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Toyota GR86: Test, Sportwagen, PS, Preis

Warum der Toyota GR86 eigentlich GR94 heißen müsste – und ob mehr Hubraum und ein steiferes Chassis aus dem Spaßmacher einen Sportwagen machen, das alles erfahren Sie hier.

Was soll das denn?  Ein Auto, das auf der Rennstrecke nichts reißt und geradeaus von jedem popeligen GTI überholt wird? Und das in einem Supertest in AUTO BILD SPORTSCARS? Empörte sich Kumpel David letztens bei einem Benzin-Bierchen (alkoholfrei) an der Tanke. Das sei nicht mehr zeitgemäß, das Auto sehe man auf keiner Rennstrecke, die würden nur zum Driften missbraucht und so weiter.


Ich argumentierte dagegen: Saugmotor, Schaltgetriebe, Hinterradantrieb – wo gibt’s das noch? Diese Art von Sportwagen stirbt aus, der GR86 dürfte einer der Letzten seiner Art sein. Dieses Auto richtet sich an die, die Freude am selbstbestimmten Autofahren haben und Fahrspaß erleben wollen. Und genau deswegen muss man solche Kisten noch mal richtig feiern. android, toyota gr86: test, sportwagen, ps, preis

50 Prozent steifere Karosserie als der GT86. Das merkt man deutlich.


Ihnen viel Platz im Heft schenken, nicht nach Fehlern suchen, nicht jede verlorene Zehntel aufdröseln, dennoch aber mit Ernst bei der Sache sein. Zum Beispiel die Fragen klären, wie viel mehr Fahrspaß der neue Motor wirklich bringt. Oder ob er mit den neuen Michelin-Pellen das Driften verlernt hat. Aber Sie sehen es schon an den Fotos hier, das Ding kann noch quer! David: “Okay, du hast ja recht, dann erzähl mal, was die Kiste nun besser kann und warum ich den kaufen muss.” Auf jeden Fall sieht dieser Toyota GR86 schon mal deutlich besser, runder, moderner aus. Immer noch nicht europäisch langweilig, weiter nach alter Japan-Tradition.

Laderaum leider etwas kleiner geraten

Schmale Scheinwerfer, die mit viel Liebe geformte Motorhaube, Frontschürze mit “echten” Lufteinlässen und wertigere Rückleuchten. Dazu eine wunderbare Coupéform samt Entenbürzel auf dem Kofferraumdeckel. Apropos: Der Laderaum ist im Vergleich zum Vorgänger leider etwas kleiner geraten, Tasche und kleiner Koffer passen dennoch rein. Generell ist er immer noch ein 2+2-Sitzer, doch vergessen Sie es mit Fahrgästen auf der Rückbank. android, toyota gr86: test, sportwagen, ps, preis

Das Hubraum-Plus tut dem Vierzylinder-Boxer richtig gut. Endlich kommt der Toyota auch untenrum schnell aus den Puschen und hat obenrum auch mehr Dampf.


Außen ist alles erzählt, fast. In den Radhäusern stecken neue Räder und Reifen, zumindest wenn man das GR86-Paket für 2110 Euro dazubucht. Dann gibt es statt der bekannten 17-Zöller mit schluffigen Primacy-Sohlen feinspeichigeres 18-Zoll-Rund mit Michelin Pilot Sport 4 in 215/40 R 18. Weiter geht’s, Türen auf, einsteigen. Etwas tiefer positionierte Sportsitze gefallen genauso wie der neue Alcantara-Leder-Plastik-Mix. Alle Schalter sind dort, wo sie hingehören.

GR86 ist echtes Spaßgerät

Dazu ein neuer 8-Zoll-Touch-Bildschirm mit allen aktuellen Funktionen für Apps, Android und Apple CarPlay. Auch Drehzahlmesser und Co haben den Weg zur Digitalisierung gefunden. Mit einem Klick auf “Track” ändert sich das Layout vom Rundinstrument zum motorsportlichen Drehzahlbalken, roter Schaltwarnstreifen inklusive. Assistenten, Spurhalte, Totwinkel? Braucht man in diesem Spaßgerät eigentlich nicht, ist aber in dem GR86-Kit mit dabei.

FAHRZEUGDATEN

TOYOTA GR86

Motorbauart

Einbaulage

Ventile/Nockenwellen

Hubraum

Bohrung x Hub

Verdichtung

kW (PS) bei 1/min

Literleistung

Nm bei 1/min

Getriebe

Antriebsart

Bremsen vorn

Bremsen hinten

Bremsscheibenmaterial

Radgröße vorn – hinten

Reifengröße vorn – hinten

Reifentyp

Maße L/B/H

Radstand

Tank-/Kofferraumvolumen

Normverbrauch • CO2

Abgasnorm

Testwagenpreis (wird gewertet)

B4 

vorn längs 

4 pro Zylinder/4 

2387 cm³ 

94,0 x 86,0 mm 

12,5:1 

172 (235)/7000 

98 PS/l 

250/3700 

Sechsgang manuell 

Hinterrad 

294 mm innenbelüftet 

290 mm 

Stahl 

7,5 x 18 

215/40 R 18 

Michelin Pilot Sport 4 

4265/1775/1310 mm 

2575 mm 

50 / 276 l 

8,7 l/100 km • 198 g/km

Euro 6d-ISC-FCM 

36.100 € 


Und dann noch das Highlight im Cockpit, der Schaltstock. Herrlich, liegt griffig in der Hand, rastet knorrig und semiexakt, so muss das aber. Hat sich was an den Innereien im Vergleich zum GT86 geändert? Eine Carbon-Synchronisierung und neue Lager sollen den Weg in die vierte Fahrstufe erleichtern. Leider gibt es nach wie vor kein Rev-Match (Zwischengas-Funktion).

Gesamtverwindungssteifigkeit steigt

Was hat sich am Fahrwerk getan? Rundum wurde mit Querträgern und Halterungen versteift. Die Gesamtverwindungssteifigkeit der Karosserie stieg so um 50 Prozent – eine Ansage. An der Vorderachse kommen zusätzlich Zugfedern und eine Motorhalterung aus Aluminium zum Einsatz, zudem ist das Lenkgetriebe steifer aufgehängt, und der Hinterachsstabi ist nun direkt mit dem Rahmen verbunden. android, toyota gr86: test, sportwagen, ps, preis

Einfach und trotzdem moderner! Tacho und Drehzahlmesser sind digital, ebenso das neue 8-Zoll-Touchdisplay mit Apple CarPlay und Co.


Gewicht? Offiziell ist der GR schwerer (1346 kg) als der GT86 (1246 kg), auf unserer Waage mit 1277 Kilo aber in etwa gleich leicht. Kommen wir zur Technik, quasi das, was diesen Spaßmacher ausmacht. Genauer gesagt zum Motor. Ein Vierzylinder, ja. Aber eben einer, der sich noch richtig außergewöhnlich arrangiert. Boxer-Layout mit quadratischer Auslegung, hoher Verdichtung, variabler Ventilsteuerung, letztlich aber gar nicht mal so hohen Drehzahlen, die daraus resultieren. Aber immer mit dem Problem, dass die 200 PS im GT86 einen Tick zu wenig waren.

GR86 müsste eigentlich GR94 heißen

Zu wenig für entspanntes Treiben auf Autobahn und Landstraße, zu wenig, um lässig zu driften. Immer musste man die Power bis zur letzten Umdrehung ausreizen, oft am Begrenzer entlangfetzen, immer die rote Schaltwarnlampe im Auge und Gehör. Es gab also nur ein Ziel: mehr Power. Mit Aufladung, das wäre den Japanern zu einfach, zu schwer, zu teuer gewesen. Nein, man hat einfach das bisherige Triebwerk von 1998 auf 2387 Kubikzentimeter aufgebohrt. Und damit müsste dieser GR86 eigentlich GR94 heißen. android, toyota gr86: test, sportwagen, ps, preis

Schade, wie beim GT86 kommt aus den dicken Rohren keine gute Musik. Es klingt sogar etwas langweiliger als bisher. OPF sei Dank.


Denn die “86” hatte sich auf die Zylinderbohrung des bisherigen Zweiliters bezogen. Jetzt sind das 94 Millimeter. So leistet der Boxer nun 235 PS und 250 Nm. Viel wichtiger ist, dass das maximale Drehmoment bereits bei 3700 U/min anliegt und nicht erst bei 6400 U/min wie beim GT86. Auch der oft kritisierte Drehmoment-Einbruch bei 3000 Touren soll nun passé sein. Checken wir jetzt.

Sound? Eher mau

Starterknopf, der Boxer schüttelt sich standesgemäß. Der Sound? Eher mau. Mit Hubraumplus, dickeren Endrohren und Active Sound Control System (Lautsprecher) hätten wir mehr erwartet. Tiefer Schwerpunkt vorn, mechanische Sperre hinten, dazwischen eine richtig bissige Kupplung, mit der sich die knochig trockenen Gänge herzhaft durchrammen lassen, so turnt man schließlich die Landstraße entlang.

MESSWERTE

TOYOTA GR86

Beschleunigung

0-50 km/h 

0-80 km/h 

0-100 km/h 

0-130 km/h 

0-160 km/h 

0-180 km/h 

0-200 km/h 

0-402,34 m (Viertelmeile) 

Elastizität

60-100 km/h im 4./5. Gang 

80-120 km/h im 5. Gang 

80-120 km/h im 6. Gang 

Bremsweg

100-0 km/h kalt 

100-0 km/h warm) 

Testverbrauch

Ø auf 100 km 

Reichweite 

Gewichte

Leergewicht/Zuladung 

Balance Vorderachse/Hinterachse 

Leistungsgewicht 

2,4 s 

4,5 s 

6,3 s 

9,8 s 

14,6 s 

19,1 s 

25,3 s 

14,51 s 

5,6/7,2 s 

7,1 s 

11,0 s 

35,1 m (11,0 m/s²) 

34,3 m (11,2 m/s²) 

8,2 l Super Plus 

610 km 

1277/323 kg 

56/44 % 

5,4 kg/PS 


Arbeitet sich durch die Gänge, hält den Boxer immer schön auf Schlagzahl, lauscht dabei seinem markigen Stampfen, das wie gesagt immer ein wenig mehr suggeriert, als tatsächlich dahintersteckt. In unteren Drehzahlen ist nun deutlich mehr Wumms, wo man früher das Heck mit ein paar schmutzigen Tricks ums Eck hebeln musste, kann man nun von leichtem Leistungsübersteuern reden. Die griffigeren Michelins kleben zwar deutlich besser, bieten mehr Präzision, doch schmirgeln, das geht mit diesen Gummis auch. Das deutlich härtere Fahrwerk macht den GR86 viel handlicher, agiler. Von komfortabel und weich wie beim GT86 kann man zwar nicht mehr reden, aber die Pille schlucken wir gern. Das Getriebe des GR86 will fleißig geschaltet werden, was mit der etwas knochigen, aber so präzisen wie kurzwegigen Schaltung ein ungetrübtes Vergnügen ist. Umso härter man den Hebel malträtiert, umso exakter.

Cruisen geht auch

Die ersten fünf Gänge sind wie beim GT86 sportlich kurz, die sechste Welle unverständlich lang übersetzt. Wahrscheinlich ein Opfer der Verbrauchswerte, hätte man hier mal fünfe gerade sein lassen können. So muss man den Fünften ausdrehen, bis die rote Lampe kommt. Dann passt der Anschluss einigermaßen. Vorsicht: Wenn man den Punkt der Schaltwarnlampe verpasst, bleibt man im Begrenzer hängen. Hier hätte man die Warnlampe einfach etwas früher aktivieren können. Übrigens: Cruisen geht auch, dann aber bitte immer die Kupplung voll durchtreten und exakt den Hebel führen. Autobahn? Auch das ist möglich, ist aber nicht sein Revier. android, toyota gr86: test, sportwagen, ps, preis

Verkehrte Welt. Der GR86 wiegt 69 Kilo weniger als laut Werksangabe.


Zwar sind 200 Sachen ohne viel Quälerei schnell erreicht, doch dann ist bei Tacho 229 km/h elektronisch Schluss. Gestärkter Motor, Chassis und Reifen sind subjektiv für 240 und mehr geschaffen, wirklich schade! Apropos Speed: Spiegelt sich das Hubraum- und PS-Plus auch in den Zahlen wieder? Schließlich geben die Japaner großspurig 6,3 Sekunden von 0 auf 100 an, 1,3 Sekunden schneller als der GT86. Aus dem Startblock springt der GR86 deutlich lebendiger los, keine Spur vom verträumten Lossprinten des GT86. Das Getriebe kann man beinahe bei Volllast durchreißen. 6,3 auf 100, passt. Da würde sogar noch mehr gehen, wenn man nicht kurz vor der 100 noch in den dritten Gang müsste. Dabei dreht der 2,4-Liter-Boxermotor linear hoch, dennoch gibt es einen kleinen Drehmoment-Einbruch bei 4000 Touren.

In 25,3 Sekunden auf 200 km/h

Die 25,3 Sekunden auf 200 km/h sind ein ordentlicher Wert. Ein aktueller Golf GTI ist nur vier schneller, der GT86 sechs Sekunden langsamer. Das Power-Plus spürt und sieht man auch bei den Elastizitätsmessungen von 60 auf 100 und 80 auf 120 km/h. Hier ist der GR jeweils bis zu zwei Sekunden schneller als der GT86. Auch bei der Bremserei hat sich was getan, den neuen Michelin Pilot Sport 4 sei Dank. So steht der Toyota aus 100 km/h schon nach 34,3 Metern, der GT stand erst drei Meter später. Beim Pedalgefühl hat sich aufgrund derselben Bremsanlage wie beim Vorgänger nichts geändert, immer noch akzeptables Gefühl, immer noch schnell weich. Und was ist nun mit Kumpel David? Der meinte, so ein Toyota reiße eh nichts auf der Rennstrecke? Ehrlich, das war auch bisher so. Mit seiner halbstarken Bereifung und dem eher soft abgestimmten Chassis brauchte man nur die Kurven anzuschauen – und der GT86 drehte sich freiwillig ein. (Erschwingliche Rennwagen: modifizierte BRZ und GR86 für Japan)
Klar, dass so eine Driftshow nicht schnell ist, mehr als eine 1:47er Runde war bisher nicht drin. Und der Neue? Viel sportlicher, straffer! Die Coca Cola anbremsen, zurückschalten, die Hinterachse blockiert kurz, den Scheitelpunkt anvisieren, einlenken, rauf auf den Pinsel, spüren, wie das Heck rauswill – bewusst zum Spaß draufbleiben und zart mit der Lenkung korrigieren, die Fliehkraft spüren. Genauso muss das sein. Das ist Fahrspaß allererster Güte, ein echtes Fahrerauto. Egal wie hoch die Querbeschleunigung ist, egal wie viel Zehntel das Auto schneller ist als der oder der. Im Vergleich zum GT86? Den GR86 kann man zwar deutlich mehr auf Linie fahren, dennoch fühlt sich die Runde subjektiv genauso schnell an. Umso erstaunlicher dann der Blick auf den Vbox-Messcomputer. Überraschenderweise ist der Neue über drei Sekunden schneller als der Vorgänger. Für Kumpel David leider immer noch nicht schnell genug, dass er darüber nachdenken würde. Für mich hingegen gibt es da kein Wenn und Aber: das Ding kaufen, das wird ein Klassiker!

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