BMW gehörte zu den Autoherstellern, die sich in der Elektroauto-Hype-Zeit immer mit einer Aussage zum Verbrenner-Aus weigerten und bis heute dagegen sind. Und sie hatten keine dedizierte Plattform für Elektroautos, wie sie Mercedes oder Audi hatten. Ich hätte daher ehrlich gesagt gegen BMW vor ein paar Jahren gewettet.
Doch ich habe mich getäuscht und ausgerechnet BMW schwimmt gegen den Strom und ist mit Elektroautos extrem erfolgreich. Sie sorgen für Wachstum bei BMW und man gehört (mit Blick auf das Wachstum) zu den erfolgreichsten Marken bei Elektroautos. Doch was sind die Gründe dafür? Die Antwort ist nicht so einfach.
Im August konnte ich zwei Elektroautos von BMW testen, den BMW iX2 und den BMW i5, hier sogar als Highend-Version (M60). Und dabei sind mir im Alltag ein paar Dinge aufgefallen, positiv und negativ. Und ich habe eine Antwort auf die Frage, warum BMW so erfolgreich damit ist. Oder jedenfalls habe ich eine Theorie.
Elektroautos von BMW haben Schwächen
Die Elektroautos von BMW sind meiner Meinung nach jedenfalls nicht so beliebt, weil sie perfekt sind, ganz im Gegenteil. Das Fehlen einer reinen Plattform für ein vollelektrisches Auto bringt auch Nachteile mit, das Platzangebot ist sehr dürftig.
In einem BMW iX2 ist das vielleicht noch verkraftbar, diesen würde ich nicht als Familienauto in Betracht ziehen, aber ein BMW i5 ist das schon. Und der neue 5er knackt die 5 Meter, dafür ist das Platzangebot ehrlich gesagt nicht so gut. Ich kann vorne gut sitzen, aber mit Kind und Kinderwagen wird es hier ganz schnell eng.
Klar, man könnte auch den Kombi (Touring) nehmen, aber auch bei einer so langen Limousine wäre mehr möglich, wenn man nicht gleichzeitig den Verbrenner damit bauen würde. Und bei dieser Preisklasse kann man auch schon 800 Volt erwarten.
Eine Sache ist mir auch aufgefallen, denn die Materialwahl lässt langsam auch bei BMW etwas nach. Ich finde die Anmutung zwar immer noch deutlich besser als in den EQ-Modellen, aber man findet immer mehr Hochglanzhartplastik in den Autos.
Das sieht nicht nur weniger hochwertig aus, es verkratzt auch schneller. Auch hier, ein Porsche Taycan wirkt da eine Ecke hochwertiger, als ein vergleichbarer BMW i5.
Beim BMW iX2 ist der Mix des Materials ebenfalls grenzwertig, der startet immerhin bei fast 60.000 Euro und liegt hier unter dem Level eines Tesla Model 3 in der Basis. Die Zeiten, in denen Tesla weit hinter deutschen Premiummarken lag, sind vorbei.
Das wurde mich auch beim Blick auf das Display klar, denn während es im BMW i5 ein schönes, breites und hochwertiges Display gibt, welches mir echt gefällt und mit CarPlay richtig gut aussieht, so stellt man sich die Frage, wieso die Displays im iX2 so klein sein müssen. Ja, andere Preisklasse, aber das ist doch grenzwertig.
Interessant finde ich hingegen, dass der BMW iX2 mit OS 9 eine bessere Software als der BMW i5 mit OS 8.5 hat und sogar Android Automotive nutzt und somit eine Auswahl an Apps bietet. Es gibt zwar keine Google-Dienste, aber immerhin etwas.
Ich finde die Software von BMW durchaus gut, wenn es um Optik und Aufbau geht, aber im i5 kam ich nicht um CarPlay herum. Immerhin funktioniert das gut und sehr zuverlässig, wenn man es kabellos nutzen möchte. Wer aber erwartet, dass er dann in Zukunft auch Dinge wie YouTube und Co. bekommt, der dürfte enttäuscht sein.
Elektroautos von BMW haben Stärken
Eine Sache ist mir dabei aufgefallen, und das ist die Optik. Egal ob X2 oder iX2, es gibt quasi das identische Auto. Ebenso beim 5er, wer diesen gerne elektrisch fahren würde, der bekommt das mit dem BMW i5. Somit wird der Nachteil dieser Mischplattform zu einem Vorteil, denn Verbrenner und Elektroautos sind gleich.
Bei Mercedes finde ich den EQE zum Beispiel deutlich hässlicher, als die E-Klasse, ebenso beim EQS. Und auch bei Audi sehen ein Q6 e-tron oder A6 e-tron anders als die Verbrenner aus. Man merkt auch, dass sie auf Reichweite optimiert wurden.
Und ich kann den EQE und EQS selbst oft kaum im Alltag unterscheiden, bei einem BMW sieht man ganz klar, welches Modell das ist. Und man passt diese meiner Meinung nach auch sehr gut für die Zielgruppe an. Ein BMW i4 ist zum Beispiel sehr „prollig“, der BMW i5 ist sehr dezent und der BMW i7 ist dann komplett drüber.
Doch das mögen die Kunden von 4er, 5er und 7er und ich könnte nicht sagen, dass ich BMW schön oder hässlich finde, das hängt stark vom Auto ab. BMW 7er? Es gibt kaum ein hässlicheres Auto. BMW 5er? Dieser gefällt mir wirklich sehr gut.
BMW hat sich hier Gedanken gemacht und das kommt gut bei den Kunden an, es ist aber natürlich nicht nur die Optik. Wie gesagt, die Materialwahl ist weiterhin gut und man setzt auf Dinge wie normale Tasten auf dem Lenkrad. Diese sind matt, sie haben gute Druckpunkte, es gibt physische Regler, man kann es blind bedienen.
Natürlich sind das auch weiterhin sehr gute Autos, mit einem tollen Fahrwerk und mit einer guten Isolierung, vor allem mit einem BMW i5 M60 zeigt man, dass man da durchaus auch auf Porsche-Level unterwegs ist. Ein Taycan fährt sich noch eine Ecke „leichter“, aber auch beim i5 merkt man das enorme Gewicht nicht so sehr.
Elektroautos von BMW: Fazit
Warum verkauft ausgerechnet BMW so viele Elektroautos? Warum ist man derzeit die am stärksten wachsende Marke in diesem Bereich bei uns? Warum hat man in Europa sogar Tesla überholt? Ist das nur die Optik? Sie hat einen großen Einfluss.
Ein BMW iX2 bietet für über 4,5 Meter kein gutes Platzangebot, lädt nur mit 130 kW und knackt nicht einmal die 500 km bei der Reichweite. Für über 60.000 Euro sind es jedenfalls nicht die technischen Aspekte, welche die BMW-Kunden abholen.
Aber er sieht eben gut aus, passend für die Zielgruppe, wurde nicht extrem auf die Effizienz (optisch) optimiert und obwohl man dank Verbrenner-Plattform „nur“ 64 kWh beim Akku verbauen kann, holt man dank guter Motoren einiges heraus.
Es interessiert die Kunden vermutlich nicht, dass ein kleinerer VW ID.3 mit einem in dieser Preisklasse größeren Akku daher kommt und als GTX mehr Leistung auf die Straße bringt. Er sieht eben nicht wie der bekannte VW Golf aus, den man kennt.
Als Nerd, der nicht nur auf Optik und Materialwahl, sondern auch auf Software und Technik achtet, kritisiere ich diese Dinge bei BMW. Aber ich merke auch, dass viele Dinge meinem Umfeld egal sind, denn da wird das Auto über Emotionen verkauft.
Und diesen Punkt hat BMW mit dieser Generation eben perfekt gelöst, daher geht es bei Elektroautos bergauf, obwohl allgemein eine Flaute herrscht. Bleibt das so?
Das ist die spannende Frage für 2025, denn das aktuelle Portfolio wird sich sicher auch in den nächsten Monaten gut verkaufen, da das Konzept funktioniert. Doch ab 2025 gibt es die Neue Klasse und der elektrische 3er und der neue BMW iX3 sind ab nächstem Jahr keine „umgebauten“ Verbrenner mehr, es sind reine Elektroautos.
Wird BMW aber den neuen i3 wie den aktuellen 3er aussehen lassen? Und wird der neue iX3 wie der aktuelle X3 aussehen? Beide Verbrenner wurden dieses Mal ohne eine elektrische Version gezeigt, die folgt bei den Bestsellern dann erst ab 2025.
Ich gehe davon aus, dass BMW von Mercedes oder Audi gelernt hat, aber aktuelle Konzepte haben schon gezeigt, dass die Elektroautos von BMW anders werden. Und dann wird sich zeigen, ob die Kunden in Zukunft auch zum BMW iX3 greifen, wenn dieser nicht mehr gewohnt und wie der BMW X3 beim Händler aussieht.