Finanzen

Volkswagen

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Volkswagen muss warten

volkswagen muss warten

Sein Unternehmen profitierte von der Corona-Pandemie: Stefan Piëch

Wie sich der Medienkonsum junger Menschen verändert hat, kann Stefan Piëch an seinem eigenen Nachwuchs beobachten. „Die Sehgewohnheiten sind gleich geblieben, aber die Interaktion hat zugenommen“, sagt der Vater von vier Kindern im Alter zwischen zehn und 17 Jahren. Piëch spannt den Bogen vom linearen Fernsehen und den DVDs über die Smart-TVs und Streamingdienste bis hin zum sogenannten Addressable TV, also der personalisierten Werbung, die für bestimme Zuschauergruppen im Fernsehen läuft.

Der 52 Jahre alte Medienunternehmer ist Spross des Porsche-Piëch-Clans und Aufsichtsratsmitglied in der Porsche SE, die den Volkswagen-Konzern steuert. Längst werden Stimmen laut, die ihn in einer bedeutenderen Rolle in der Führung von Europas größtem Autohersteller sehen wollen. Kürzlich forderte Christian Strenger, VW-Aktionär und Fachmann für gute Unternehmensführung, einen Wechsel im VW-Kontrollgremium, da die Wiederwahl des 80 Jahre alten Wolfgang Porsche „die für den Aufsichtsrat geltenden Regelaltersgrenzen von 75 Jahren zum zweiten Mal“ ignoriere. Strenger verlangt, dass die Familie stattdessen Stefan Piëch entsenden soll. Piëch selbst will sich dazu gegenüber der F.A.Z. nicht äußern.

Evergreens für Kinder

Lieber spricht der gebürtige Wiener über pädagogisch wertvolles Kinderfernsehen. Der Urenkel des VW-Käfer-Erfinders Ferdinand Porsche hat sich statt einer Karriere in der Autoindustrie früh für das Unterhaltungsgeschäft entschieden, studierte Medienkommunikation und wurde mit der Münchner Your Family Entertainment AG (YFE) im Jahr 2005 selbst zum Unternehmer.

YFE ist aus einer vom Spielehersteller Ravensburger gegründeten Filmgesellschaft hervorgegangen, die im Sog von EM.TV den raschen Aufstieg an der Börse feierte und mit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes noch schneller wieder unterging. Piëch sanierte das Unternehmen. Heute verfügt es über eine Bibliothek mit 3500 Halbstundenfilmen: Fix und Foxi, Urmel aus dem Eis und Enid Blyton sind die bekanntesten Titel, „Evergreens für Kinder“, wie Piëch sie nennt. Daneben werden zwei Kinderfernsehsender betrieben. Seit gut einem Jahr weht ein bisschen Hollywood durch München, seit Piëch den amerikanischen Unterhaltungskonzern Genius Brands an Bord holte, um das eigene Plattformgeschäft voranzubringen. Dafür verkaufte er einen großen Teil seiner YFE-Beteiligung und hält nun noch 25 Prozent und eine Aktie. Der damalige Deal bewertete die börsennotierte YFE AG mit 21 Millionen Euro.

Einsatz gegen Reizüberflutung und Gewalt

Im Wettbewerb mit den amerikanischen Plattformen Youtube, Netflix oder Amazon ist Piëchs Unternehmen, dessen Aktien im geregelten Markt notiert sind, ein Zwerg. Piëch glaubt aber, dass die Nische für kindergerechtes Fernsehen größer wird, seit der Walt-Disney-Konzern über das „Superhelden“-Universum von Marvel und Fox verfügt und das „Star Wars“-Studio Lucasfilm. „,Krieg der Sterne‘ hat im Kinderzimmer nichts zu suchen“, sagt Piëch und kann sich aufregen über „Darth Vader auf dem Pyjama eines Fünfjährigen“.

Die Kinderfilme, mit denen Piëch handelt, sind dagegen völlig gewaltfrei. „Bei uns werden Geschichten erzählt, die Neugier wecken und die einen Anfang und ein Ende haben.“ Seit der Corona-Pandemie, als viele Eltern daheim aufmerksamer das Medienverhalten ihrer Kinder verfolgen konnten, geht es mit Piëchs Geschäften aufwärts. Die YFE AG hat nach seinen Angaben nun ein äußerst erfolgreiches Geschäftsjahr hingelegt: So nahm der Umsatz um 35 Prozent auf 4,2 Millionen Euro zu, und nach einem Verlust im Vorjahr wird für das Jahr 2022 ein Jahresüberschuss von 0,8 Millionen Euro ausgewiesen.

Dabei will es sich Piëch weiter leisten, in seinem frei empfangbaren Familiensender RIC nur Werbung zuzulassen, „die nicht dick und doof macht“, so wie er generell für eine Begrenzung des Fernsehkonsums von Kindern eintritt: eine halbe Stunde am Tag für Kinder im Vorschulalter, nicht mehr als 90 Minuten für Kinder von zehn Jahren an. Zu viel Zeit vor dem Bildschirm wirke sich negativ auf die schulischen Leistungen und sozialen Kontakte aus. Das Internationale Marken-Kolloquium zeichnete Piëch aus für seinen Einsatz gegen Reizüberflutung und Gewalt im Kinderfernsehen. Auf den Jury-Preis ist Piëch stolz, er spornt ihn an, im Unterhaltungsgeschäft weiterzumachen. Volkswagen muss warten.

TOP STORIES

Top List in the World