- Streik und Großdemo in Brüssel gegen Verlust von 3000 Jobs bei Audi
- Millionen Arbeitsplätze in Europa bedroht: Autoindustrie schlägt Alarm
- Deutsche Werke von VW, Opel, Ford und Tesla alle nicht ausgelastet
„Deindustrialisierung in Europa“
Schließung von Audi-Werk löst Massenproteste und Streiks aus: Blaupause für Volkswagen-Krise?
Die Schließung des Audi-Werks in Brüssel trifft auf massiven Widerstand. Die Angst vor einem industriellen Niedergang in Europa wächst.
Brüssel – Die belgische Hauptstadt Brüssel könnte ein Vorbild für das sein, was Deutschland erwartet, wenn Volkswagen tatsächlich ein Werk im Land schließt. Eine Großdemonstration mit einer erwarteten Teilnehmerzahl zwischen 10.000 und 15.000 Menschen ist für Montag, den 16. September, geplant, um gegen die vorgesehene Schließung des Audi-Werks in Brüssel zu protestieren. Als Zeichen der Solidarität wird auch der öffentliche Nahverkehr in der belgischen Metropole bestreikt. Tram, Metro und Busse fahren nur begrenzt.
Streik und Großdemo in Brüssel gegen Verlust von 3000 Jobs bei Audi
Der Streik und die Großdemonstration richten sich jedoch nicht nur gegen die Werksschließung bei Audi, sondern auch gegen das Gefühl des Niedergangs in Europa. Die belgischen Gewerkschaften FGTB-CSC-CGSLB sehen den Fall Audi als „nur die Spitze des Eisbergs, wenn es um die weit verbreitete Deindustrialisierung in Europa und Belgien geht“, so die Brussels Times. Daher fordern die Gewerkschaften eine „Politik der Reindustrialisierung“.
Die belgische Klimakoalition, eine Allianz aus 90 sozialen Organisationen, die sich für die Klimapolitik einsetzen, bekundete ebenfalls ihre Solidarität mit all denjenigen, die unter „die Entscheidungen der Volkswagen Gruppe leiden“. Der Verlust von 3.000 Arbeitsplätzen sei ein „Symbol eines gescheiterten Strukturwandels“, zitiert die Brussels Times die Organisation.
Millionen Arbeitsplätze in Europa bedroht: Autoindustrie schlägt Alarm
Um dies zu verhindern, wird vorgeschlagen, einen Notfallartikel zu nutzen, der bereits während der Corona-Krise zum Einsatz kam. Nach der im Papier vertretenen Meinung könnte die EU-Kommission so die Einführung strengerer Vorgaben um zwei Jahre verschieben. Auch VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hat eine Verschiebung gefordert. Der deutsche Auto-Lobbyverband VDA drängt darauf, dass früher als vorgesehen überprüft wird, ob die EU-Vorgaben machbar sind.
„Der Vorstoß ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten: Die Autohersteller haben in den letzten zwei Jahren über 130 Milliarden Euro Gewinn gemacht und hatten genügend Zeit, sich auf das seit 2019 bekannte CO₂-Ziel vorzubereiten“, sagte Sebastian Bock, Geschäftsführer der Umweltorganisation Transport & Environment Deutschland. Jetzt forderten sie, dass ein Notstand ausgerufen werde, um weiterhin schmutzige Autos verkaufen können.
Deutsche Werke von VW, Opel, Ford und Tesla alle nicht ausgelastet
Die Schwierigkeiten in der Automobilindustrie betreffen Hersteller in ganz Europa, einschließlich Deutschland. Im Durchschnitt waren die deutschen Werke von Volkswagen, BMW, Mercedes & Co. im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln ausgelastet. Das geht aus einer Auswertung des Datenspezialisten Marklines für die Deutsche Presse-Agentur hervor. Alle Standorte zusammen könnten laut den Angaben pro Jahr 6,2 Millionen Autos liefern. 2023 waren es nur gut 4,1 Millionen.
Die Marklines-Daten zeigen dabei erhebliche Unterschiede zwischen den Standorten. Während Porsche Stuttgart 2023 mit fast 100 Prozent nahezu voll ausgelastet war und Audi Ingolstadt und BMW München mit fast 90 Prozent nur wenig schlechter abschnitten, erreichte Opel Eisenach nicht einmal 30 Prozent der möglichen Kapazität. Auch das Ford-Werk in Köln war nur zu gut einem Drittel ausgelastet.
Das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim erreichte immerhin 60 Prozent. Andere große Standorte waren nur etwa zur Hälfte ausgelastet, darunter die Stammwerke von VW und Mercedes-Benz in Wolfsburg und Sindelfingen. Auch das 2022 neu eröffnete Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin erreichte nur 51 Prozent.
Die Probleme in der Automobilindustrie sind auf die schwache Nachfrage nach Elektroautos und die gleichzeitig steigende Konkurrenz aus China zurückzuführen. Chinesische Autobauer können das tun, was den hiesigen Unternehmen nicht gelingt: Günstige Modelle anbieten. Die Branche wird in China aber auch staatlich subventioniert. BYD, SAIC, Cherry, Xpeng – sie sind auch in Europa auf dem Vormarsch. BYD verkauft in der Heimat China mittlerweile mehr E-Autos als Volkswagen, der bisher der Marktführer war. Jedes zweite neu verkaufte Auto in China ist mittlerweile ein Elektroauto. (mit Material von dpa)