Störsignale machen ein neues Bremssystem zum Debakel für BMW. Der Hersteller ruft 1,5 Millionen Autos zurück oder liefert sie nicht aus. Die Technik bleibe aber sicher, man müsse mitunter nur anders bremsen als gewohnt.
Aufgrund von Problemen mit einem Bremssystem ruft der Münchner Automobilhersteller BMW weltweit Fahrzeuge zurück oder stoppt deren Auslieferung. Betroffen sind insgesamt über 1,5 Millionen Wagen, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. In der Folge passte BMW seine Gewinnprognose für das laufende Jahr an: Das Ergebnis vor Steuern werde in diesem Jahr »deutlich« zurückgehen. Als weiteren Grund nannte der Konzern die schwache Nachfrage nach seinen Fahrzeugen in China.
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Beim elektronischen Teil könne es jedoch »in sehr seltenen Fällen« zu Signalstörungen kommen, hätten laut BMW interne Qualitätsprüfungen ergeben. Die Bremsleistung bleibe in jedem Fall so stark wie gesetzlich gefordert. Die Störung könne allerdings dazu führen, dass man das Bremspedal stärker treten müsse als gewohnt. Außerdem könnten die Notfallsysteme ABS (Antiblockiersystem) und DSC (dynamische Stabilitätskontrolle) ausfallen. Die Fahrer würden über Bremswarnlampen und eine Meldung auf dem zentralen Bildschirm informiert und aufgefordert, vorsichtig zu fahren sowie eine Vertragswerkstatt aufzusuchen.
Bislang seien keine Unfälle bekannt, die sich auf den Fehler zurückführen ließen, erklärte ein BMW-Sprecher dem SPIEGEL. Weil es um sicherheitsrelevante Funktionen gehe, habe man sich bereits im Februar freiwillig zu einem Rückruf entschieden. Damals war die Rede von weniger als 400.000 Fahrzeugen weltweit, die für den Fehler anfällig sein könnten. Inzwischen jedoch stellte sich heraus, dass die Störung auch »außerhalb der damaligen Eingrenzung« auftreten könne. Ein großer Teil der neu hinzugekommenen Autos wurde in China verkauft.
Produktionsprobleme in Ungarn?
Bei den betroffenen Autos kann eine aus der Ferne aufgespielte Diagnosesoftware den Fehler entdecken, der dann in einer Werkstatt behoben werden muss. Manche dieser Fahrzeuge wurden bereits mit dieser Software ausgeliefert. In einigen Ländern dürfe man die Fahrzeuge jedoch nur ausliefern, wenn das Bremsmodul getauscht wurde, so BMW. Dabei gehe es darum zu verhindern, dass elektronische Kontakte ein Störsignal ins System senden.
Das manager magazin berichtete im März, das Problem werde auf verschmutzte Platinen aus der Produktion von Continental in Ungarn zurückgeführt. Insider werteten dies als »Fehler, der nicht passieren dürfte«. Zugleich sei jedoch laut Continental nur ein kleiner Prozentsatz der Bremssysteme betroffen. Zwischen beiden Firmen herrsche »Riesenzoff um die Wunderbremse«, schrieb das Magazin.
Unklar ist, ob und wie viel des Schadens sich BMW von dem Zulieferer ersetzen lassen kann. »Wir haben Rückstellungen im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich gebildet und gehen davon aus, dass dies für den Garantiefall ausreichen wird«, erklärte ein Conti-Sprecher. »Auf Basis der bereits getauschten Systeme sowie unserem aktuellen Erkenntnisstand gehen wir derzeit weiterhin davon aus, dass nur ein geringer Anteil der ausgelieferten Bremssysteme tatsächlich getauscht werden muss.«