Wir sprechen mit Hans Werner Aufrecht und seinem Team über die Herausforderung, die Legende wiederzubeleben
Wenn Sie den Namen Hans Werner Aufrecht nicht kennen, dann kennen Sie mit Sicherheit seine Arbeit. Er ist einer der Gründungsgesellschafter von AMG und sorgt seit 1967 dafür, dass die besten Autos von Mercedes-Benz (und diverse andere) auf und abseits der Rennstrecke sehr sehr schnell sind. Mercedes holte sich AMG im Jahr 2005 endgültig ins eigene Haus, und Aufrecht gründete daraufhin sein eigenes Zentrum der Geschwindigkeit: HWA.
Ähnlich wie AMG entwirft, baut und entwickelt HWA komplexe und schnelle Autos für die Straße, für Rennen und sogar für die Forschung. Dafür zu sorgen, dass die Autos anderer Leute schnell sind, ist eine Sache. Aber das Unternehmen hat beschlossen, dass es jetzt an der Zeit ist, ein eigenes Auto zu bauen. Sagen Sie Hallo zum HWA EVO.
HWA
Es handelt sich um eine Neuinterpretation des legendären Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evo II. Ein Auto, bei dem zumindest mal die meisten Autofans über 35 weiche Knie bekommen. Der HWA Evo treibt das Konzept nun auf die Spitze. Er verfügt über einen 3,0-Liter-Biturbo-V6, der bis zu 500 PS leistet und das Auto maximal 300 km/h schnell macht.
Auf dem Goodwood Festival of Speed 2024 sprachen wir mit Aufrecht, HWA-CTO Gordian von Schöning und CEO Martin Marx, um mehr über die Kreation des Unternehmens zu erfahren. Aber zunächst einmal sei die Frage erlaubt: Warum gerade jetzt?
“Wir haben uns für unser eigenes Auto entschieden, weil wir uns alle in einer Übergangsphase befinden und ein eigenes Produkt brauchen”, sagt Marx. “Es ist natürlich auch eine geschäftliche Chance, denn in der Vergangenheit waren wir immer der Hidden Champion”.
Die Wahl des Fahrzeugs ist ein wichtiger Faktor. Der 190E 2.5-16 Evo II wird von so vielen verehrt, dass es durchaus Sinn macht, ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Wenn man sich einige der größten Straßenauto-Hits von HWA – unter anderem den AMG CLK DTM oder den Apollo IE – fühlt sich das als Startpunkt … richtig an.
Marx fährt fort: “Vor allem in Europa ist es, glaube ich, das kultigste Mercedes-Auto, mit dem wir Rennen gefahren sind. Herr Aufrecht war derjenige, der Mercedes sagte, sie müssten etwas tun. Wir brauchen einen richtigen Rennwagen, einen homologierten Basiswagen, um auf der Rennstrecke wettbewerbsfähiger zu sein. So hat es mit diesem Auto also wirklich angefangen.”
Ein besseres Projekt hätte man sich zum Start also kaum aussuchen können, allerdings soll das erst der Anfang sein: “Es gibt auch andere Autos, die diese Neuinterpretation erhalten sollten”, fügt Marx hinzu. Welche Autos das sein werden, bleibt vorerst ein Geheimnis.
Das Auto selbst verspricht, ein technisches Meisterwerk zu werden. Mit einem Preis ab circa 700.000 Euro (plus Umsatzsteuer) und einer Auflage von nur 100 Exemplaren werden die Kunden, die HWA ansprechen will, nichts anderes als Perfektion akzeptieren. Um HWA zu verstehen, muss man sich ansehen, was das Unternehmen in der Vergangenheit geleistet hat. Zukünftige Kunden werden also herausragende Arbeit erwarten.
“Wir wollten zeigen, was wir können. Alle Projekte, die wir durchgeführt haben, waren für andere Marken. Wir wollten mehr Sichtbarkeit aufbauen, um zu zeigen, was wir können”, sagt von Schöning.
Von Schöning erklärt weiter, dass der Entwicklungsprozess des ersten HWA-Autos damit begann, Käufer von Rennwagen zu fragen, was diese von einem Auto erwarten würden. Es stellte sich heraus, dass selbst die Superreichen die gleichen Bedenken gegenüber Klassikern haben wie wir alle – sie lieben die Idee, finden sie aber teuer, empfindlich und auf der Rennstrecke nicht so aufregend, wie sie es gerne hätten. Ein ikonisches Fahrzeug zu nehmen und es auf den neuesten Stand zu bringen, war demnach der logische Schritt.
Mit dem Evo schien man also den Sweetspot gefunden zu haben, aber zu Beginn des Projekts ließ man der Fantasie trotzdem erstmal freien Lauf. “Wir begannen mit der Idee, ein Karbonmonocoque als Basischassis zu verwenden, einen eigenen Motor zu haben… diese Dinge schwebten uns am Anfang vor”, kommentiert von Schöning, “ich bin so froh, dass Martin [Marx] sagte: ‘Hey, das wird ein Straßenauto, macht nicht so einen Quatsch damit, und wir müssen 100 davon verkaufen.”
Gelegentlich gibt es selbst bei einem streng limitierten 7xx.000-Euro-Auto Grenzen.
“Um ehrlich zu sein, ist die Motorleistung noch nicht final abgesegnet”, sagt von Schöning. Und unsere Entwicklungsabteilung ist sehr konservativ. Sie sind nicht gerade dafür bekannt, anzugeben.”
Die Zielwerte klingen auf dem Papier richtig gut, aber letztlich wird man ausprobieren müssen, was zuverlässig und fahrbar ist.
Als das Auto der Öffentlichkeit präsentiert wurde, gab es eine Welle der Begeisterung. Einige große, bekannte Namen stehen laut HWA bereits auf der Liste der Käufer. Aufrecht ist sich bewusst, dass es für den Hype einen gewichtigen Grund gibt.
“Sie haben eine lange Geschichte mit diesen Autos. Zu der Zeit, als sie sie zum ersten Mal fuhren, waren es die allerbesten”, sagt er. “Heute, Jahre später, ist die Philosophie dieser Autos eine völlig andere. Was wir heute tun, ist, unseren Kunden alte Autos mit der Philosophie neuer Autos zu zeigen. Das ist es, was unsere Kunden wollen.”
Wenn der HWA EVO endlich auf die Straße kommt, spricht viel dafür, dass er absolut großartig sein wird. Wir können vermutlich bald ausprobieren, wie großartig.
