso einsetzbar, man müsste da aber andere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.
Batteriechemie
Man entwickele jedoch seit 2012 schon siliciumreiche Anoden, dabei liege der Silicium-Anteil bei rund 70 Prozent. Diese Technik werde aber wohl nicht in den nächsten drei oder vier Jahren marktreif sein. Hauptproblem sei die Volumenausdehnung um ein Drittel, während das Volumen bei Graphit nur um 10 Prozent wächst bzw. schrumpft.
Aktuelle Zellen hätten dagegen nur Anteile im einstelligen Prozentbereich. Wenn wir die Andeutungen von Lamp richtig verstanden haben, soll die Neue Klasse irgendwo zwischen den 70 Prozent und den aktuellen Anteilen im einstelligen Prozentanteilen liegen.
Festkörperbatterie
Was Festkörperbatterien angeht, so arbeitet BMW mit Solid Power zusammen und setzt auf sulfidische Festelektrolyte. Ein Demonstrator wurde eigentlich für “deutlich vor 2025” angekündigt; zum aktuellen Terminplan wollte Lamp nichts sagen. Das Problem liegt hier offenbar in dem Verpressdruck, der aufzuwenden ist, um einen guten Kontakt der festen Grenzflächen zu erzeugen – insbesondere bei größeren Zellen mit 100 Amperestunden in Großserie.
Eine höhere Energiedichte ist aber durch den festen Elektrolyten nicht zu erwarten. Man könne 15 bis 20 Prozent gewinnen, aber nur, wenn man eine Lithium-Metall-Anode nutzt oder wenn man wegen der inhärenten Sicherheit der Festkörpertechnologie auf auf Sicherheitsmaßnahmen verzichten kann.
Die Reichweite von BMW-Elektroautos soll von derzeit 500 bis 600 km in der nächsten Generation auf 800 bis 900 km steigen, was etwa den angekündigten 30 Prozent mehr Reichweite entspricht. Das bezieht sich auf die Neue Klasse, die statt des aktuellen “Gen5”-Antriebsstrang die Gen6-Technik erhält. Bei der Reichweite werde man aber nicht an einem Wettrennen teilnehmen, denn auch Gewicht und Kosten spielen eine Rolle.
Unter dem Strich
BMW hat sich bereits sehr offen über die Zellen der Neuen Klasse geäußert, aber ein paar Fragen sind dabei noch offen geblieben, vor allem die Frage nach dem Grund für den Wechsel der Gehäuseform von prismatisch auf zylindrisch. Dafür waren Sicherheitsgründe ausschlaggebend, erklärte nun Batterieexperte Peter Lamp. Interessant war für uns auch, dass BMW den Siliciumanteil an der Anode steigern will.
Quelle: “Geladen”-Batteriepodcast