Finanzen

Tesla

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Prämien für VW, aber nicht für Tesla? Die Idee zeigt die Hilflosigkeit der Politik

Die Reaktionen von Politikern auf die Probleme von VW sind eine Offenbarung. Jetzt fordert Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil Subventionen für deutsche E-Autos, aber nicht für Tesla. Würde er verantwortungsbewusst handeln, müsste er einen unpopulären Kurs mittragen.

prämien für vw, aber nicht für tesla? die idee zeigt die hilflosigkeit der politik

WELT-Wirtschaftsredakteur Daniel Zwick wundert sich über die Vorschläge der Politik zur VW-Krise Sina Schuldt/dpa/picture aliiance; Martin U.K. Lengemann/WELT

Die hilflosen Versuche der Politik in Deutschland, auf die Krise bei Volkswagen zu reagieren, treiben immer neue Blüten. Als vorläufigen Höhepunkt darf man die Forderungen von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach neuen „Kaufprämien“ für Elektroautos ansehen. Diese Subventionen sollten nicht für den US-amerikanischen Autobauer Tesla oder den chinesischen Hersteller BYD gelten, sondern für Fahrzeuge aus deutscher Produktion, sagte Weil der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Die Widersprüche in diesem Satz sind derart offensichtlich, dass man sich mit der Frage, ob solche Subventionen „dem europäischen Wettbewerbsrecht entsprechen“ gar nicht auseinandersetzen muss. Denn Tesla produziert seine Autos in Deutschland. Volkswagen dagegen baut die Produktionslinie für seinen elektrischen Kompaktwagen ID.2 gerade in Spanien auf.

Weils Ziel, den heimischen Konzern zu stützen, von dem Niedersachsens Wohlstand zu einem großen Teil abhängt, lässt sich mit solchen abenteuerlichen Forderungen nicht erreichen. Der Ministerpräsident ist Mitglied im Aufsichtsrat von VW und weiß es eigentlich besser.

Doch er ist längst nicht allein im Chor der wunderlichen Kommentare zur VW-Krise. CDU-Chef Friedrich Merz beispielsweise warf dem Unternehmen vor, es habe mit der einseitigen Festlegung auf die E-Mobilität einen Fehler gemacht. Ironisch hat er das sicher nicht gemeint. Es klingt aber so, wenn man sich die Realität bei VW ansieht. Das Unternehmen kommt bei seinen Verkäufen momentan auf einen E-Auto-Anteil von knapp über sieben Prozent. Wenn da etwas einseitig ist, dann der Verbrenneranteil.

Auch die Forderung von FDP-Fraktionschef Christian Dürr, die CO2-Flottenregulierung auf EU-Ebene gleich ganz abzuschaffen, dürfte VW kaum aus der Krise helfen. Konzernchef Oliver Blume verteidigt den Verbrennerausstieg 2035 vehement, weil eine Kursänderung Volkswagen in noch größere Schwierigkeiten stürzen würde. Milliarden-Investitionen, beispielsweise in die Batteriefabrik in Salzgitter, wären hinfällig, die CO2-Ziele des Unternehmens nicht mehr erreichbar.

Die Reaktion der Ampel-Regierung in Person von Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) geht zwar in die richtige Richtung, ihr Zeitpunkt war aber eine Inszenierung. Sie kündigten verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für elektrische Dienstwagen an – die sie allerdings schon vor der Sommerpause beschlossen hatten. VW wird davon profitieren, denn als Dienstwagen werden hierzulande überwiegend deutsche Marken gefahren.

Natürlich müssen Politiker Stellung beziehen, wenn das größte Industrieunternehmen in Deutschland mit betriebsbedingten Kündigungen und Standortschließungen droht. Dass VW den 30 Jahre alten Vertrag über die Beschäftigungssicherung gekündigt hat, ist ein herber Einschnitt für die Mitarbeiter. Es zeigt aber, dass sich dringend etwas ändern muss im Unternehmen und im Land.

Industrieproduktion ist zu teuer in Deutschland. Und sie ist zu unflexibel. Kein Unternehmen kann sich auf Dauer Fabriken leisten, deren Anlagen nur auf halber Kraft laufen wie bei VW. Gerade am Hochlohnstandort Deutschland müssen die Kapazitäten maximal ausgelastet werden. Nur durch mehr Produktivität kann das Land seine Nachteile gegenüber Billiglohnländern wettmachen.

Für VW und die ganze Autoindustrie bedeutet das im Moment leider: Stellenabbau und Standortschließungen. Der Markt in Europa ist geschrumpft, die Unternehmen müssen ihre Strukturen verkleinern. Wenn Ministerpräsident Weil VW wirklich helfen will, muss er diesen Kurs im Aufsichtsrat mittragen. Auch wenn es unpopulär ist.

Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.

TOP STORIES

Top List in the World