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Porsche-Kunden steigen zu langsam auf E-Autos um: 4 Gründe für den Gewinn-Schock des Autobauers

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Ein Mitarbeiter befestigt das Markenlogo an einem Porsche im Werk Leipzig. Der Sport- und Geländewagenbauer Porsche veröffentlicht am Dienstag (12.03.) am Porsche-Standort Leipzig seine Geschäftszahlen für das vergangene Jahr.

Ein Mitarbeiter befestigt das Markenlogo an einem Porsche im Werk Leipzig. Der Sport- und Geländewagenbauer Porsche veröffentlicht am Dienstag (12.03.) am Porsche-Standort Leipzig seine Geschäftszahlen für das vergangene Jahr.

Dass 2024 ein schwieriges Jahr für Porsche würde, hatte Vorstandschef Oliver Blume schon im März bei der Vorlage der sehr guten Zahlen des vergangenen Jahres angekündigt. Nun kommt es noch schlimmer als gedacht. Am Tag vor der Veröffentlichung der Halbjahres-Ergebnisse schockierte der Sportwagenhersteller die Aktienmärkte mit einer Gewinnwarnung für das laufende Jahr: Umsatz, Gewinn, Rendite werden demnach geringer ausfallen als bisher erwartet.

Neben hausgemachten Problemen belastet den Autobauer jetzt der Ausfall eines Zulieferers. Die Produktion droht stillzustehen, der Rückstand wird sich laut Porsche bis zum Jahresende nicht mehr aufholen lassen. Für Blume, der bei Porsche seit Jahren immer nur Rekorde zu verkünden hatte, wird es eine ungemütliche Telefonkonferenz, wenn er am Mittwoch diese Probleme näher erklären muss – und vor allem Lösungen präsentieren soll. Der Ausfall eines Aluminium-Lieferanten aus der Schweiz, dessen Fabrik überschwemmt wurde, ist nur die Spitze eines Berges von Problemen. Rund 10.000 Autos wird Porsche dadurch nicht bauen können, vermuten Analysten.

Es könnten auch mehr werden, denn das Ende des Ausfalls ist nicht absehbar. Das ist höhere Gewalt. Den größten Teil der Ursachen für die akute Porsche-Schwäche haben aber Blume und sein Vorstand selbst zu verantworten. Da ist vor allem die Modellplanung, die in diesem Jahr zu enormen Umstellungen und zeitweisen Lücken im Angebot führt. Den vergleichsweise kleinen SUV Macan gibt es in Europa nicht mehr als Verbrennermodell, die Produktion des elektrischen Nachfolgers läuft aber erst an. Auch Panamera, Taycan und der 911er werden überarbeitet und neu aufgelegt.

In den vergangenen Jahren hatte sich Porsche darauf eingestellt, dass alle Baureihen bis auf das Flaggschiffmodell 911 zu Elektroautos werden sollen. Für das Jahr 2030 hatte Blume einen E-Anteil von 80 Prozent angepeilt. Nun zeigt sich, dass dieses Ziel wohl kaum erreichbar sein wird. Der E-Macan kommt wegen der Softwareprobleme des Mutterkonzerns Volkswagen mehr als zwei Jahre zu spät. Auch andere Entwicklungen verzögern sich.

Porsches neue Parole

Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass die Kunden weniger schnell auf E-Autos umsteigen, als sich die Strategen das gedacht hatten. Deswegen hat Porsche sein Ziel in dieser Woche aufgeweicht. Die 80-Prozent-Marke gelte jetzt „abhängig von der Kundennachfrage und der Entwicklung der Elektromobilität“, zitiert Reuters aus einer Stellungnahme. Daher bleibe Porsche dabei, weiterhin Verbrenner- und Elektromodelle zu entwickeln. „Unsere Doppelstrategie ist wichtiger denn je“, lautet die neue Parole.

Das ist der gleiche Kurs, den auch Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius in Bezug auf die E-Mobilität eingeschlagen hatte. Auch er hat sich inzwischen vom Ziel, 2030 fast nur noch Batterieautos zu verkaufen, verabschiedet. Der wesentliche Unterschied: Mercedes hat seine Motoren und Verbrennerplattformen in den vergangenen Jahren noch einmal aktualisiert. Porsche steht dagegen mit teilweise veralteter Verbrennertechnik da. Den Benzin-Macan wird man nach 2026 wohl auch außerhalb Europas nicht mehr als Benziner verkaufen können. In Europa erfüllt er die Vorschriften jetzt schon nicht mehr.

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Die Probleme bei der Elektromobilität zeigen sich auch beispielhaft beim Pionier-Modell Taycan, das derzeit kaum noch verkauft wird. Die Kunden warten auf die nächste Generation, die mehr Reichweite und kürzere Ladedauer verspricht. Und in China ist den Kunden der Elektro-Porsche schlicht zu teuer.

Der sehr wichtige Markt in der Volksrepublik ist derzeit wohl das größte Problem des Unternehmens. Im ersten Halbjahr ist der Absatz von Fahrzeugen dort um ein Drittel gesunken. Blume hat nun den Chef von Porsche in China ausgetauscht. Der bisherige Deutschland-Chef Alexander Pollich soll es jetzt richten.

Er wird allerdings mit denselben Problemen kämpfen wie sein Vorgänger: Die lokale Konkurrenz wächst rasant. Chinesische Hersteller bieten Oberklasse-Fahrzeuge mit Vollausstattung und besserer Software als Porsche zu sehr niedrigen Preisen an. Die meisten Konkurrenten verkaufen mit Verlust, versuchen sich dadurch aber Marktanteile zu erobern.

Porsche dagegen will weder zur Billigmarke verkommen noch seine bisher hohen Margen völlig aus dem Blick verlieren. Deswegen machen die Stuttgarter im Preiskampf in China nicht mit – und verlieren Marktanteile.

Das alles führt zu schlechteren Zahlen. Statt 40 bis 42 Milliarden Euro Umsatz peilt Porsche jetzt noch 39 bis 40 Milliarden Euro in diesem Jahr an. Die Umsatzrendite soll statt 15 bis 17 Prozent nur noch 14 bis 15 Prozent betragen. Im vergangenen Jahr waren es noch 18,3 Prozent. Die Mutterkonzerne Volkswagen und Porsche SE wird dieser Rückgang auch belasten. Die Holding Porsche SE, in der die Anteile der Familien Porsche und Piëch gebündelt sind, hat ihre Prognosen ebenfalls gesenkt.

Der Börse gefällt das nicht. Der Aktienkurs der Porsche AG stürzte schon zur Eröffnung am Dienstag um mehr als fünf Prozent ab, auf Wochensicht liegt das Papier rund neun Prozent im Minus – und es notiert weit unter dem Ausgabekurs von 2022.

Nun wird die Kritik an Blume wohl wachsen, vor allem an seiner Doppelrolle als Chef von Porsche und Volkswagen. Angesichts der Probleme des Sportwagenherstellers wäre er dort als Vorstandschef sicher bereits ausgelastet. Aber diese Aufgabe erledigt er nur mit einer halben Stelle. Den Rest seiner Zeit arbeitet Blume als Chef des Volkswagen-Konzerns. Und dort sind die Probleme noch weit größer als bei Porsche.

Dieser Artikel erschien im Juli 2024 zuerst bei “Welt”.

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