Geely

Montag Special: America innovates. China replicates. EU regulates? – am Beispiel Geely Galaxy E5 zeigt sich, dass sich das gerade ändert.

Infotainment & Digitalisierung im Auto: es wird langsam peinlich (nicht nur für VW & Co.)

Letzte Woche gings um die Preis/Gegenwert bei deutschen Elektroautos in China. Der Youtube-Beitrag des Kanals „Telescope“ nahm BMWs Preispolitik in China aufs Korn.  Zwischenzeitlich machte der VW/Rivian-Deal Furore. Und unlängst veröffentlichte Telescope eine weitere Arbeit, diesmal nahm man VWs Infotainment-Fähigkeiten ins Visier. Das Thema: „€17k VW ID.4 Rival with Software that WORKS – Geely Galaxy E5 Review„. Der Tenor: beim Geely funktioniere wenigstens die Software …

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Geely Galaxy E5: neben einem niedrigen Kampfpreis brilliert das E-SUV mit einem cleveren Betriebssystem und einer neuen LFP-Batterie-Technologie. Die macht den Stromer mehr als 300 (!) kg leichter als den Wettbewerber VW ID.4

Software Made in Germany

Dazu muss man erst einmal ein wenig ausholen. Software – Neudeutsch „Apps“ – sind nicht wirklich in der deutschen DNA verankert. Das sieht man immer wieder, wenn deutsche Unternehmen versuchen, mit den „Big Dogs“ aus Silicon Valley mitzuspielen. Das geht in der Regel ziemlich schief und kostet im Falle von SAP gerne ein Vermögen und Unmengen von Zeit für die Unternehmen, die die „Umstellung“ wagen.

Vor allem aus zwei Gründen ist Digitalisierung ein deutsches Problem: zum einen ist die deutsche Software-Kultur abhängig von Managern, die mit Software eigentlich wenig am Hut haben, und zum anderen sind deutsche Entwickler gerne politisch korrekt, aber selten brillant. Sind sie es doch, gehen sie ins Ausland und bewegen ganze Industrien. Silicon Valley wäre ohne die weltweite Vielfalt seiner Entwickler kaum denkbar gewesen – und unter diesen Entwicklern waren auch eine Menge deutschstämmiger „Cleverles“.

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Keine Überraschungen im Interieur – aber das Infotainment-System kommt mit Gimmicks und Meizu-Betriebssystem „Flyme OS“.

Infotainment lebt von Ideen – und Machern

Softwarenentwicklung hat nichts mit Menge zu tun, auch wenn VW-Manager das im Falle von CARIAD so gedacht hatten. Will sagen: 1.000 Entwickler entwickeln (sic!) nicht doppelt so schnell und gut wie beispielsweise 500 Entwickler. Schon ein einziger herausragender Developer macht den Unterschied – die restlichen 999 halten dann eher sprichwörtlich den Verkehr auf. Apple, Microsoft, Adobe, Nvidia, Qualcomm sind durch wenige herausragende Persönlichkeiten erfolgreich geworden – die Reihe liess sich unendlich fortführen. Hart formuliert: Innovationen kamen bislang aus den USA. Seit einiger Zeit aber kommen sie auch aus Fernost und China. Bestes Beispiel ist der Geely Galaxy E5. Der ist zwar kein herausragendes Elektro-SUV ist und in der Realität bei den Fahrleistungen einem VW ID.4 unterlegen sein dürfte, beim Infotainment-System aber den Unterschied macht. Und genau darauf kommts in China an.

Chinesische Kunden lieben clevere Software

Software ist die Zukunft im Automobil. Das haben auch deutsche Manager erkannt – allein die fehlende Erfahrung und Vorstellungkraft hindert sie regelmäßig daran, außergewöhnliche Ergebnisse abzuliefern. Bei VW könnte Rivian die Rettung sein. CARIAD, die hauseigene Softewareschmiede wird es kaum sein.

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Eine Meme, die gerade in immer neuen Variationen die Runde macht … Klick aufs Bild öffnet X.

EU, Antiinnovation & Co.

Ein böses Meme geht so: America innovates, China replicates, EU regulates. Da steckt viel Wahrheit drin. Europa, speziell Deutschland wird gerne durch überbordene Regularien daran gehindert, wirklich innovativ zu sein. Der Hype um die Künstliche Intelligenz ist deshalb auch nicht von Ungefähr in den USA entstanden. In Europa macht man sich indessen mehr Gedanken um moralische Implikationen. Oder die neuen Regularien um das Gepiepe in Autos: fährt der Stromer ein paar Kilometer schneller als erlaubt, werden die Insassen mit Höllengepiepe maltraitiert. Man kanns zwar abschalten, aber wird das Auto wieder angelassen, ist per Default das Gepiepe wieder an. In der Zwischenzeit entwickeln US- und chinesische Developer echten Mehrwert.

montag special: america innovates. china replicates. eu regulates? – am beispiel geely galaxy e5 zeigt sich, dass sich das gerade ändert.

Der Polestar 4: Auftritt wie eine Limousine, tatsächlich spricht der Hersteller von einem „SUV-Coupé“. Das OS in China ist von Meizu, in Europa wie gehabt von Google.

So auch das Infotainment-System im Geely Galxy E5.

Da Geely vor nicht allzu langer Zeit das Smartphone-Unternehmen Meizu übernommen hat, liegt es auf der Hand, dass auch die hauseigenen Infotainment-Systeme mit Meizu-Telefonen am besten interagieren können. Der in China erhältliche Polestar 4 arbeitet im Gegensatz zum europäischen Pendant übrigens mit dem „Flyme-OS“ von Meizu, einem Android-Derivat. Das kann, ganz wie Apple dies für seine Desktops gerade vorgestellt hat, den Smartphone-Homescreen auf dem Infotainment-Bildschirm spiegeln, inklusive der Bedienbarkeit aller Apps etc.

In Europa wird das Apple-System aufgrund von irren EU-Bestimmungen erst mal nicht kommen, was die Apple Community natürlich ein wenig auf die Barrikaden gebracht hat. Auch AI, aka „Apple Intelligence“ wird es in der EU zunächst nicht geben, weil die EU-Reglements hier offenbar mal wieder bremsend wirken und Apple auch ein bißchen trotzig reagiert. Das könnte dann auch beim Geely der Fall sein, wenn er denn nach Europa kommt – und das scheint in der Planung zu sein. Wahrscheinlich dann aber nicht mit „Flyme-OS“ sondern mit einem OS wie bei Polestar, das auf Google Automotive-Basis funktioniert.

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Herzstück der Batterie: die von Geely neu entwickelte LFP-Baldebatterie mit Namen Aegis. Die gravimetrische Energiedichte liegt bei 192 Wh/kg, die Laderate bei 2,45 C.

Kampfpreis? Na logisch

Wir müssen nicht ausdrücklich betonen, dass der anvisierte chinesische Preis von umgerechnet 17.000 Euro für das Einstiegsmodell in Europa kaum zu realisieren wäre. Schließlich ist auch Geely (und damit alles seine Marken wie Volvo, Polestar, Smart und Zeekr) im exklusiven Strafzölle-Club Mitglied. Trotzdem sind die Eckwerte beeindruckend: Mit 4.615 mm Länge ist das Elektro-SUV durchaus in der selben Liga wie der VW ID.4. 217 PS, bis zu 60,2 kWh-Batteriekapazität und eine EPA-Reichweite von 394 Kilometern. Das eigentliche Herzstück ist aber die neu entwickelte LFP-Batterie mit Namen Aegis Short Blade – eine Geely-Eigenentwicklung.

192 Wh/kg gravimetrische Energiedichte

Mit 192 Wh/kg ist die Blade tatsächlich ein Meilenstein. Geely gibt eine Lebensdauer von bis zu 50 (!) Jahren an, basierend auf einer durchschnittlichen Laufleistung von 20.000 Kilometern pro Jahr. Sollte sich diese Lebensdauer tatsächlich erzielen lassen, würde das den Restwert von Gebrauchtwagen mit dieser Batterie extrem verbessern. Man verwende lange, dünne Kohlenstoff-Nanoröhren, um eine „Autobahn“ für die Ionen-Übertragung zu schaffen. Auch wurde die Schnellladeleistung verbessert – 10 – 80% werden bei herkömmlichen Bladebatterien in nur 26 Minuten erreicht, die Laderate liegt bei 1,61 C. Geelys Aegis Short Blade benötigt dafür nur etwas über 17 Minuten mit einer durchschnittlichen Laderate von 2,45 C.

Extrem sicher

Auch bei der Sicherheit habe man Fortschritte erzielt. Ein Test zeigte, dass die Aegis Short Blade Battery gleichzeitig von acht Stahlnadeln mit einem Durchmesser von 5 Millimetern durchbohrt und eine Stunde lang ohne schädliche Auswirkungen stehen gelassen wurde. Die Resilienz gegenüber Hitze und extremer Kälte sei ebenfalls verbessert worden.

Fazit?

Die EU ist ein Klotz am Bein der weiteren wirtschaftlichen und innovativen Entwicklung des Staatenverbundes auf vielen Gebieten. Die Regulationswut der unterbeschäftigten Kommissare ist schon legendär – man denke nur an die Festlegung der richtigen Bananenkrümmung, die in der Vergangeheit die Runde gemacht hat. Innovativ sind die europäischen Bürokraten durchaus. Allerdings im negativen Sinne. Wie schade.

Was Geely aber mit der neuen LFP-Batterie auf die Beine gestellt hat, zeigt einmal mehr, dass die chinesische Konkurrenz nicht nur aus CATL, BYD und Co. besteht. Herausragende Innovationen kommen von überall. Neben der Batterietechnologie auch auf der IT-Seite. Und demnächst garantiert auch KI. Das Meme scheint allerdings Risse zu bekommen. China repliziert nicht mehr ausschliesslich. Es befindet sich bereits auf dem besten Weg zur originären Innovation … beängstigend.

Text: Bernd Maier-Leppla
Fotos: Geely, Telescope (Youtube Stills), Polestar, twitter/X

Telescope望远镜 | 17.000 Euro teurer VW ID.4-Konkurrent mit funktionierender Software – Geely Galaxy E5 Test

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