Auf Polizeimotorrädern unterwegs
Ein Oldtimer „auf Streife“: Zwei ehemalige Kollegen teilen eine Leidenschaft
Ottfried Ullrichs ehemaliges Polizeimotorrad ist eine Rarität. Gegenüber der bulligen RT 1250, die Polizeihauptkommissar Stefan Silbersiepe fährt, wirkt das R67/3 nahezu zierlich. Beide sind BMW-Motorräder, beide Dienstfahrzeuge: Das tiefschwarze mit Seitenwagen, wurde für die Polizeidirektion Augsburg am 20. Mai 1955 zugelassen. Es ist eines von nur 700 gebauten Exemplaren der Behördenausführung.
Bönen – Der Bönener Ottfried Ullrich fährt es privat. Die grüne Uniform aus dickem Leder, die der 75-Jährige an diesem Tag trägt, stammt aus den 1970er Jahren – so vermutet er. Stilecht gehören Stulpenhandschuhe und Schalenhelm dazu.
Elektrischer Anlasser
Angelassen wird der BMW-Boxermotor der Maschine elektrisch. Auch das sogenannte Taschenschloss, das den Lenker der historischen Maschine blockiert, ist bei dem neuen Modell längst abgelöst durch ein elektronisches System. „Wenn ich mich mit dem Schlüssel wegbewege, geht nichts mehr.“ Der Fluch der Technik des digitalen Zeitalters – der Werkstattzwang: „Es macht keiner mehr selbst was“, erklärt der Motorradpolizist.
Ullrich hat hingegen ein Mäppchen mit allem dabei, vom Schraubenschlüssel über den Reifenheber, bis zum Flickzeug von Continental sowie der Arbeitsleuchte für die dunkle Jahreszeit. „Es ist alles Original“, erklärt der Bönener, „das Motorrad und das Zubehör, vom Fahrzeugbrief bis zum sehr detaillierten Handbuch.“
Achtung, Kontrolle: Passend zu Ottfried Ullrichs Polizeimotorrad darf die 1970er-Jahre Uniform nicht fehlen. Markus Liesegang
Mit Spaß und eigentlich zu hoher Geschwindigkeit nimmt Ullrich Kurs Richtung Förderturm. Im Seitenwagen der R67/3 ist es zugig, aber bequem. „Das Verdeck hab ich in der Garage“, bemerkt der Fahrer. Der Beifahrer bekommt ein wenig den Eindruck, selbst zu fahren. Ohne den ganzen Stress des Schaltens über Zwischengas. Die 28 PS schieben die knapp 200 kg Leergewicht plus Fahrer und Gast ordentlich vorwärts: „110 km/h bin ich schon gefahren.“
Der Turm ist bewusst als Ziel gewählt. Am Sonntag, 25. August, wird Ullrich dort ab circa 10.35 Uhr die Teilnehmer der 15. Oldtimer-Rallye „HammErfahren“ empfangen. „Ich mache eine Prüfstation“, sagt er. Mit seinem Gangster-Citroen 11CV ist er die Benefiz-Ausfahrt zugunsten des Fördervereins des Hospiz Am Roten Läppchen schon dreimal selbst mitgefahren.
Originales Putztuch gab es dazu
Bernd Pentrop, Pressesprecher der Kreispolizei Unna filmt, wie Ullrich über den Schotter driftet. Es sieht nicht gerade bequem aus, als der technikaffine Polizeihauptkommissar selbst Platz nimmt. Die Bikes der Nachkriegszeit sind einfach zu klein für den großen Mann. „Ich hab mal einen komplett ungefederten Weltkriegsrahmen, die hießen wirklich so, überarbeitet und mit einem Strich-100-Motor aus den 1980ern ausgestattet“, erzählt der Motorradfan. Erst beim Platznehmen habe er damals festgestellt, dass es nicht passte und die Maschine schließlich verkauft.
Das wird Ullrich wohl nicht so schnell. Als ihm das Krad angeboten wurde, öffnete er gleich die Schatulle mit dem Notgroschen. Die Rarität, eigentlich nur auf den Markt gekommen, weil BMW zu viele Teile vom Vorgänger R67 auf Lager hatte, kostete den Bönener einen fünfstelligen Betrag. Der gute Zustand – sogar ein originales Sonax-Putztuch war dabei – gab den Ausschlag.
