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Teslas Cybertruck: Kritisiert, verlacht und doch ziemlich erfolgreich

teslas cybertruck: kritisiert, verlacht und doch ziemlich erfolgreich

Trotz des eigenwilligen Designs ist die Nachfrage nach dem Cybertruck weiterhin höher als das Angebot.

Fährt man in Kalifornien auf der Autobahn, sieht man ihn gelegentlich vorbeisausen – oder, besser gesagt, neben einem im Stau stehen: den Cybertruck von Tesla. Das Monstrum, das im Fachjargon in die Kategorie SUV fällt, erinnert optisch tatsächlich viel mehr an einen Panzer als an ein kommerzielles E-Auto. Das ungewöhnliche Design scheint jedoch trotz zahlreicher Unkenrufe sein Publikum gefunden zu haben.

Zumindest in den USA fuhr der Cybertruck im Juli einen überraschenden Sieg ein. In diesem Monat entfielen fast 50 Prozent aller SUV-Neuzulassungen auf den Cybertruck, was dem Autobauer trotz schwächelnder Zahlen generell einen guten Monat bescherte.

Imposanter Marktanteil

Nach fünf Monaten, die im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Minus brachten, sah man sich bei Tesla im Juli mit 1,2 Prozent endlich wieder sanft im Plus. Wie neue Daten von S&P Global Mobility (via Automotive News) zeigen, lieferte Tesla in diesem Zeitraum 5175 Cybertrucks aus, während alle anderen Hersteller im SUV-Segment auf vergleichsweise geringe 5546 kamen. Nachdem Tesla selbst keine Zahlen zum Cybertruck veröffentlicht, basieren diese Zahlen auf einsehbaren Neuregistrierungen.

Das Verhältnis spiegelte im Juli nahezu den Gesamtmarkt in Sachen E-Autos in den USA. Mit 48 Prozent zeigt sich Tesla hier noch immer als dominante Macht. Im Vorjahr hatte man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch einen Marktanteil von 56 Prozent. Der US-Autobauer bemerkt deutlich die wachsende Konkurrenz, und diese kommt nicht ausschließlich aus China. Im Juli sitzen auf den Plätzen hinter Tesla namhafte Hersteller aus den USA und Europa, etwa Ford, Chevrolet und BMW.

Generell etabliert sich der E-Auto-Markt langsam, aber sicher in den USA. Satte 18 Prozent Zuwachs konnte man im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. In Zahlen sind das 118.000 E-Autos im Vergleich zu 101.000 Neuzulassungen im Juli 2023. Für den gesamten Automarkt bedeutet das zwar noch immer nur eine knapp einprozentige Verschiebung in Richtung E-Auto-Anteil, aber mit zweistelligen prozentualen Zuwächsen jedes Jahr scheint dennoch ein zumindest regionales Umdenken stattzufinden.

Baustelle Cybertruck

Richtig rund läuft es für den Tesla-SUV dennoch nicht. Zwei Millionen Vorbesteller warten derzeit auf ihren Cybertruck, weil Tesla nicht so schnell liefern kann, wie es die Nachfrage erfordern würde. Die Wartezeit beträgt derzeit mehrere Monate, und das, obwohl Tesla nicht nur den Preis für das günstigste Modell auf 100.000 Dollar angehoben hat, sondern auch diverse Rückholaktionen wegen Problemen mit Scheibenwischermotoren und Kunststoffabdeckungen durch die Medien geisterten.

Generell ist es für den US-Autobauer keine einfache Zeit. Die populären Modelle 3 und Y verzeichneten in den beiden letzten Quartalen einen Nachfragerückgang. Manche begründen es mit dem politischen Engagement des Firmenchefs Elon Musk, der so manchen Demokraten mit seinem starken Bekenntnis zum Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und seinen Angriffen auf Kamala Harris zunehmend schwer macht, mit gutem Gewissen in einen Tesla zu steigen. “Eine bescheidene, aber wachsende Zahl von E-Auto-Käufern ist zunehmend von Elon Musks Verhalten und seiner Politik abgeschreckt und sucht nun nach praktikablen Alternativen zu Tesla auf dem Markt”, ließ beispielsweise Ed Kim, Präsident der in Kalifornien ansässigen Beratungsfirma Auto Pacific, im April in mehreren Interviews wissen.

Der wachsenden Zielgruppe des Cybertrucks scheinen diese Aussagen egal zu sein. Da passen auch gewollte und ungewollte Marketing-Stunts hinein, etwa wenn Donald Trump vom umstrittenen Streamer Adin Ross einen Tesla-SUV mit passend patriotischem Aufdruck geschenkt bekommt oder ein US-Unternehmen ankündigt, eine gepanzerte Variante des Autos anbieten zu wollen, die “apokalypsetauglich” sein soll.

Europa soll folgen

Noch sieht man in Europa keine Cybertrucks herumfahren. Laut einer Einschätzung von Firmenchef Elon Musk bei einer Tesla-Hauptversammlung im Juni diesen Jahres müsste man das Auto erst umgestalten, um es in Europa verkaufen zu dürfen. Musk betonte damals, der Cybertruck sei an die Vorgaben in Nordamerika angepasst worden. Die internationalen Anforderungen zu beachten hätte zusätzliche Einschränkungen mit sich gebracht – “und das hätte das Produkt, ehrlich gesagt, schlechter gemacht”.

Aufgrund der starken Nachfrage in den USA wird eine solche Anpassung wohl noch ein wenig dauern. “Ich denke, wir werden eine spezielle Version machen müssen, die chinesischen Vorgaben entspricht, die europäischen Vorgaben entspricht”, prognostizierte Musk. Ein dazu passende Zertifizierung könne wohl “irgendwann im kommenden Jahr” erreicht werden.

Dass der europäische Markt tendenziell für Tesla interessant ist, steht außer Frage. Im wichtigen Automarkt Deutschland vermeldete das Kraftfahrt-Bundesamt erst vor wenigen Wochen, dass im Jahr 2023 mehr als jedes zweite neue Elektroauto ein SUV war. Zählt man Geländewagen hinzu, die Verbraucher oft ebenfalls als SUVs wahrnehmen, sind es sogar knapp 55 Prozent. In Österreich und vielen anderen europäischen Ländern sieht es laut aktuellen Zahlen nicht viel anderes aus. Es könnte also durchaus sein, dass 2025 auch hierzulande ein Cybertruck neben dem eigenen Auto im Stau steht. (aam, 19.9.2024)

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