Bei der Herstellung von E-Autos setzt Porsche künftig auf eine Zusammenarbeit mit Apple, die über Software hinausgehen kann.
Die Magie kommt noch
Apple Magie gibt es, sie ist allerdings nicht beliebig wiederholbar. Was man bei der Vision Pro zu ignorieren scheint, hat man beim Project Titan rechtzeitig erkannt. 2014 gestartet, zielte das Projekt, das von Mitarbeitern intern schon scherzhaft als “Titanic-Desaster” bezeichnet wurde, darauf ab, Apple mit einem bahnbrechenden und selbstfahrenden E-Auto in die Automobilindustrie zu führen.
Trotz wiederholter strategischer Neuausrichtungen und der Rekrutierung von Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen gelang es jedoch nicht, ein überzeugendes Konzept zu entwickeln. Die Überlegungen reichten zwischenzeitlich sogar so weit, Tesla zu kaufen und das Projekt damit zu stärken – letztlich entschied sich Apple aber dazu, das Projekt einzustellen und stattdessen die Ressourcen anderen aussichtsreicheren Bereichen zuzuwenden.
Enges Zusammenrücken
Tatsächlich strebt Porsche eine noch engere Zusammenarbeit mit Apple an, um seinen Kunden eine nahtlose Anbindung ihrer gewohnten digitalen Umgebung wie iPhones und iPads zu ermöglichen. Das macht Porsche zunächst zu einem besonders wichtigen Kunden für Apples neue Autosoftware Carplay Plus, die eine tiefere Verzahnung von Apple-Geräten mit der Fahrzeugsoftware ermöglichen soll und damit das Nutzererlebnis deutlich zu verbessern verspricht.
Im Zuge dieser Kooperation sollen sich aber auch neue Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit eröffnet haben, die über reine Softwarelösungen hinausgehen. Wie das Manager Magazin berichtet (kostenpflichtiger Link), soll Porsche auch Interesse an verschiedenen Entwicklungen von Apple haben, darunter an Batteriesystemen, die ursprünglich für das Apple Car gedacht waren.
Helfer in der (Software-)Not
Die Expertise, die sich Apple über den Zeitraum von Titan erarbeitet hat, war nicht nur nicht umsonst, sie kann Porsche in einem Kampf sehr gelegen kommen, der sich für europäische Autohersteller zunehmend zu einem Krampf entwickelt: die Entwicklung moderner Software für Fahrzeuge. Auch bei Porsche steht man vor der Situation, auf strategische Partnerschaften außerhalb des Konzerns angewiesen zu sein, weil instabile, unausgereifte Software die Markteinführung von Elektromodellen (mit)verzögert hat.
Ein zentraler Grund für die Schwierigkeiten in der Europäischen Union ist die Überregulierung, die oft zu langwierigen Genehmigungsprozessen führt. Diese bürokratischen Hürden begrenzen die Flexibilität und Schnelligkeit, die für innovative Softwareentwicklung erforderlich sind. Hinzu kommt der Mangel an ausreichenden Investitionen, insbesondere in Form von Risikokapital. In Europa neigen Investoren oft dazu, vorsichtiger zu sein, was die Finanzierung von neuen Technologien und Geschäftsmodellen angeht. Diese Zurückhaltung beeinträchtigt auch die Fähigkeit europäischer Unternehmen, in die Forschung und Entwicklung fortschrittlicher Softwarelösungen zu investieren.
Zudem sind europäische Autohersteller oft noch in traditionelle Strukturen eingebettet und von externen Zulieferern abhängig, was zu Reibungsverlusten und Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Technologien führen kann. Nicht zuletzt fehlt es in Europa auch an einer aggressiven politischen Unterstützung und einer klaren Strategie zur Förderung der digitalen Transformation in der Automobilindustrie.
Die Politik in Europa neigt dazu, konservativer zu sein, und oft dominieren Bedenken bezüglich Datenschutz und Sicherheit, was zusätzliche Hürden für die Einführung neuer Technologien schafft. Dass eine Partnerschaft zwischen Porsche und Apple viel daran ändert, ist natürlich stark zu bezweifeln, als Schritt in die richtige Richtung kann es dennoch bewertet werden. (bbr, 22.7.2024)