Fisker

Fisker meldet Insolvenz an

Vorbei! Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Nissan meldete Fisker am späten Montagabend, am 17.6.2024 in den USA Insolvenz nach Chapter 11 an.

fisker meldet insolvenz an

(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Fisker hat Insolvenz angemeldet, wie das zuständige Gericht im US-Bundesstaat Delaware mitteilte. Henrik Fisker kämpfte bis zuletzt, mittlerweile stehen Vermögenswerten von etwa 500 Millionen bis zu einer Milliarde Dollar Verbindlichkeiten zwischen 100 Mio. Dollar und 500 Mio. Dollar gegenüber. Angebahnt hatte sich das Drama schon länger: Henrik Fisker warnte bereits Ende Februar 2024, dass ohne frisches Geld die Existenz der Firma gefährdet sei. Anschließend gab es Gespräche mit Nissan, wie Reuters von Insidern erfahren haben soll, doch auch die blieben ohne Ergebnis.

Ein weiterer Insider erklärte uns, dass Fisker selbst diesmal keine Schuld am Scheitern habe: Die Finanzen leitete familienintern seine Gattin und alle Prozesse, die Geld kosten, wie Entwicklung und Fertigung lagerte er soweit wie möglich aus. In einem Interview im Sommer 2023 erklärte er uns:

„Fisker selbst beschäftigt nur gut 1.000 Mitarbeiter, das ist für ein Unternehmen, das zehntausende Autos im Jahr fertigt, nichts. Und es hält uns schlank und flexibel.“

Da hatte Henrik Fisker noch große Pläne: Zum Ocean sollte der Kompaktwagen „Pear“ und der Pickup Alaska, bis 2027 wollte er eine Million Autos im jahr bauen. Das SUV-Modell Ocean kam jedoch unter anderem wegen Problemen mit Zulieferern (auch hier wissen wir von einem Insider: Ein Unternehmen, das Türinnenverkleidungen herstellt, ging in Insolvenz) später als geplant auf den Markt (denn ohne Türverkleidung kann man tatsächlich kein Auto ausliefern). Dazu gab es anfangs zu viele Softwarefehler und einige technische Probleme. Die Produktion lief dann trotzdem halbwegs plangemäß in Graz bei Magna Steyr an. Insgesamt sollen rund 11.000 Fisker Ocean produziert worden sein, doch schon zum Jahresbeginn 2024 stoppte Magna die Auftragsfertigung und Fisker verkaufte nur noch Lagerwagen. Noch immer stehen in München hinter der Motorworld etliche Modelle auf Halde, auch in Wien sahen wir einen vollen Hof.

Offiziell wurden 2023 insgesamt 10.142 Ocean produziert

2023 sollen offiziell 10.142 Ocean produziert worden sein, allerdings wurden nur 4929 davon an Kunden ausgeliefert. Fisker selbst erklärte den ursprünglich geplanten Direktvertrieb nach Tesla-Vorbild in den USA und Europa für weitgehend gescheitert und versuchte seit Januar 2024, Händler zu gewinnen, um in der Fläche präsenter zu sein. Mehrmals korrigierte er seine Absatzziele nach unten: 2024 plante er am Ende noch mit 20.000 bis 22.000 Autos, doch Mitte März wurde die Produktion gestoppt, um Geld zu sparen. Magna hat soll die Fisker-Einrichtungen mittlerweile abgeschrieben haben.

Damit folgt Fisker den US-Start-Ups Proterra, Lordstown oder Electric Last Mile Solutions. Auch Rivian und Lucid schreiben tiefrote Zahlen, haben aber (noch) Investoren im Hintergrund, die immer wieder frisches Geld nachschießen. Persönlich bitter für Henrik Fisker: Für ihn ist es die zweite Insolvenz einer von ihm gegründeten Auto-Firma nach 2013. Obwohl er diesmal alles anders machte wie einst und mit einem stückzahlenträchtigen Mittelklasse-SUV samt möglichst schlanker Mannschaft antrat, hat er das Spiel trotzdem wieder verloren.

Autos zu bauen, kostet extremst viel Geld. Wer hier keine Investoren hat, die ganz lang mitgehen, steht bald vor der Pleite. Ein Grund ist aber auch, dass die Geldgeber und Verwaltungsräte nicht selten direkt oder indirekt auch aus Autoindustrie stammen. Die selbst schon jeden Cent zigmal umdrehen muss. Und nicht noch mehr neue und vielleicht manchmal auch pfiffigere oder cleverere Konkurrenten gebrauchen kann. Das bekamen auch deutsche Start-Ups schon zu spüren.

TOP STORIES

Top List in the World