Die Außenseite des Mercedes-Automobilwerks in Vance, Alabama.
Die amerikanische Gewerkschaft United Auto Workers hat in ihren Bemühungen, in den Werken ausländischer Autohersteller einzuziehen, einen schweren Rückschlag erlitten. Eine Mehrheit der Mitarbeiter in den beiden Werken von Mercedes-Benz im Bundesstaat Alabama stimmte dagegen, sich künftig von ihr vertreten zu lassen. Das Unternehmen hat hier eine Produktionsstätte für Autos und eine für Batterien, in denen insgesamt mehr als 5000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Erst im April hatten sich noch die Beschäftigten des Volkswagen-Werks in Tennessee mit einer klaren Mehrheit von 73 Prozent für einen Einzug der UAW ausgesprochen. Bei Mercedes-Benz waren nun 56 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen die Gewerkschaft.
Die Ausgangslage änderte sich im vergangenen Herbst, als die UAW in Tarifgesprächen mit GM, Ford und Stellantis erhebliche Lohnerhöhungen herausholen konnte. Dies nutzte sie für den Start einer breit angelegten Kampagne, um auch andere Hersteller gewerkschaftlich zu organisieren.
Neben den deutschen Unternehmen nahm sie dabei auch den amerikanischen Elektroautohersteller Tesla ins Visier, dessen Vorstandschef Elon Musk ein erklärter Gegner von Gewerkschaften ist. Womöglich um der UAW den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben viele Unternehmen, bei denen sie bislang nicht vertreten ist, nach der Tarifrunde mit den US-Herstellern selbst ihre Löhne deutlich erhöht.
Die Niederlage für die Gewerkschaft war etwas überraschend, allerdings hatten Beobachter damit gerechnet, dass es für sie diesmal schwieriger werden könnte als bei VW in Tennessee. In Alabama schlug ihr in den vergangenen Wochen besonders viel Feindseligkeit entgegen. Gouverneurin Kay Ivey machte Stimmung gegen sie und nannte sie eine „Bedrohung“ für die Wirtschaft des Bundesstaates, Nathaniel Ledbetter, der Sprecher des Abgeordnetenhauses in Alabama, beschrieb sie als „Blutsauger“. Erst zu Beginn dieser Woche wurde hier ein Gesetz verabschiedet, nach dem Unternehmen künftig Subventionen der öffentlichen Hand verweigert werden sollen, wenn sie Entgegenkommen gegenüber Gewerkschaften zeigen, zum Beispiel indem sie sie freiwillig in ihrem Betrieb anerkennen.
Erst vor wenigen Wochen konnte die UAW noch einen Erfolg beim Lastwagenhersteller Daimler Truck feiern, der früheren Konzernschwester von Mercedes-Benz. In dessen Werk im Bundesstaat North Carolina ist sie vertreten, und hier konnte sie in Tarifgesprächen ähnliche Lohnerhöhungen aushandeln wie im vergangenen Herbst mit den amerikanischen Autoherstellern. Das ließ aber die Mehrheit der Mercedes-Mitarbeiter in Alabama offenbar unbeeindruckt.
Mercedes-Benz hat wie auch schon VW offiziell keine Position für oder gegen die UAW bezogen und gesagt, die Rechte seiner Belegschaft auf die Bildung von Arbeitnehmervertretungen zu respektieren. Das Unternehmen hat aber im Vorfeld der Abstimmung signalisiert, dass ihm ein Scheitern der Gewerkschaft lieber wäre. Die UAW hat ihm wie zuvor auch schon VW vorgeworfen, illegale Methoden einzusetzen und sogenanntes „Union Busting“ zu betreiben, um die Gewerkschaft fernzuhalten.
Sie hat dazu mehrere Beschwerden bei der zuständigen amerikanischen Arbeitsbehörde National Labor Relations Board (NLRB) eingereicht. Auch in Deutschland hat sie sich offiziell beschwert. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle reklamierte sie einen Verstoß gegen Vorschriften im neuen Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Wahrung von Menschenrechten verpflichtet, worunter auch freie Gewerkschaftsbildung fällt.