Auf unsere Frage im Interview schien Volvo-Cars-CEO Jim Rowan regelrecht gewartet zu haben: Wie viele Plattformen wird Volvo künftig für seine Palette brauchen? Rowans Augen blitzen: Eine!
Lego aus Schweden: Volvos neuer „Super-Baukasten“
Das „Volvo Cars Superset“ lässt sich wie ein Baukasten auf verschiedene Arten und unterschiedliche Fahrzeugtypen anwenden. Jedes künftige Modell nutzt einzelne Bausteine aus dem Paket, das kontinuierlich erweitert und verbessert wird. Das Unternehmen kann sich gezielt auf die (Weiter-) Entwicklung eines einheitlichen Technikbaukastens konzentrieren.
Dadurch werden laut Rowan alle Volvo Modelle mit der Zeit immer besser – und profitieren voneinander: Die Arbeiten am neuen Volvo EX90 kommen beispielsweise der folgenden Volvo ES90-Limousine zugute. Die Erfahrungen mit der vollelektrischen Limousine fließen wiederum in die Entwicklung des Volvo EX60 und die kontinuierliche Verbesserung des Volvo EX90 ein. Ausgenommen sind hier (noch) die 30er- und 40er-Modelle. Sie stehen auf separaten Baukästen. Aber: Antriebe und Infotainment des EX90 kennt man wiederum auch schon vom EX30.
„Unsere Ingenieure arbeiten an einem Baukasten, dessen Fähigkeiten und Funktionen ständig verbessert, erweitert und ausgebaut werden. Die Folge sind eine höhere Qualität, eine schnellere Markteinführung und immer bessere Autos.“
In sich geschlossener Entwicklungskreislauf – Informatik wird noch wichtiger
Der Superset-Ansatz steht sinnbildlich für eine neue übergreifende Idee, wie Volvo Cars Autos produzieren wird. Dazu entwickeln die Schweden einen geschlossenen Kreislauf auf der Basis von Daten, Konnektivität, Software und Core Computing. Die Umstellung auf diese Kerninformatik ist mindestens genauso wichtig wie der Schritt in die Elektrifizierung. Sie wirkt sich auf alles aus, was mit dem elektrischen Fahrzeugsystem verbunden ist. Laut Rowan beschäftigt man allein dafür ein Team von fast 900 Mitarbeitern. Dieser Ein geschlossene Entwicklungskreislauf soll es Volvo Cars ermöglichen, jeden Aspekt des Fahrzeugs zu verbessern – durch Echtzeit-Einblicke und fortschrittliche Rechenkapazitäten, aber auch durch den gezielten Einsatz der Ingenieure in den Forschungs- und Entwicklungszentren.
Einer der Grund-Bausteine für jedes künftige Volvo Modell ist immer noch die elektrische Basis: eine Kombination aus den neuesten Antriebs-, Elektro- und Elektroniksystemen, auf denen das Fahrzeug aufbaut. Und um hier ganz vorn zu bleiben, entwickelt der Premium-Automobilhersteller eine ganz neue vollelektrische Technikplattform, der Superset zugrunde liegt. Das erste Modell auf der SPA3 genannten Architektur ist das vollelektrische Mittelklasse-SUV Volvo EX60, das schon bald vorgestellt wird.
Extrem: Der neue Superbaukasten könnte noch kleinere Modelle als den EX30 bis hin zu größeren Modellen als den EX90 abbilden.
Aufbauend auf der SPA2 (Scalable Product Architecture 2), profitiert die neue SPA3-Plattform von mehreren wichtigen Verbesserungen: Eine erhöhte Kernrechenleistung ermöglicht beispielsweise mehr Leistung und einen kontinuierlichen Ausbau der technologischen Funktionen. Die wichtigste Änderung ist jedoch die noch stärkere Skalierbarkeit der SPA3-Architektur.
Dadurch kann das Unternehmen Fahrzeuge jeder Größenordnung auf der gleichen technischen Basis entwickeln und bauen – auch Modelle, die größer als der Volvo EX90 und kleiner als der Volvo EX30 wären. Der Vorteil dieser modularen Anpassungsfähigkeit sind niedrigere Investitionskosten im Verhältnis zum Umsatz, was sich positiv auf den Cashflow auswirkt.
Niedrigere Produktionskosten durch Megacasting und Co.
Volvo Cars schafft durch die skalierbare SPA3-Architektur mehr Synergien und verbessert die Effizienz mit Blick auf Core Computing, Batterien, E-Motoren, Megacasting und modulare Fertigung – alles Faktoren, durch die sich die Produktionskosten von Autos deutlich senken lassen. Das Volvo Stammwerk im schwedischen Torslanda, das derzeit auf die künftige Fertigung von SPA3-Modellen vorbereitet wird, dient als Blaupause. Alle für die Fahrzeugproduktion eines Autos erforderlichen Kapazitäten befinden sich in der gleichen Region. Werden in SPA3-Modellen die gleichen Schlüsselkomponenten verwendet, verringert sich die Komplexität und erhöht sich die Flexibilität – ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes.
Bei Volvo braut sich was zusammen – im positiven Sinne: Nach den neuen EX30 und EX90 rollt man mit ES90 und EX60 bald weitere neue Stromer aus, wobei der EX60 dann einen ganz großen Schritt markiert. Man darf gespannt sein!
