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Toyotas neuer Präsident singt das Lied der Vielfalt

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Der Neue an der Spitze: Koji Sato

Toyota Motor, der größte Autohersteller der Welt, verkaufte im vergangenen Jahr 10,48 Millionen Autos, aber nur 21.650 Batterie-Elektroautos (BEV). Weit abgeschlagen steht der Marktführer in dieser Disziplin hinter Tesla, das 1,3 Millionen Batterie-Elektroautos absetzte, oder hinter Volkswagen mit 572.000 BEV. Falls das Koji Sato beunruhigt, hat er es am Freitag in seiner ersten Pressekonferenz als neuer Präsident von Toyota nicht gezeigt. Frohgemut kündigte Sato mit seinen Vizepräsidenten an, dass Toyota in den kommenden drei Jahren zehn neue Batterie-Elektroautos an den Markt bringen werde. 1,5 Millionen reine Elektroautos will Toyota so im Jahr 2026 verkaufen. 2030 sollen es dann 3,5 Millionen Stück im Jahr sein. Eine neue Planungseinheit werde sich speziell um Batterie-Elektroautos kümmern, teilte Toyota mit. Über Details des geplanten drastischen Aufbaus der BEV-Kapazität aber schwiegen Sato und die beiden Vizepräsidenten Hiroki Nakajima und Yoichi Miyazaki sich vor den Journalisten aus.

Als im Februar bekannt wurde, dass Sato die Nachfolge des Gründerenkels Akio Toyoda übernehmen werde, wurde das vielfach als Signal gedeutet, dass nun auch Toyota endlich in Richtung Batterie-Elektroauto umschwenken werde. Als Be­leg galt, dass Sato zuvor die luxuriöse Lexus-Sparte geführt hatte, die komplett auf Batterie-Elektroautos umstellen wird. Sato aber ließ am Freitag keinen Zweifel daran, dass das für Toyota auf weit absehbare Zeit nicht gelte.

Viele Wege zur Karbon-Neutralität

Anders als viele Konkurrenten will das Unternehmen sich nicht auf eine An­triebstechnik verengen. Sato unterstrich, dass Toyota auf dem Weg zur Karbon-Neutralität viele Wege verfolge, von Hy­brid-Antrieben über Batterie-Elek­troautos und Brennstoffzellen bis zu Wasserstoff-Verbrennern und kohlendioxidneutralen Kraftstoffen. Der 53 Jahre alte Sato steht so fest in der Tradition des Vorgängers.

Im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz sind die Pressekonferenzen von Toyota deshalb nun etwas Besonderes. Gesungen wird nicht das Hohelied der Batterie-Elektroautos, sondern auch der Vielfalt umweltfreundlicher Antriebe. Sato fasst das unter die Formel, dass man die Elektrifizierung auf eine prak­tische und praktikable Art und Weise vo­rantreiben wolle. Das heißt für Toyota vor allem, sein Angebot an Antrieben an die Besonderheiten des Absatzmarktes anzupassen: mehr Batterie-Elektroautos für Europa und China, mehr hybridgetriebene Fahrzeuge für Entwicklungsländer in Afrika oder Südostasien.

Das geht einher mit dem Plan, mehr Elektroautos in den Regionen für die Re­gionen zu entwickeln. Vielfalt heißt für Toyota auch Batterie-Elektroautos für die Wohlhabenderen und Hybrid-Modelle, die weniger Kohlendioxid einsparen, aber bezahlbarer sind, für die weniger Be­tuchten. „Niemand wird zurückgelassen“, sagte Sato mehrfach und klang wie ein westlicher Sozialpolitiker. In dieser Strategie passiert es dann schon mal, dass er die Plug-in-Hybride als die praktika­bleren Batterie-Elektroautos preist, was einem deutschen Klimaminister die Haare zu Berge stehen ließe.

Toyota sichert sich ab

Hinter der Vielfalt steht aber auch ein Gewinnmotiv: Das Unternehmen will die Hybridantriebe mög­lichst lange nutzen, weil die Inves­titionen in die Batterie-Elektroautos auch bezahlt sein wollen. Toyota wolle in den unterschiedlichen Absatzmärkten die Verwendung von möglichst vielen Batterie-Elektroautos bewerben, aber zugleich die gewinnbringenden Hybride und Plug-in-Hybride anbieten, sagte Miyazaki.

Langjährige Beobachter des japa­nischen Automarkts stellen der breit aufgestellten Toyota-Strategie keine schlechten Noten aus. „Elektroautos müssen Vorrang haben, aber es ist wirklich gut, wenn man mit anderen Technologien für die Zukunft abgesichert ist“, sagt Christopher Richter, der stellvertretende Analysechef von CLSA Securities Japan. To­yota sichere sich auch gegen politische Umschwünge ab, findet Koji Endo, Analysechef von SBI Securities, und malt das Szenario aus, dass in den Vereinigten Staaten Donald Trump als Präsident ge­wählt werden und die Autoförderpolitik von Joe Biden umkehren könne. „Toyota kämpft derzeit nicht wirklich gegen die Konkurrenten in China oder Europa, sondern gegen die dortigen Regierungen und die Regierungspolitik“, sagt Endo.

Die Europäische Union „beginne, sich in Richtung eines realistischeren Ansatzes zu bewegen“, kommentierte Sato die jüngste Wendung der europäischen Politik, wonach nun neben Elektroautos nach 2035 auch Verbrenner mit karbonneutralen Kraftstoffen (E-Fuels) noch neu zugelassen werden dürfen. Der neue Toyota-Chef warnte aber, dass vor einem breiten Einsatz von E-Fuels noch viele technische Hürden zu nehmen seien. Toyota werde mit seinen Partnern daran arbeiten, dass diese Technologie eine echte Option werde, versprach Sato.

„Wir müssen Autos bauen, in die unsere Kunden sich verlieben“

Die Anleger an der Börse in Tokio waren von dem ersten Auftritt des neuen Toyota-Chefs nicht wirklich begeistert. Die Aktie verlor während der Pressekonferenz bis zum Handelsschluss 0,8 Prozent. Sato sprach viel über Teamarbeit und eine neue Führungsstruktur, ohne in Details zu gehen. Vieles klang ein wenig hölzern, auch wenn Sato sich im Foto als Kind mit seinem ersten Spielzeugauto vorstellte.

Als vor 14 Jahren sein Vorgänger Akio Toyoda die Geschicke des Unternehmens übernahm, versuchte er in seiner ersten Pressekonferenz Optimismus zu wecken. Toyota steckte damals in einer schweren Krise, nachdem es zu schnell gewachsen war und darüber die hohen Qua­li­tätsmaß­stäbe ein wenig verloren hatte. „Wir müssen Autos bauen, in die unsere Kunden sich verlieben.“ Das ist der Satz, der von Toyodas damaligem Auftritt in Erinnerung geblieben ist.

Gegen Ende seiner ersten Presse­konferenz am Freitag wurde Sato ge­fragt, was denn in den vielen Botschaften des Tages seine Kernbotschaft sei. „Lasst uns die Zukunft des Autos än­dern“, sagte der neue Toyota-Chef. Ob sich in 14 Jahren daran noch jemand er­innern wird?

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