Den Cabrios und Roadstern geht die Puste aus? Von wegen: Mit dem Cyberster setzt MG jetzt sogar die Generation E an die frische Luft. Erster Fahrbericht!
- Beim MG Cyberster ist der Name Programm
- Der Akku des Elektro-Roadsters liegt schwer
- Die Topversion sticht so manchen Porsche aus
Der Himmel grau, die Luft feucht und die kurvenlosen Straßen meist verstopft – es gibt bessere Ecken für die Jungfernfahrt in einem Roadster als der staubige Speckgürtel von Peking.Doch wenn ausgerechnet die Chinesen das erste ernsthafte Open-Air-Modell für die Generation E bauen, dann darf man nicht wählerisch sein und muss die Gelegenheit beim Schopfe packen. Denn den seligen Smart fortwo oder den Fiat 500 mit ihren Faltdächern kann man kaum ernsthaft als Frischluft-Fahrzeuge durchgehen lassen, und das neue Maserati Gran Cabrio Folgore kann sich doch kaum einer leisten.MG dagegen verkauft seinen offenen Zweisitzer namens Cyberster in China ab umgerechnet knapp 42.000 Euro. Wenn er vermutlich leider erst kurz nach den Sommerferien 2024 zu uns nach Deutschland kommt, sollte es schätzungsweise bei nicht viel mehr als 60.000 Euro losgehen.
Bild: Thomas Geiger / AUTO BILDAlso stehe ich auf einem staubigen Campingplatz eine Stunde außerhalb der chinesischen Hauptstadt und lasse den Blick über den Zweisitzer wandern, der in Wirklichkeit viel größer wirkt als auf den ersten Fotos – und für einen Traditionshersteller mit jetzt genau 100 Jahren Geschichte erfreulich modern aussieht.Ja, die Marke ist – damals noch in britischer Hand – groß geworden mit dem MGB und hat es um die Jahrtausendwende beim MG TF noch einmal mit einem Roadster alter Schule versucht. Doch beim Cyberster ist der Name Programm, und die chinesischen Nachlassverwalter schauen weit nach vorn.
Beim MG Cyberster ist der Name Programm
Bild: Thomas Geiger / AUTO BILDDrinnen erwartet den Fahrer ein digitales Triptychon, das sich hinter dem konventionell mit Schaltern gepflasterten Lenkrad ausbreitet, und eine Mittelkonsole mit ungewöhnlich grobschlächtigen Tastern neben dem Klima-Display – einen für die Fahrtrichtung, zwei für die Türen und einen fürs Dach, das sich bis Tempo 50 auch während der Fahrt hinter die Sitze faltet.Spätestens dann lösen sich alle Verwunderung und die vereinzelte Kritik in jener Luft auf, die mir sofort an den Haarspitzen zupft – und der Cyberster wird doch wieder zu einem Roadster nach alter Väter Sitte. Offen, ehrlich, direkt – nur dass er dabei flüsterleise bleibt.Aber dafür kann man das mit der frischen Luft diesmal doppelt deuten – selbst wenn es rund um Peking ganz sicher größere Probleme gibt als den Auspuff eines derart raren Roadsters.
Der Akku des Elektro-Roadsters liegt schwer
Klar ist dieses Auto nicht so handlich und unvermittelt wie seine Ahnen. Dafür liegt ihm der Akku buchstäblich zu schwer im Bauch. Und bis sie mit dem Export anfangen, dürfen sie Fahrwerk und Bremsen und vor allem die Lenkung gerne noch ein bisschen nachwürzen. Denn so scharf es die Chinesen beim Essen mögen, so milde stimmen sie ihre Autos ab. Das mag für Limousinen und SUV auch so passen, aber bei einem Sportwagen kann ein bisschen Pfeffer nicht schaden.
Die Topversion sticht so manchen Porsche aus
Aber wer es ernst meint mit der Sturmfrisur, der nimmt die Version mit Dualmotor und Allradantrieb, die so manchen Porsche aussticht. Denn dann stehen 510 PS und 725 Nm im Datenblatt, und die Sprintzeit schrumpft auf 3,2 Sekunden. Nur das Spitzentempo ist nicht nennenswert höher, und auch dem Topmodell geht bei rund 200 Sachen die Puste aus.Aber das reicht, um die Föhnfrisur auf eine harte Probe zu stellen. Und diese Probe kann dauern. Schließlich schrauben die Chinesen Akkus mit 64 oder 77 kWh in den Boden und stellen WLTP-Reichweiten von bestenfalls über 500 Kilometern in Aussicht.
Bild: Thomas Geiger / AUTO BILDSo weit muss man selbst im Umland von Peking nicht fahren, bis man mal ein paar Kurven findet und sich der restliche Verkehr verflüchtigt. Einsam und eilig folgt der Cyberster deshalb jetzt den Ufern des Shagou Rivers und freut sich über jede Schleife, die Mutter Natur in den Flusslauf gewunden hat. Denn wie das Wasser, so die Straße – und mit dem Lenkwinkel gehen auch die Mundwinkel nach oben.Irgendwann ist selbst der graue Himmel vergessen und die feuchte Luft. Und China fühlt sich plötzlich an wie die Côte d'Azur. Denn Roadster, das war früher so und das wird immer so bleiben, ist keine Frage der Kartografie, sondern reine Kopfsache.