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Karma Revero: Alles, bloß kein Fisker

Unter chinesischer Leitung und mit einem niederländischen Partner versucht Karma einen Neustart. Der Plug-in Hybrid wurde dazu überarbeitet.

Schon vor seiner Markteinführung in Europa hat der Karma Revero eine dramatische Geschichte hinter sich: Konkurse, Erfindungen, verschobene Markteinführungen – von allem gibt es etwas. Der kalifornische Plug-in Hybrid Revero ist das erste einer Handvoll Modelle, die Karma noch vor Ende des Jahrzehnts auf den Markt bringen will. In Nord- und Südamerika, im Nahen Osten sowie auf ausgewählten Märkten in Europa.

Eines vorweg: Karma hat längst nichts mehr mit Henrik Fisker zu tun, der der Marke zwischenzeitlich seinen Namen gab. Der ehemalige BMW-Designer zog weiter und gründete sein eigenes Unternehmen, das es mit dem elektrischen Ocean ebenfalls nicht schaffte. Jetzt versucht Karma mit dem Revero den Markenneustart – ohne Fisker, aber mit ambitionierten Zielen.

karma revero: alles, bloß kein fisker

Stromern mit Sidepipes Die Batterie im Unterboden erlaubte es nicht, das Auspuffrohr bis ins Heck zu führen – es endet hinter dem Vorderrad.

Der 5,06 Meter lange Revero ist ein viertüriges Sportcoupé mit einer nicht enden wollenden Motorhaube, niedrigem Dach, muskulösem Karosserieprofil und einem kleinen Innenraum. Bald wird er auch in Europa erhältlich sein und dabei über das Vertriebsnetz der chinesischen Wanxiang-Gruppe vertrieben. Die Chinesen haben den kalifornischen Autobauer vor zehn Jahren bei einer Konkursauktion erworben und die regionale Verwaltung an Kroymans im niederländischen Hilversum gegeben: Das Unternehmen hat mit dem Vertrieb von Fahrzeugen der Marken Aston Martin, Ferrari, Jaguar und Land Rover eine große Expertise beim Verkauf von Luxus- und Premium-Autos – und war zwischen 2009 und 2014 auch schon einmal Vertriebspartner von Fisker .

Großer Auftritt, kleines Platzangebot

Der 2020er Revero Gen 2 wurde im vergangenen Jahr abgelöst, als sich das Auto immer weiter vom 2011er Modell entfernte. Von der Ursprungsversion, vor inzwischen zwei Jahrzehnten von Henrik Fisker gezeichnet, blieben kaum mehr als die Außenlinien und die Formgebung des Armaturenbretts erhalten. Die Karosserie, bestehend aus einem Aluminium-Spaceframe und Karosserieteilen aus Verbundwerkstoffen, bekam einen neuen Kühlergrill und eine elegantere Heckpartie, wobei die Linien erhalten blieben. Erst mit der Markteinführung der neuen Elektroautos, der Limousine Gyesera und dem Sportwagen Kaveya (geplant für 2025 und 2026), wird eine neue Designsprache eingeführt, die das Werk der neuen Chefdesignerin Michelle Christensen sind.

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Strafbank Trotz seiner Länge von über fünf Metern bietet der Karma Revero den Fondpassagieren sowie dem Gepäck nur wenig Platz. Im Fond ist die Kopf- und Kniefreiheit für Menschen mit über 1,75 Metern Länge arg eingeschränkt.

Die 5,06 Meter lange, sinnlich gezeichnete Karosserie des Revero ist ein echter Hingucker, wobei auch der Innenraum viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, da er im Verhältnis zur Gesamtlänge des Fahrzeugs unglaublich klein ist. Wer größer als 1,75 Meter ist, sollte unbedingt in der ersten Reihe Platz nehmen, sonst ruiniert das niedrige Dach die Frisur. Noch enger fällt mit einem Volumen von 181 Litern der Laderaum aus. Der neue Revero verzichtet auf das Solardach, das beim Vorgänger Sonnenstrahlen in elektrische Energie umwandeln konnte. Der Grund ist die schlechte Energieineffizienz: Ein ganzer Tag unter kalifornischer Sonne produzierte nur zwei mickrige Kilowattstunden Strom.

Dreizylinder-Turbo als „Range Extender“

Stephan Stoker von Karma Europe: „Wir haben das Gewicht von 2.490 auf 2.287 Kilogramm gesenkt, und das war zusammen mit dem neuen Antriebseinheit wichtig, um die Reichweite der neuen Generation des Elektroautos zu erhöhen.“ Möglich wurde dies nicht zuletzt durch die Erhöhung des Energiegehalts der Lithium-Ionen-Batterie von 21 auf 28 kWh dank einer verbesserten Energiedichte. Die Revero-Diät hatte bereits 2020 begonnen, als der ursprünglich von General Motors stammende 2,0-Liter-Vierzylindermotor durch den Dreizylinder-Turbo aus dem BMW i8 ersetzt wurde.

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Range Extender Der Dreizylinder-Turbo unter der Motorhaube braucht wenig Platz, läuft aber nicht besonders geschmeidig.

Der Revero wird von Karma als „Extended Range Electric Vehicle“ geführt. Der 170 kW oder 231 PS starke Dreizylinder-Turbo unter der Motorhaube ist hier mit zwei, zusammen 200 kW starken Elektromotoren an der Hinterachse verkoppelt – in Summe steht eine Antriebsleistung von knapp 400 kW oder 543 PS zur Verfügung. Sie entspricht damit beinahe exakt der eines Porsche Panamera 4S e-Hybrid.

580 Kilometer Reichweite

Gefüttert werden die E-Maschinen hauptsächlich mit Energie aus dem Akku. Im Sport-Modus oder bei sehr niedrigem Ladestand wird der Benzinmotor zur Energieversorgung herangezogen – die Reichweite von 128 Kilometern im Elektromodus steigt darüber um weitere 450 Kilometer auf insgesamt rund 580 Kilometer im kombinierten Betrieb. Soll der Akku extern aufgeladen werden, braucht der Fahrer viel Zeit: Die maximale Ladeleistung an einer mit Wechselstrom betriebenen Wallbox beträgt 6,6 kW, an einer mit Gleichstrom betriebenen Ladestation fließt der Strom mit maximal 45 KW in den Akku.

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Das kann dauern Die Ladeleistung des Karma Revero ist bescheiden. Der 28 kWh große Akku nimmt Wechselstrom mit maximal 6,6 Kilowatt, Gleichstrom nur mit 45 kW auf. Da sind selbst die Teilzeitstromer der Chinesen inzwischen flotter. Fotos: Kroymans

Und wie fährt sich der neue Revero? Im Elektromodus naturgemäß sehr leise – und bis zur elektrischen Höchstgeschwindigkeit von 153 km/h auch sehr flott. Im Sportmodus mit Verbrenner-Unterstützung erreicht der Karma Revero Tempo 100 in 4,6 Sekunden und eine Spitzengeschwindigkeit von immerhin 201 km/h. Dabei wird es allerdings sehr laut. Schon sogenannten Sustain-Modus (bei dem der Benziner zum Generator wird und den Ladestand des Akkus hält), ist der rumpelige Dreizylinder-Benziner deutlich zu vernehmen. Wer das Triebwerk rannimmt und ordentlich Gas gibt, macht es noch schlimmer.

Auspuffrohre enden hinterm Vorderrad

Weil es um die Geräuschdämmung des Revero nicht zum Besten bestellt ist. Und auch, weil die Auspuffrohre hinter den Vorderrädern platziert und so nahe am Ohr des Fahrers dröhnen. Die Karma-Ingenieure erklären die seltsame Konstruktion damit, dass der niedrige Schwerpunkt des Wagens Priorität hatte und die Batterie im Mitteltunnel untergebracht werden musste. Für ein Abgasrohr zum Heck sei da kein Platz mehr geblieben.

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Fisker lässt grüßen Im Innenraum des Karma Revero hat sich nicht viel geändert. Fahrer des Vorgängermodells finden sich sofort zurecht.

Immerhin ist das Fahrwerk ganz ordentlich abgestimmt. Die Einzelradaufhängung vorne wie hinten sorgen für eine wirksame Kontrolle aller Wankbewegungen und bieten gleichzeitig ein gutes Komfortniveau, wenngleich die 22 Zoll großen Räder viele Fahrbahnunebenheiten in den Fahrgastraum weitergeben. Weil jeder Elektromotor individuell ein Hinterrad ansteuert, ist die Traktion auch in engen Kurven hervorragend – auf ein Sperrdifferential konnte so verzichtet werden. Die Lenkung ist direkt – ohne dass ein Wechsel der Fahrmodi das Ansprechverhalten verändert. Zudem ist der Revero nicht mit elektronisch adaptierbaren Stoßdämpfern ausgestattet, was jeden Fahrer davon abhalten dürfte, andere Fahrmodi als das Elektro-Fahrprogramm zu nutzen.

Teurer als ein Porsche Panamera 4S e-Hybrid

Und was kostet der Spaß? Karma verspricht für den neuen Revero einen Einstiegspreis von unter 150.000 Euro. Das wäre noch um einiges mehr als Porsche für seinen Panamera als Plug-in Hybrid aufruft (138.200 Euro). Allzu große Stückzahlen von dem Teilzeitstromer aus Kalifornien dürften wir deshalb wohl nicht auf unseren Straßen sehen. Die ersten Fahrzeuge sollen zum Jahresende nach Europa kommen.

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