Porsche

Porsche-Sprecher Mayk Wienkötter Schnell geradeaus kann jedes Elektroauto – was Porsche anders macht

Was hat Porsche vom ersten Taycan gelernt und in der Neuauflage entsprechend angepasst?

Mayk Wienkötter: Sehr viel, muss man sagen. Die Lernkurve war extrem steil, weil es eben das erste vollelektrische Auto von Porsche war. Die Erkenntnisse, die wir dabei gewonnen haben, sind in die zweite Generation eingeflossen. Das gilt vor allem für die Bereiche Performance, Reichweite und Laden. Da haben wir nochmal deutlich nachgelegt. Die Beschleunigung und die Ladeleistung waren bereits sehr gut, aber wir haben daran gearbeitet, die 0-100 km/h Werte und das Ladeverhalten weiter zu verbessern. Im neuen Fahrzeug haben wir mit hohem Aufwand eine noch viel performantere Leistung erzielt.

Nun ist der Taycan, insbesondere der GT, ein reinrassiger Sportwagen. Da stellt sich mir die Frage was denn so ein Supersportwagen abseits der reinen Motorleistung braucht, die man ja bei Elektroautos jetzt immer wieder in den Datenblättern findet? Die 1000-PS-Grenze fällt ja inzwischen quasi dauernd, also muss es andere Unterschiede geben.

Fahrwerk, Lenkung und Bremsen. Alles muss passen. Die Power muss kontrollierbar bleiben. Das bedeutet zum Beispiel eine hohe Rekuperation von bis zu 400 kW für die Verzögerung und zusätzlich eine großdimensionierte Bremsanlage. Für Porsche spielen darüber hinaus natürlich auch das Fahrwerk und die Lenkung eine wesentliche Rolle. Am Ende soll sich kein Porsche zu sehr von unseren traditionellen Sportwagen unterscheiden, egal mit welchem Antrieb er fährt. Das Gefühl muss zumindest ähnlich sein. Das ist eine große Herausforderung.

Ich habe im Zusammenhang mit dem Taycan und der Launch Control, bei der man mit 1340 Nm Drehmoment nach vorne gefeuert wird, nicht nur einmal gehört, dass selbst gestandene Experten kurz vor ihrem körperlichen Limit standen. Gibt es für Elektroautos ein Leistungslimit, weil der Mensch das irgendwann nicht mehr aushält?

Das kann man so nicht sagen, weil es tatsächlich fahrerabhängig ist. Wenn du unseren Rekordfahrer Lars Kern fragst, ob er noch mal 1000 PS mehr möchte, sagt er ja, weil er damit umgehen kann. Der wichtigste Faktor ist die Dosierbarkeit der Leistung. Wenn jeder das Auto so bedienen kann, dass er oder sie sich damit wohlfühlt, haben wir unsere Arbeit gut gemacht. In einigen Modi zeigen die Autos eben, was möglich ist, in anderen cruist man trotz Sportwagenfeeling bequem über die Straße – das ist die eigentliche Kunst.

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Zur Person

Mayk Wienkötter ist seit 2017 bei Porsche für das Thema Taycan und Elektromobilität in der PR-Kommunikation verantwortlich. Er selbst fährt den Stromer auch privat – gerne auf der Langstrecke von Stuttgart nach Pompeji oder Sevilla. Vor Porsche war er sechs Jahre bei einem britischen Hersteller beschäftigt, angefangen hat Wienkötter als TV-Autojournalist.

Apropos Rekordfahrer. Porsche spricht sehr oft von den beiden Rekorden auf der Nordschleife und in Laguna Seca. Was ist die Message dahinter, abseits davon, dass der Taycan offensichtlich ein potenter Sportwagen ist?

Wir wollen zeigen, wozu unser Elektroauto fähig ist. Denn mit einem E-Fahrzeug sehr schnell geradeaus zu fahren, ist relativ einfach. Mehr Leistung und schon bist du schneller. Aber wenn es darum geht, eine Rennstrecke zu meistern und das schnell, dann brauchst du andere, höherwertige Komponenten. Das Auto muss dann ja auch schnell ums Eck gehen. Außerdem gehört es zu unserer Markenidentität, die Autos auf maximale Nordschleifen-Performance zu trimmen – das erwarten die Kunden und das wollen auch wir ins neue Zeitalter überführen.

Wie genau beobachtet ihr Autos wie den Tesla S Plaid oder den Lucid Air Sapphire, die ja, was die Leistung betrifft, eigentlich in direkter Konkurrenz zum Taycan stehen, obwohl es, gemein gesagt, Familienlimousinen sind?

Jeder Hersteller mit vergleichbaren Fahrleistungen ist ein Wettbewerber. Das ignorieren wir nicht. Aber bei Porsche konzentrieren wir uns traditionell eher auf uns selbst und messen uns stets zuerst an den eigenen Vorgaben. Der Abgleich mit den eigenen Produkten ist auch deshalb wichtig, weil wir wissen müssen, wo wir stehen und wie wir weitere Verbesserungen erzielen können.

Machen wir mal einen Schwenk rüber zu Elektroauto-Technik. Der Taycan kann mit bis zu 320 Kilowatt laden – das ist ein absoluter Spitzenwert. Aber ich finde, es ist gar nicht so leicht, passende Säulen zu finden. Was tut Porsche, damit das superschnelle Laden an einer passenden Ladesäule kein Einzelfall bleibt?

Zum einen haben wir bereits drei Porsche Charging Lounges eröffnet. Da stehen natürlich die passenden Lader. Aber vor allem arbeiten wir mit unserem Joint Venture Ionity und weiteren Herstellern gemeinsam daran, den Ausbau der Ladeinfrastruktur voranzutreiben. Mittlerweile verfügt das Ionity-Netz über 600 Locations in ganz Europa. Und an diesen kann man auch immer mit bis zu 350 Kilowatt laden.

Nie Probleme gehabt? Ich kenne das anders.

Ich bin im neuen Taycan gerade 2.300 Kilometer von Stuttgart nach Sevilla gefahren. In Mitteleuropa sind wir schon sehr gut aufgestellt. Aber je weiter südlich man kommt oder östlich in der Peripherie, wird es ein bisschen herausfordernder. Bei meinem Trip war es zum Beispiel so, dass ich bis Barcelona überhaupt gar keine Probleme hatte. Aber ab Valencia wird das Ladenetzwerk dann merklich dünner. Ich habe zum Beispiel zwei Lade-Locations vorgeschlagen bekommen, die beide defekt waren. Erst der dritte Vorschlag vom Porsche Charging Planner hat funktioniert. Das ist für einen Kunden, der keine Erfahrung mit dem Thema hat, höchst unangenehm. Wenn ich mir vorstelle, der ist zum ersten Mal mit einem Elektroauto auf der Langstrecke unterwegs bin, ist das kein gutes Signal. Das muss definitiv noch besser werden.

Technik macht Fortschritte

Ladesäulen der Zukunft: So soll die Wartezeit mit dem Elektroauto endlich kürzer werden

porsche-sprecher mayk wienkötter   schnell geradeaus kann jedes elektroauto – was porsche anders macht porsche-sprecher mayk wienkötter   schnell geradeaus kann jedes elektroauto – was porsche anders macht

Ja, leider gibt es immer wieder diese Fälle, in denen Ladeinfrastruktur nicht funktioniert. Ganz klar, die Zuverlässigkeit muss erhöht werden. Wenn eine Ladesäule angefahren wird, muss sie auch funktionieren. Da liegt noch viel Arbeit vor uns.

Zuverlässigkeit ist ein schönes Stichwort. Schadet es eigentlich dem Akku, wenn man das Auto ständig und jedes Mal mit den besagten 320 Kilowatt lädt? Bei Elektronik hört man ja oft, dass man es am besten so langsam, also schonend, wie möglich angehen sollte und schnellladen immer auch zu Lasten der Batterie geht.

Durchaus. Letztlich handelt es sich ja auch hier um einen Lithium-Ionen-Akku. Aber die Praxis zeigt, dass das bei unseren Autos weniger ins Gewicht fällt, also weniger messbare Auswirkungen hat als gedacht. Wir haben dazu nicht nur Autos mit extrem hoher Laufleistung untersucht, sondern machen auch Tests, bei denen wir die Batterien immer und immer wieder unter Volllast aufladen. Liest man dort den sogenannten SOH, also den State of Health, oder “Gesundheitszustand” der Batterie ab, stellt man immer wieder fest: Die Batteriealterung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Deswegen geben wir auch acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie auf das Bauteil. Der Kunde soll sich möglichst wenig Gedanken darüber machen müssen, wie und wann er lädt.

Im Zusammenhang mit Elektroautos fällt immer wieder der Begriff “ToGo-Becher”, was heißen soll, dass die Autos zur einmaligen Nutzung bestimmt sind, da der Tausch einer Batterie immer auch ein wirtschaftlicher Totalschaden wäre. Was kostet denn eine neue Batterie bei Porsche, wenn sie außerhalb der Garantiezeit kaputtgeht?

Das ist kein realistisches Szenario, da es bedeuten würde, dass alle 33 Module gleichzeitig ausfallen. Die lassen sich aber alle einzeln tauschen. Wenn was ist, lesen wir aus, woran es liegt, und ersetzen nur das defekte Modul – das spart Kosten.

Was kostet denn ein Modul einer Taycan-Batterie im Tausch?

Der Wechsel eines Moduls der Taycan Hochvoltbatterie kostet ca. 6.000 Euro. Dabei liegen die Materialkosten bei rund 1.700 Euro. Da immer die gesamte HV-Batterie aus- und wieder eingebaut werden muss, würde sich beim Tausch mehrerer Module der Preis pro Modul im Verhältnis entsprechend verringern.

Mit dem Taycan ist Porsche jetzt bei 18 Minuten für das Laden von 10 auf 80 Prozent angekommen – das ist schon sehr schnell. Aber ist das finale Ziel?

Eines Tages soll der Ladevorgang nicht länger als der Tankvorgang dauern.

Wann ist es soweit?

Der Weg ist eingeschlagen, so viel ist sicher. Aber es wird noch etwas dauern. Das ist nichts, was wir in zwei oder drei Jahren sehen werden. Aber ich bin überzeugt, dass es irgendwann soweit ist.

Nehmen wir mal an, dass es in acht oder zehn Jahren so weit ist. Dann wäre bei einem Taycan, den ich heute kaufe, gerade mal die Garantie für den Akku abgelaufen. Alt ist das Auto also dann noch nicht. Könnte ich dann zu Porsche gehen und sagen: “Her mit dem neuen Superakku”?

Das ist technisch möglich. Es ist aber relativ aufwändig und teuer. Wenn Kosten keine Rolle spielen und derartige technische Änderungen auch zulässig sind, könnte man das machen. Ob das auch wirtschaftlich ist, muss man sich anschauen.

Ich frage deshalb, weil ich mir kein Oldtimer-Treffen in 30 Jahren vorstellen kann, bei dem ein Taycan Baujahr 2024 auf dem Hof steht. Sie?

Ich hole mal eben meine Glaskugel raus. Augenblick. (Pause)

GT4 RS

Über 180.000 Euro Neupreis, aber drei Tage unter Wasser: Dieser zerstörte Matsch-Porsche soll wieder fahren

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Ich weiß es natürlich auch nicht. Ich hoffe aber, dass wir dann auch einen Taycan sehen werden und dass es die Technologie geben wird, um diese Autos kosteneffizient zu erhalten, klar. Denn ein Taycan GT mit Weissach-Paket wird auch in 30 Jahren noch ein besonderer Anblick sein. Ich glaube schon, dass es eine entsprechende Szene geben wird. Ob die Liebhaber-Szene insgesamt dann noch so vital sein wird, wie beispielsweise bei den luftgekühlten Elfern, weiß ich natürlich nicht. Da stecken schließlich über 60 Jahre Tradition dahinter. Die muss man sich erst einmal aufbauen. Diese Schuhe sind schon sehr groß. Aber ich bin überzeugt, dass es in der nächsten Generation Leute geben wird, die sagen “das war doch der erste zweisitzige, viertürige Elektrosportwagen! Den hätte ich gerne”.

Stimmt, der Weissach-GT hat vier Türen, aber nur vorne Sitze. Warum eigentlich nicht zwei Türen?

Das ist ein Kostenaspekt. Wenn man die Türen weglassen würde, müsste man die komplette Karosserie anpassen. Da kann man gleich ein neues Auto bauen. Das ist wahnsinnig aufwendig und ebenso teuer. Deshalb stand das auch nie zur Diskussion. Man muss es anders sehen: Die Version mit Weissach Paket kostet beim Taycan keinen Aufpreis – ganz anders als bei den GT Modellen des 911.

Transparenzhinweis: Diese Reise nach Spanien zur Testfahrt mit dem Taycan erfolgte auf Einladung von Porsche.

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