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Der neue Porsche Taycan im ersten Fahrtest: Noch stärker, schneller, besser

Fazit: Porsche ist bei den starken Elektrolimousinen wieder die Nummer eins – auch beim Preis

Der 2024er Jahrgang des Porsche Taycan macht alles besser als zuvor, und er stellt die Hackordnung in der Welt der superstarken Elektrolimousinen wieder her. Der Blick auf die reinen Leistungswerte, die beim Tesla Model S Plaid und beim Lucid Air noch höher sind, führt in die Irre: Diese beiden amerikanischen Konkurrenten schlägt der Porsche beim Fahrwerk und bei der Ladeleistung teils deutlich. Während der neue, größere Akku im Alltag kaum genutzt wird, ist die aktive Luftfederung in jeder Situation spürbar: Sie macht den Taycan gleichzeitig zum komfortabelsten und zum sportlichsten Auto seiner Klasse. Der Haken ist, wie üblich bei Porsche, der Preis. Unter 100.000 Euro gibt es keinen Taycan mehr, der getestete Taycan Turbo kostet bereits das Doppelte.

Für wen ist der neue Porsche Taycan?

Mit seinen Antriebs- und Karosserievarianten deckt der Taycan eine breite Spanne ab: Das Basismodell konkurriert mit dem großen Akku (rund 5.500 Euro Aufpreis) bei der Reichweite (WLTP: 678 km) mit den deutschen Langstrecken-Stars Mercedes EQS und EQE, und übertrumpft diese beim Nachladen deutlich. Mit dem ausgeprägten Komfort ist der Taycan so eine echte Empfehlung für Vielfahrer, die mit wenig Stauraum im Auto auskommen. Als Sport Turismo erweitert der Porsche das Nutzungsspektrum in Richtung kleiner Familie. Die starken Varianten und Ausstattungsdetails (aktives Fahrwerk, Allradlenkung etc.) machen den Taycan schließlich zur einzigartigen Elektro-Fahrmaschine, die nicht nur Porsche-Fans anspricht. Leisten muss man sich diesen Luxus halt können.

So gut ist der Taycan im ersten Fahrtest

Zum Verkaufsstart in diesem Frühjahr werden die Versionen Taycan (435 PS), 4S (598 PS), Turbo (884 PS) und Turbo S (952 PS) verfügbar sein. Die beiden erstgenannten Modelle sind serienmäßig mit der kleineren Batterie bestückt und können optional gegen einen Aufpreis von 5.521 Euro mit dem größeren 105-kWh-Akkupaket ausgestattet werden.

So ist der Taycan folglich in zwei verschiedenen Batteriegrößen verfügbar: die sogenannte Performance mit 89 kWh (83,2 netto) und jene mit 105 kWh (97 netto) der Performance Plus. Ein Teil des höheren Energiegehalts ist auf die Änderung der Chemie zurückzuführen, die weiterhin aus Nickel-Kobalt-Mangan besteht, nun aber in einem Verhältnis von 8:1:1 statt wie bisher 622 (d. h. mit mehr Nickel) eingesetzt wird. Eine Überraschung ist die neue Zell-Chemie nicht: Das 8:1:1-Mischungsverhältnis ist der aktuelle State of the Art, und dürfte erst Ende nächsten Jahres abgelöst werden (unter anderem von der Neuen Klasse von BMW und dem Mercedes CLA, die beide mit weiter reduziertem Kobalt-Anteil und mit Silizium-dotierter Anode auffahren dürften).

Porsche Taycan 2024: in nur 10 Minuten bis zu 315 Kilometer laden

Die neue Batterie ist neun Kilogramm leichter, was bedeutet, dass die Energiedichte von 148 auf 168 Wh/kg gestiegen ist und die minimale Umgebungstemperatur, bei der die Batterie mit maximaler Leistung geladen werden kann, ist von 35 auf 15 Grad gesunken. Das heißt, wenn bei idealer Umgebungstemperatur eine Ladung von 10 auf 80 Prozent von 21,5 auf 18 Minuten beschleunigt wird, ist die Zeitverkürzung bei 15 Grad wesentlich größer, nämlich von 37 auf 18 Minuten.

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Die Spitzenladeleistung beträgt nun 320 kW für die Performance Plus-Batterie und 270 kW für die Performance-Variante. Neben der nominellen Erhöhung der Ladeleistung versprechen die Ingenieure, dass das Plateau für das schnellste Aufladen deutlich erweitert wurde.

Mit dem verbesserten Ladesystem ist es nun möglich, in nur 10 Minuten an einer Schnellladestation Energie für weitere 315 Kilometer zu tanken, statt 215 km bei der Vorgängergeneration. Daran hat auch der Klimakompressor, welcher jetzt mit 800 Volt arbeitet, seinen Anteil: So werden nun Verluste bei der Spannungsanpassung vermieden und die Wärme des Antriebssystems kann jetzt zum Heizen der Kabine genutzt werden. All diese Maßnahmen, vor allem jedoch der geringere Verbrauch und die höhere Batteriekapazität, sorgen dafür, dass die Reichweite des Taycan um bis zu 175 Kilometer wächst.

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Porsche Taycan 4S 2024: High-Tech bis in die letzte Haarspitze

Alle Modelle des Luxus-Flitzer sind mit Luftfederung nebst elektronischen Stoßdämpfern ausgestattet und es besteht die Möglichkeit, das Active Ride-System zu erwerben, das die Karosserie auch bei sehr unebenem Untergrund in der Waage hält und Bewegungen der Karosserie in Kurven sowie Nickbewegungen ausgleicht. Diese verwendet eine Einkammer-Luftfeder und einen Stoßdämpfer der mit zwei Ventilen arbeitet. In diesem Fall ist der Stoßdämpfer mit einer Pumpe pro Rad verbunden, die den Druck der Hydraulikflüssigkeit reguliert und je nach Bedarf erhöht oder verringert.

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In dieser Einstellung neigt sich das Auto in Kurven wie ein Motorrad nach innen (maximal 3 Grad), während es beim Beschleunigen die Front und beim Verzögern das Heck nach unten zieht (maximal 1,5 Grad), was den Gesetzen der Physik widerspricht. Das Active Ride-System ähnelt dem, das gerade im Panamera debütiert hat, aber hier arbeitet es schneller, da es von einem 800-Volt-System gespeist wird.

Die serienmäßige Luftfederung besteht hingegen aus zwei Kammern und einem Stoßdämpfer mit zwei elektromagnetischen Ventilen zur Steuerung von Druck- und Zugstufe. Die Luftfeder dient einem weiteren Zweck, der Veränderung der Bodenfreiheit, und zwar mit unterschiedlichen Zielen. Einerseits hebt sie das Auto um 5 Zentimeter an, wenn die Insassen ein- oder aussteigen, andererseits senkt sie es bei sportlicheren Fahrprogrammen ab, um das Handling zu verbessern.

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Porsche Taycan 4S 2024: 109 PS stärker als der Vorgänger

Das macht gerade bei flotter Gangart sehr angenehm im Fahrbetrieb bemerkbar, wenn der Taycan 4S auf kurvenreicher Straße unterwegs ist. Auch wenn die Reichweite bei der strammen Fahrt durch einen auf knapp 26 kWh gestiegenen Verbrauch von über 600 auf gut 400 Kilometer schrumpft.

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Alle Taycan-Modelle, abseits des Basismodells, sind leistungsstarke Allradler, die neuen Heckmotoren bieten eine Mehrleistung von bis zu 80 kW (109 PS). So sind die Fahrleistungen des Taycan 4S dank des nunmehr 440 kW / 598 PS / 710 Nm Allradantriebs noch beeindruckender als bisher schon. Ein Glück, dass alle Varianten des Luxus-Flitzer mit Keramik-Bremsscheiben ausgestattet werden können, beim Turbo S und Turbo GT gibt’s diese serienmäßig.

Aus dem Stand geht es in 3,7 Sekunden auf Tempo 100 und von 80 bis 120 km/h vergehen gerade einmal 2,1 Sekunden. Da fragt es sich, wieso es einer Push-to-pass”-Funktion bedarf, die für zehn Sekunden noch mehr Sportlichkeit bringt.

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Porsche Taycan 4S 2024: Bequem auf der Straße, Stress für den Geldbeutel

Wie üblich stehen mehrere Fahrmodi zur Auswahl, um das Ansprechverhalten des Antriebs, der Dämpfung und auch des synthetischen Motorsounds zu variieren. Das Lenkverhalten ändert sich jedoch nicht, da die Weissach-Entwickler meinen, dass eine schnelle, präzise und kommunikative Lenkung mit Beständigkeit vorzuziehen ist.

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Eine Klasse für sich: die Bremsleistung des Porsche Taycan 4S. Das fortschrittliche Torque-Vectoring-System von Porsche und die optionalen 21-Zoll-Räder mit 265/35er Reifen vorn und 305/30er Reifen hinten sorgen dafür, dass der Taycan 4S wie ein agiler Athlet mit irrsinnigen Geschwindigkeiten durch Kurven fährt, ohne auch nur eine Spur von Grip-Problemen zu zeigen.

Der Grundpreis des Taycan 4S liegt bei 120.000 Euro, der sich jedoch Richtung 180.000 Euro nennenswert erhöhen kann, wenn entsprechende Ausstattungen hinzugenommen werden. Bitter, dass das schnelle AC-Laden mit 22 Kilowatt 1.660 Euro extra kostet. Noch teurer sind Details wie zweifarbige Ledersitze (4.100 Euro), Active Ride Fahrwerk (stattliche 8.000 Euro) oder das 5.000 Euro teure Panoramadach.

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Porsche Taycan Turbo (2024): Irre Power schon mit der drittstärksten Motorisierung

Umstieg in den Taycan Turbo, in diesem Fall ein Sport Turismo in Frozen Berry Metallic – vermutlich nicht die beliebteste Farbe deutscher Porsche-Fans, vor allem in Verbindung mit den in Wagenfarbe lackierten breiten Felgenrändern (siehe Foto). Der Turbo spielt zwar nur die dritte Geige in der Taycan-Hackordnung, den gerade geschilderten 4S stellt er aber überdeutlich in den Schatten: Wie beim Turbo S stehen hier als Dauerleistung 520 kW (707 PS) an, nach dem Druck auf die Push-to-Pass-Taste werden daraus schon 590 kW (802 PS). Der neue Turbo macht damit in Fahrt mehr Leistung locker, als sie der bisherige Turbo S als maximale Boost-Leistung per Launch-Control liefern konnte. Eine Launch-Control gibt es natürlich auch beim neuen Taycan Turbo: 884 PS. Der Vollständigkeit halber: Die Boost-Leistungen beim Turbo S und beim Turbo GT liegen bei 952 und bei 1.108 PS.

100 Kilometer auf andalusischen Bergstraßen belegen, dass die zusätzliche Leistung der Topmodelle im Turbo nie vermisst wird. Selbst die Push-to-Pass-Taste vergisst man im realen Fahrbetrieb, weil der Vortrieb in jeder Fahrsituation brachial ist. Es ist schwer, die Eigenschaften während eineinhalb Stunden Fahrt im Testerkopf zusammenzubekommen: Der Turbo fährt geschmeidig bis gediegen wie der 4S, er federt auch die Unebenheiten grob geflickter Nebenstraßen weg, er lenkt präziser und dank der Allradlenkung direkter ein als die meisten Autos mit dem halben Gewicht. Und beim Druck aufs rechte Pedal explodiert er förmlich aus den Kurven hinaus. Von 0 bis 200 km/h vergehen in diesem Auto runde acht Sekunden, von 0 bis 100 km/h sind es 2,7 Sekunden. Zwischenspurts mit der Push-to-Pass-Funktion sind einfach atemberaubend – und erfordern einiges an Eingewöhnung.

Bei dieser Fahrt konzentrieren wir uns auf die Rekuperationsanzeige: Maximal 400 kW Leistung holt der Taycan Turbo beim elektrischen Bremsen zurück, die maximale Verzögerung liegt dabei bei 4,5 Metern pro Quadratsekunde. Sie können sich darunter nichts vorstellen? Das ist knapp die halbe Erdbeschleunigung und bedeutet echtes Bremsen. Beim Anfahren von engen Kehren kann man anhand der Rekuperations-Leistung erkennen, wie spät die Scheibenbremsen einspringen – im normalen Fahrbetrieb tatsächlich nie. Dass die Scheiben (im Fall unseres Testautos die Wolfram-Carbid-beschichteten Stahlscheiben) zupacken, spürt man weder im Pedal noch an einem starken Brems-Übergang. Theoretisch können die Stahlscheiben heiß werden und Fading verursachen – dazu reicht unser Mut aber nicht aus, und das lassen auch die spanischen Verkehrsregeln nicht zu.

Der Verbrauch im Turbo verblüfft uns schließlich: Als wir das Auto mit exakt 50 Prozent Akkustand abstellen, zeigt die adaptive Reichweitenanzeige noch 220 km an – der rechnerische Verbrauch von rund 25 kWh ist sensationell – angesichts des Basis-Preises von 176.600 Euro für den Taycan Turbo Sport Turismo dürften die relativ günstigen Verbrauchskosten aber nur ein schwacher Trost sein.

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Basis-Taycan: Per Weglassen wird der Porsche zur Langstrecken-Empfehlung

Auf dem Rückweg zum Hotel wählen wir das vermeintliche Mauerblümchen aus dem Taycan-Angebot: Die Limousine mit dem Basis-Antrieb (300 kW / 408 PS). In diesem Auto fehlt im Vergleich zu den teuren Allradlern eine Menge: Allradlenkung, aktives Fahrwerk, Keramik-Bremsen, Allradantrieb und einiges mehr. Dafür hat das Auto die große Performance-Plus-Batterie und entspricht so der Konfiguration für die größtmögliche WLTP-Reichweite von 678 Kilometern.

Dass dieses Auto halb soviel kostet wie der oben beschriebene Taycan Turbo mit vollem Aufpreis-Brimborium, spürt man nicht unmittelbar. Klar: Die brutalen Starts, die Passagieren und sogar dem Fahrer auf den Magen schlagen können, sind mit gut 400 PS und ohne Allradantrieb nicht möglich. Langsam ist der Basis-Taycan trotzdem nicht – er beschleunigt in 4,8 Sekunden auf 100 km/h, und selbst das Überholen auf der Autobahn im Geschwindigkeitsbereich deutlich über 100 km/h geht ihm leicht von der Hand. Im Vergleich zum bisherigen Basismodell mit 240 kW Nennleistung ist das eine deutliche Steigerung. Der Basis-Taycan ist dabei leiser als die Allradmodelle, bei denen man den Antrieb der Vorderachse (Inverter und Getriebe) hören kann, und auch das serienmäßige Basis-Luftfahrwerk ist komfortabel. Eine Rennmaschine ist der Taycan mit diesem Antrieb nicht – aber eine sehr interessante Alternative zum Beispiel zu Mercedes EQE und EQS. Beide lässt der Porsche an der Ladesäule schon mit dem Basis-Akku (rund 90 kWh) weit hinter sich. Mit dem verbauten großen Akku ist der Basis-Taycan auf der Langstrecke unschlagbar. Ein überraschendes Testergebnis für einen Porsche.

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