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Dodge La Femme (1955/56): Der Frauenauto-Flop

Nicht immer liegt die Marketingabteilung richtig ...

dodge la femme (1955/56): der frauenauto-flop

Gefühlt bestimmt heute das Marketing, wie ein neues Auto auszusehen hat. Nur blöd, wenn die Kundschaft nicht mitzieht. Einen solchen Fall gab es bereits vor fast 70 Jahren. Ein Auto, bei dem einem aktuell Barbie in den Sinn kommt, obwohl die Kunststoffpuppe da noch gar nicht erfunden war. Gestatten: der Dodge La Femme (auch LaFemme geschrieben).

Gegen Mitte der 1950er-Jahre lief es in den USA prächtig, der Automobilmarkt brummte. Die Händler merkten, dass Frauen zunehmend bei der Wahl des Familienautos mitbestimmten oder sogar selbst einen Wagen nutzten. Und so sagte sich Dodge: Wenn die Damenwelt so viel zu sagen hat, dann bieten wir ihr genau das Richtige.

Das La Femme-Konzept baute auf zwei Chrysler-Showcars ​​von 1954 auf. Die Modelle mit den Namen “Le Comte” (für den Herren) und “La Comtesse” (für die Dame) basierten auf dem  Chrysler Newport und erhielten ein durchsichtiges Kunststoffdach über dem gesamten Fahrgastraum.

Während der Le Comte in maskulinen Farben gestaltet wurde, wurde der La Comtesse in “Dusty Rose” (staubrosa) und “Pigeon Grey” (taubengrau) lackiert, um Weiblichkeit zu vermitteln. Die positiven Reaktionen ermutigten Chrysler, das La Comtesse-Idee weiterzuverfolgen.

Dodge erhielt das Projekt und benannte das Konzept in “La Femme” um, das 1955 als zweitüriges Dodge Custom Royal Lancer “Spring Special”-Hardtop-Coupé mit Zweifarblackierung in “Sapphire White” und “Heather Rose” begann. Hinzu kamen spezielle goldfarbene “La Femme”-Schriftzüge auf den vorderen Kotflügeln.

Auch der Innenraum des Wagens wurde an den vermeintlichen Geschmack der Frau angepasst. Dort gab es Polster aus einem speziellen Gobelinmaterial, das rosa Rosenknospen auf einem blasssilberrosa Hintergrund und blassrosa Vinylbesatz zeigt. Der La Femme wurde zudem mit einer besonderen Handtasche aus rosafarbenem Kalbsleder geliefert, die zum Innenraum des Autos passte.

Besagte Handtasche konnte in einem Fach auf der Rückseite des Beifahrersitzes verstaut werden, und ihr vergoldetes Medaillon zeigte nach außen. Dieses Medaillon aus gebürstetem Metall war groß genug, um den Namen der Besitzerin eingravieren zu können.

Jede Handtasche war mit einem aufeinander abgestimmten Set an Accessoires ausgestattet, darunter eine Puderdose, ein Lippenstiftetui, ein Zigarettenetui, ein Kamm, ein Zigarettenanzünder und ein Portemonnaie. Sie bestanden alle entweder aus Kunststoff in Schildpattoptik und goldfarbenem Metall oder rosafarbenem Kalbsleder und goldfarbenem Metall.

Auf der Rückseite des Fahrersitzes befand sich ein Fach, in dem sich ein Regenmantel, eine Regenhaube und ein Regenschirm befanden, alle aus Vinyl, dessen Muster zum Rosenknospen-Innenstoff passte. In Marketingbroschüren hieß es, das Auto sei “By Special Appointment to Her Majesty… the American Woman.” hergestellt worden. Ihre Majestät, die amerikanische Frau …

1956 kehrte der La Femme zurück, und die Marketingabteilung von Dodge schrieb Briefe an die Händler, in denen man den La Femme als “umwerfenden Erfolg” bezeichnete. Für 1956 ersetzte Dodge das Farbschema in Rosa und Weiß durch “Misty Orchid” und “Regal Orchid”. Die Sitzbezüge bestanden aus einem schweren weißen Stoff mit zufälligen, organisch anmutenden Mustern aus kurzen lavendelfarbenen und violetten Schlingen, ähnlich wie bei Schlingenteppichen.

Beim Dachhimmel kam schwerer weißer Stoff mit vielen winzigen, zufälligen goldenen Farbspritzern zum Einsatz. Der Teppichboden bestand aus Schlingenflor in mehreren Lavendel- und Lilatönen. Die Boxen hinter den Sitzen wurden für 1956 geändert, um den zum Modell gehörenden Regenmantel, die Regenkappe und den Regenschirm unterzubringen. Beide Boxen waren dieses Jahr identisch, da auf die Unterbringung einer Geldbörse verzichtet werden konnte, die nur beim La Femme von 1955 angeboten wurde.

Dodge ließ den La Femme dann für das Modelljahr 1957 fallen und überarbeitete das Konzept nicht mehr. Da es sich beim La Femme um ein Optionspaket (143 US-Dollar) handelte, konnte die Gesamtstückzahl nie genau ermittelt werden, obwohl Untersuchungen ergaben, dass im Laufe des Zweijahreszeitraums weniger als 2.500 Exemplare hergestellt wurden. Es gibt mindestens 40 bekannte Exemplare der Version von 1955 und über 20 von der Version von 1956.

Aber warum floppte der Dodge La Femme? Das kann nur vermutet werden. Vielleicht wollte die US-Damenwelt doch nicht derart offensichtlich ein Frauenauto fahren. Oder umgekehrt ihre Gatten im Notfall nicht solch einen krassen Schlitten. Frauen waren zudem irritiert, dass sich Männer derart stereotyp ein Auto für die Frau vorstellten. Matt Haig vermerkt in seinem Buch “Brand Failures” als Fazit zum La Femme: “Don’t patronize your customers”, “Bevormunden Sie Ihre Kunden nicht”.

In jedem Fall war es eine Lehre für das Marketing: DAS Männerauto/Frauenauto/Seniorenauto gibt es nicht. Zumindest nicht in der Werbung. Denn wie im Kinofilm mit Mel Gibson gilt: Was Frauen wirklich wollen …

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