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Mercedes E 220d T im Test: Dieser Kombi ist ein Kilometerfresser

Der Diesel hat schon viel Schelte abbekommen. Doch von Vielfahrern wird er noch immer bevorzugt. Und der sparsame Mercedes E 220d T zeigt, warum das so ist. Der Business-Kombi im kicker-Test:

mercedes e 220d t im test: dieser kombi ist ein kilometerfresser

Plädoyer für den Diesel: Das T-Modell vom Mercedes E 220d. Hersteller

Was er ist:

Ein 4,95 Meter langer Edelkombi, der in den Premium-Gefilden der automobilen Business-Class zuhause ist. Das profane Wort “Kombi” taucht freilich weder am Fahrzeug selbst noch in der Preisliste auf. Traditionell wird die ladefreudigere Alternative zur Limousine bei Mercedes mit dem Kürzel “T” gekennzeichnet, was ursprünglich für “Transport und Touristik” stand und die Bestimmung der Fahrzeuge schon vorgab. Das erste T-Modell kam 1977 auf den Markt und war die Kombiversion der Baureihe W 123. Die aktuelle und erst seit September 2023 verkaufte Generation der E-Klasse wird als W 214 (Limousine) beziehungsweise S 214 (T-Modell) geführt. Noch einmal zur Länge: Hier liegen Limousine und T-Modell gleichauf.

Wie er aussieht:

Klassisch-elegant, wohlproportioniert, mit langer Motorhaube, verhältnismäßig weit zurückgesetzter Passagierkabine und sanft abfallender Dachlinie. Das Gesamtarrangement strahlt selbstbewusste Ruhe aus, die einzige Verspieltheit, die sich das T-Modell leistet, sind die kleinen Mercedes-Sternchen in der Heckleuchtengrafik, die dürfen dann auch sein. Der Front-Stern steht nur beim “Exclusive”-Modell auf der Motorhaube, ansonsten wird er als Zentralgestirn in den Kühlergrill integriert. Serienmäßig sind die flächenbündig versenkten Türgriffe, die automatisch ausfahren, wenn der Fahrer beziehungsweise die Fahrerin mit dem Schlüssel an das Auto herantritt. Obwohl er – anders als der vollelektrische EQE – nicht nach im Windkanal glattgeschliffener und persönlichkeitsarmer Kantenlosigkeit aussieht, bringt es der “T” auf einen sehr guten cW-Wert ab 0,26.

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Wie er eingerichtet ist:

Nobel, luxuriös und stilsicher. Vorzüglich die Haptik, bis auf wenige Ausnahmen gediegen die Materialauswahl, bestens die Verarbeitung. Während andere Hersteller wie Volvo oder Tesla am Armaturenträger auf Minimalismus setzen und die wichtigsten Lebensfunktionen des Fahrzeugs (weitgehend) in einem einzigen XXL-Monitor bündeln, tut Mercedes das genaue Gegenteil. Der brillant bildgebende Superscreen (1773 Euro), der das blitzschnelle MBUX-Infotainment beherbergt, nimmt die gesamte Fahrzeugbreite ein und beinhaltet sogar einen eigenen Bildschirm für den Kopiloten respektive die Kopilotin, der/die so Einblick in die Navigation oder die Radioprogramme nehmen kann, während der Fahrt aber auch Videos streamen oder sich mit Spielen verlustieren darf. “Darf” deshalb, weil ein Sichtschutz sicherheitshalber verhindert, dass der Mensch am Steuer teilhat am digitalen Unterhaltungsprogramm nebenan. Digitaler Overkill oder faszinierend? Das ist letztlich eine Frage des Geschmacksempfindens.

Kein Zweifel besteht an der Kompetenz der überaus verständigen Sprachassistenz, die sogar kompliziertere Satzgebilde versteht und es so häufig erspart, sich in die Tiefen des Infotainments mit seinen gefühlt tausendundeins Möglichkeiten begeben zu müssen. Und wer unterwegs ein Selfie anfertigen lassen möchte, kann damit eine Kamera auf dem Armaturenträger betrauen, die auch die Teilnahme an Videokonferenzen ermöglicht. Das mobile Endgerät schließlich dient auf Wunsch als digitaler Fahrzeugschlüssel, “Key Sharing” mit bis zu 16 Personen und unterschiedlichen Berechtigungen inklusive.

Mercedes-Klassiker sind der Fahrstufen-Wählhebel am Lenkrad und die genial intuitive Verstellbarkeit der Fauteuils über stilisierte Sitze an den Türinnenseiten. Weniger gut gefallen hat uns das funktionell ziemlich überfrachtete Lenkrad mit seinen winzigen Touchflächen.

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Wie viel Platz er hat:

Mit dem T-Modell der E-Klasse lässt es sich prächtig reisen, dank des langen Radstands (2,96 Meter) bietet der Kombi seinen Insassen bequeme Bewegungsfreiheit, im hinteren Abteil bekommen es größer gewachsene Passagiere allerdings mit etwas limitiertem Raum für die Beine zu tun. Der Kofferraum ist nicht mehr so opulent, wie ihn die Fahrer und Fahrerinnen früherer E-Klasse-Kombis in Erinnerung haben, dennoch lässt er sich in puncto Platzangebot und Funktionalität nichts nachsagen. Hinter der elektrisch öffnenden Heckklappe warten 615 bis 1830 Liter Stauraum, mit feiner Auslegeware ausgekleidet, zugänglich über eine niedrige Ladekante und mit einem Unterflurfach ausgestattet.

Was ihn antreibt:

Im Mercedes E 220d T ist ein mildhybridisierter und 145 kW/197 PS starker Zweiliter-Vierzylinder-Diesel am Werk, der ein Drehmoment von 440 Newtonmetern produziert. Mildhybridisiert bedeutet, dass dem Common-Rail-Selbstzünder ein E-Motor mit zusätzlichen 17 kW/23 PS und 205 Newtonmetern zuarbeitet, was einerseits eine unterstützende elektrische Boost-Wirkung und andererseits einen Effizienz-Gewinn bewirkt. Eine sorgfältige Abgasnachbehandlung stellt die vorschriftsmäßige Einstufung in die Schadstoffklasse Euro 6e sicher. Serienmäßig übernimmt eine Neunstufen-Wandlerautomatik (9G-Tronic) den Transfer der Antriebsleistung an die Hinterräder.

Den 220d gibt es auch mit Allrad (4Matic). Und als weitere Antriebe stehen – ebenfalls mildhybridisierte – Zwei- und Dreiliter-Benziner mit vier beziehungsweise sechs Zylindern sowie ein Dreiliter-Sechszylinder-Diesel bereit, außerdem bis 100 Kilometer reichweitenstarke Plug-in-Hybride, bei denen wahlweise ein Benziner oder (Mercedes-Besonderheit) ein Diesel den Verbrennerpart übernimmt.

Wie er sich fährt:

Die Reisequalitäten des Mercedes manifestieren sich auch in seinen Fahreigenschaften. Der drehmomentstarke, kultivierte Zweiliter-Diesel ist eine vorzügliche und kräftetechnisch völlig ausreichende Antriebsquelle, die keinerlei Anlass liefert, die Abwesenheit eines Sechszylinders zu betrauern. Wohlgedämmt leise bleibt es im Cockpit, nur bei nachdrücklicherer Leistungsabforderung mischt sich vorübergehend ein etwas kernigerer Sound unter die ansonsten dezente Tonlage.

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Eine luftgefederte Hinterachse ist bei den E-Klasse-Mildhybriden serienmäßig. Unser Testwagen war gleich mit dem volltragenden Luftfederfahrwerk “Airmatic” samt Verstelldämpfung bestückt, das Unzulänglichkeiten im Straßenbelag sensibel glattbügelt, auch Wellen versetzen den Kombi nicht in Unruhe. Die Lenkung spricht weich und feinfühlig an, auch hierfür gibt es ein Lob. Die für die E-Klasse-Limousine erhältliche Hinterachslenkung, die den Wendekreis spürbar verringert, wird für das T-Modell allerdings nicht angeboten. Grund: Die Radhäuser hätten breiter gestaltet werden müssen, was zulasten des Kofferraumvolumens gegangen wäre.

Bei den Fahrassistenten ist der Mercedes – immer abhängig von der Investitionsbereitschaft seiner Käufer – umfangreich aufgestellt. Leisten sollte man sich das Fahrerassistenz-Paket Plus (2135 Euro), das den Wagen unter anderem automatisch und sanft abbremsend auf Abstand zum Vordermann hält, Tempolimits liest und die Geschwindigkeit entsprechend einstellt sowie automatisiertes Überholen ermöglicht. Der Level-3-Drive-Pilot, der es gestattet, dauerhaft die Hände vom Lenkrad zu nehmen, bleibt allerdings den Oberklasse-Modellen S-Klasse und EQS vorbehalten. Gut gelöst hat es Mercedes, wie die gesetzlich vorgeschriebene, aber mitunter nervige (da schon bei geringfügigster Tempoüberschreitung Alarm gebende) Geschwindigkeitsüberwachung zum Schweigen gebracht werden kann: Ein Tipp auf die Tempolimit-Anzeige im Zentralbildschirm oder auf die Stummtaste am Lenkrad genügt, alternativ kann die Sprachassistenz mit der Deaktivierung beauftragt werden.

Was er verbraucht:

Wenig, zumal für ein immerhin fast zwei Tonnen schweres und knapp fünf Meter langes Kaliber. Dank des 66-Liter-Tanks sind im Idealfall Reichweiten von über 1100 Kilometern machbar. Ohne Probleme ist es möglich, den 220 d unter sechs Liter zu drücken, zurückhaltend und überwiegend abseits der Autobahn bewegt, hat sich unser Testwagen mit 5,2 l/100 km begnügt. Erst auf der schnellen Langstrecke klettert der Verbrauch über sieben Liter. Als Schnitt haben wir 6,3 l/100 km festgehalten. Da weiß man wieder, was man an einem Diesel hat.

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Was er bietet:

Serienmäßig unter anderem flächenbündige Türgriffe mit Keyless-Go, 17-Zoll-Leichtmetallräder, Ambientebeleuchtung, 12,3-Zoll-Fahrer- und 14,4-Zoll-Zentraldisplay, Rückfahrkamera, MBUX-Navi-Infotainment, teilelektrische Komfortsitze, Sitzheizung vorn, Klimatisierungsautomatik, kabelloses Smartphone-Laden, elektrisch öffnende und schließende Heckklappe, aktiver Abstands- und Parkassistent, adaptiver Fernlichtassistent, Totwinkel-Assistent, Verkehrszeichenassistent sowie Agility-Control-Fahrwerk mit selektivem Dämpfungssystem. Wer sich für die Farbe Schwarzmetallic entscheidet, kommt auch hier ohne Aufpreis davon. Trotzdem bleibt noch vieles, was man als Extra ankreuzen kann.

Was er kostet:

Ab 66.819 Euro.

Was wir meinen:

Der Mercedes E 220 d T ist ein Reisewagen, wie man ihn sich besser kaum vorstellen kann, auch und gerade mit dem Basis-Diesel, der gleichermaßen kraftvoll wie kultiviert und obendrein sehr sparsam agiert. Pluspunkte sammelt der Kombi auch mit seinem hervorragenden und schnell zu durchdenkenden Infotainment sowie dem komfortablen Platzangebot. Als Kritikpunkt bleibt neben der für ein so großes Fahrzeug doch etwas knappen Beinfreiheit im Fond sowie der überfrachteten Funktionsvielfalt am Lenkrad eigentlich “nur” der hohe Preis anzumerken. Unser Testwagen kam inklusive aller Extras auf 106.000 Euro. Da dürfte bei vielen Käufern die finanzielle Schmerzgrenze sehr deutlich überschritten sein.

Ulla Ellmer

Datenblatt Mercedes E 220 d T-Modell

Antrieb Mildhybridisierter Common-Rail-Diesel, Neunstufen-Wandlerautomatik, Hinterradantrieb

Hubraum 1993 ccm

Zylinder 4

Leistung 145 kW/197 PS bei 3600 U/min

max. Drehmoment 440 Nm bei 1800 – 2800/min

Zusätzliche elektrische Leistung 17 kW/23 PS

zusätzliches Drehmoment (Boost) 205 Nm

Höchstgeschwindigkeit 230 km/h

Beschleunigung 0 – 100 km/h 7,9 sec

Kraftstoff Diesel

Normverbrauch WLTP 5,7 – 5,0 l/100 km

Testverbrauch 6,3 l/100 km

CO2-Emission 149 – 131 g/km

Schadstoffnorm Euro 6e

Energie-Effizienzklasse E-D

Länge 4,95 m

Breite 1,88 m ohne, 2,07 m mit Außenspiegeln

Höhe 1,47 m

Sitzplätze 5

Gepäckraum 618 – 1830 l

Kraftstoff-Tank 66 l

Leergewicht 1970 kg

Zuladung 645 kg

Anhängelast 750 kg (ungebremst), 2100 kg (gebremst)

Stützlast 84 kg

Dachlast 100 kg

Reifengröße 225/60R17

Preis ab 66.819 Euro

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