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Porsche Taycan Turbo GT im Rennstreckentest: So lassen sich die 1.108 PS zähmen

Fazit: Auf Rennstrecken kaum zu schlagen

Unser Test des Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket hat mit Alltagstauglichkeit nichts zu tun – und dafür ist das Auto auch nicht gebaut. Der Porsche mag nicht das stärkste E-Auto sein, das schnellste, das wir je fahren konnten, ist er ganz eindeutig. Die Qualitäten des Rennstrecken-Autos strahlen klar auf die schwächeren Versionen ab: Das unglaublich gute Fahrwerk und die Regelsysteme kann jeder Taycan-Käufer mitbestellen. Es wird vermutlich Jahre dauern, bis ein Konkurrent ein vergleichbares Auto auf die Räder stellen kann.

Für wen ist der Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket?

Der Extremporsche macht die Auswahl für die Zielgruppe sehr einfach: Wer mehr als zwei Sitze will, wer gerne komfortable Assistenzsysteme für lange Autobahnfahrten nutzt, der ist hier fehl am Platz. Der Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket ordnet viele sonst selbstverständliche Dinge der Rennstreckentauglichkeit unter. Er spart sich sogar den zweiten Ladeanschluss an der linken Seite und nervt damit in schmalen Garagen. Perfekt ist dieses Auto aber für jeden, der bisher mit einem 911 GT3 oder einem ähnlich kompromisslosen Verbrenner geliebäugelt hat: Der Taycan Turbo GT mit dem Weissach-Paket transportiert den Anspruch solcher Autos perfekt in die Elektrowelt.

Porsche Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket: Daten, Preis, Reichweite, Höchstgeschwindigkeit, Akku, Ladeleistung

Länge/Breite/Höhe  4,97 x 2,00 x 1,38 Meter
Akku-Kapazität 105 kWh brutto / 97 kWh netto
Radstand 2,90 Meter
Max. Boost-Leistung 815 kW / 1.108 PS
Drehmoment 1.340 Nm 
Höchstgeschwindigkeit 305 km/h
Von 0 auf 100/200 km/h in 2,2 Sekunden / 6,4 Sekunden
Reichweite WLTP 528 km
Akkutyp Lithium-Ionen (NMC 811)
Ladeleistung bis 320 kW DC, bis 11 kW AC
Anzahl Sitze 2
Kofferraum und Frunk 326 Liter, 84 Liter
Anhängelast / Stützlast
Antrieb Permanenterregte Synchronmotoren vorne und hinten
Preis ab 240.000 Euro

porsche taycan turbo gt im rennstreckentest: so lassen sich die 1.108 ps zähmen

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Porsche hat für den ersten Kontakt mit dem 1.108-PS-Taycan die Rennstrecke Circuito de Monte Blanco westlich von Sevilla ausgewählt. Die vermeintlich wettersichere Gegend überrascht uns schon bei der Anreise mit starkem Regen, bis zu unserem Fahrtermin hört der Regen zwar auf, die Fahrbahn wird aber nicht trocken. Schlechte Voraussetzungen für neue Rundenrekorde, aber eine gute Gelegenheit, um einem durchschnittlich begabten Fahrer wie mir zu zeigen, wie die Regelsysteme im Über-Porsche dabei helfen, schneller zu fahren als man es für möglich hält.

Skyhook-Fahrwerk hält das Auto perfekt gerade

Zum Warmwerden und Eingewöhnen geht es erst einmal zum Slalom durch die Pylonengasse. Der schwere und große Taycan (trotz 75 Kilogramm Gewichtsersparnis durch das Weissach-Paket ist er ein 2,2-Tonnen-Auto) hat nicht eben die optimale Slalom-Statur, er macht es dem Fahrer mit Allradlenkung, präzisem Lenkgefühl und mit dem Torque Vectoring an der Hinterachse leicht, schnell durch den Parcours zu wedeln. Der schnelle Links-Rechts-Wechsel würde bei klassischen Komfortlimousinen zu einem Aufschaukeln führen, das jeden Tatendrang im Keim erstickt. Geschaukelt wird in diesem Porsche aber nicht – erstens, weil die flachste Elektrolimousine der Welt mit dem massiven Akku im Fahrzeugboden einen besonders tiefen Schwerpunkt hat, und zweitens, weil Porsche dazu ein neues aktives Fahrwerk spendiert. Die Luftfederung an Vorder- und Hinterachse wird von Hochleistungspumpen mit Druck beaufschlagt – das Fahrwerk kann damit jedes Rad einzeln nach oben oder unten drücken.

Diese Kräfte werden nicht eingesetzt, um den Taycan wie einen US-Lowrider hüpfen zu lassen – im Gegenteil: sie sorgen dafür, dass das Auto sich durch die Fahrdynamik überhaupt nicht bewegt. Sowohl Bremsnicken, das Aufsteigen bei Beschleunigung als auch Roll-Bewegungen unter Querbeschleunigung werden unterdrückt, oder je nach Einstellung sogar leicht überkompensiert.

Zurück zum Slalom: Der Taycan fährt wie ein Slotcar auf der Carrerabahn, und es ist sehr leicht, einen schnellen Rhythmus zu finden. Bis der Übermut dann doch zur Übertreibung führt. Aber selbst dann fängt das PSM im Sport-Plus-Modus den ausbrechenden oder auch untersteuernden Taycan ein, indem es ihn gezielt am richtigen Rad einbremst. Das Beeindruckendste an diesem Einfangen ist, dass der Porsche sofort wieder im Zustand mit maximaler Traktion ist, die Leistung freigibt und so kaum Zeit verliert.

Von außen sieht die Übung reichlich unspektakulär aus, weil auch unter Leistungseinsatz nie einfach die kurven-inneren Räder durchdrehen. Der Taycan nutzt das aktive Fahrwerk dazu, um an entlasteten Rädern die Traktion zu erhöhen, an der Hinterachse ist zusätzlich das Torque-Vectoring-Differenzial dafür zuständig, mehr Kraft an das äußere Rad zu schicken, um das Einlenken zu unterstützen.

Porsche Taycan Turbo GT Launch-Control: Volle Kontrolle mit vier durchdrehenden Rädern

Die nächste Übung ist der Einsatz der vollen Leistung per Launch-Control. Die maximalen 815 kW (also 1.108 PS) stehen nur für ca. zwei Sekunden zur Verfügung – nach diesen zwei Sekunden ist der Taycan Turbo GT aber schon 100 km/h schnell – wenn der Streckenbelag das zulässt. Die Start-Ziel-Gerade in Monte Blanco beginnt zwar abzutrocknen, Reifen und Asphalt sind aber zu kalt für die optimalen Werte. Schwer beeindruckend ist der Launch-Control-Start trotzdem. Nach der Startprozedur (Sport+-Modus aktivieren, linken Fuß auf die Bremse, rechten Fuß voll aufs Gas – mit dem Lösen der Bremse schießt der Taycan los) verlieren alle vier Räder die Haft-Reibung, die Traktionskontrolle hält sie im Bereich des optimalen Schlupfs. Dass dabei die Seitenführung der Reifen verlorengeht, ist in der Lenkung und im Hintern zu spüren. Der Taycan fährt deshalb nicht einfach perfekt geradeaus, er ist aber kinderleicht zu korrigieren und zu kontrollieren. Die Eindrücke im Auto passen bei diesem Ritt auf der Kanonenkugel nicht zusammen: Das Gefühl von Glatteis begegnet der brachialen Beschleunigung – deutlich unter drei Sekunden schafft der Turbo GT unter diesen Bedingungen. Neben der Traktionskontrolle ist das zum großen Teil der Verdienst der neuen Pirelli P Zero R, die am Turbo GT als Standard-Reifen verbaut werden, und die im Gegensatz zu den Semislicks vom Typ Pirelli P Zero Trofeo RS auch bei niedrigen Temperaturen und Feuchtigkeit schon funktionieren.

Bis Tempo 200 vergehen heute rund sieben Sekunden. Auf trockener Straße sollen es 6,4 Sekunden sein – und wir haben keinen Grund, an dieser Werksangabe zu zweifeln. Von der Mitte der Start-Ziel-Gerade bis zum Bremspunkt von Kurve eins beschleunigt der Turbo GT mit Weissach-Paket auf 230 km/h. Irre!

Genauso irre ist die Verzögerung bei der folgenden Bremsung: Das ABS regelt so schnell und so fein austariert wie die Traktionskontrolle – wie wir später noch bemerken, verzeiht der Porsche es, wenn der Bremsvorgang sich in die Kurve hineinzieht. Beim ersten Versuch bleiben wir von der Kurve fast stehen. Der markierte Bremspunkt ist für die optimale Geschwindigkeit am Ende der Geraden gewählt – und die liegt eher bei 270 km/h.

Diese Geschwindikeiten hören sich unwirklich an. Der Taycan Turbo GT gibt seinem Fahrer aber sehr schnell die Zuversicht, sich auch mit mittelmäßigem Fahrtalent an den Grenzbereich heranzutasten. Beim Einlenken in die Kurven, das sich verblüffend leichtfüßig anfühlt, hilft die Masseverteilung im Auto, das Torque-Vectoring und natürlich die Lenkung der Hinterachse, die dem Heck den entscheidenden Schubs mitgibt. So fällt es sehr leicht, den Scheitelpunkt der Kurve (den die Porsche-Instruktoren mit Pylonen markiert haben) zu treffen. Ab dem Scheitelpunkt schlägt die ganz große Sekunde des Taycan: Von Kurve zu Kurve trauen wir uns, mehr Gas zu geben und werden dabei immer schneller, selbst wenn das Auto dabei anfängt zu übersteuern. Wie beim Start mit der Launch-Control sorgt das PSM dafür, dass die maximale Beschleunigung umgesetzt wird. Und auch in diesem leicht driftenden Zustand bleibt es leicht, das Auto auf Kurs zu halten und die Strecke voll auzunutzen.

Volle Leistung bei voller Traktion: Der Taycan Turbo GT schießt sich aus den Kurven 

Die Traktion ist dabei jenseits des Vorstellbaren: Der Taycan schießt sich regelrecht aus den Kurven – vor allem, wenn der Fahrer geistesgegenwärtig genug ist, um per Lenkrad-Paddle den Attack-Modus mit zusätzlichen 120 kW zu aktivieren (insgesamt 700 kW / 952 PS).

Das Verblüffendste am Taycan Turbo GT ist aber, dass er diese Fähigkeiten und die Geschwindigkeiten ohne jede Härte erreicht. Das neue Fahrwerk ist einfach grandios darin, unabhängig von der Fahrbahnoberfläche und von Beschleunigungswerten alle vier Räder optimal auf dem Belag zu halten. Diese Strategie, die dem Taycan Turbo GT zu fast gespenstisch guter Traktion verhilft, ist inhärent komfortabel, weil sie die Karosserie so gerade und so stabil wie möglich hält. Im gewählten Modus „Sport Plus“ sind die Qualitäten des Autos so gegensätzlich, dass man sie als Tester im Kopf kaum zusammenbekommt. Trotz des martialischen großen Kohlefaser-Flügels, trotz der wenig verstellbaren Schalensitze und trotz des ausgeräumten Innenraums: Selbst der Taycan mit dem Weissach-Paket fährt sehr geschmeidig und immer noch sehr leise.

An diesem Auto haben Tesla und Lucid noch lange zu knabbern

Porsche rückt mit dem Taycan Turbo GT die Verhältnisse in der Autowelt wieder gerade. Tesla und Lucid mögen gerne 1.000 oder 1.200 PS in ihre technischen Daten schreiben – wenn es um die Schnelligkeit auf Rennstrecken geht, dann ist der Porsche das Maß der Elektro-Dinge. Das belegen unter anderem die Rekord-Zeiten auf Nürburgring und in Laguna Seca. Noch schneller sind zur Zeit nur Autos ohne Straßenzulassung wie der McMurtry Speirling oder der Nio EP9, oder das 2-Millionen-Hypercar Rimac Nevera, das trotz 1.900 PS nur zwei Sekunden schneller um die Nordschleife fährt als der Taycan Turbo GT.

porsche taycan turbo gt im rennstreckentest: so lassen sich die 1.108 ps zähmen

Text von der Autovorstellung am 13. März 2024

Porsche braucht keinen dritten Motor, um einen ernsthaften Konkurrenten zu Tesla Model S Plaid und Lucid Air Sapphire auf die Räder zu stellen: Eine neue Leistungselektronik mit Silizium-Carbid-Komponenten versorgt den Heckmotor jetzt mit bis zu 900 Ampere Strom. Als Dauerleistung erreicht der Taycan Turbo GT damit 580 kW (789 PS), beim Einsatz der Launch-Control sind es 760 kW (1034 PS). Für maximal zwei Sekunden stehen sogar 815 kW (1.108 PS) zur Verfügung.

Per Push-to-Pass-Knopf am Lenkrad sind auch während der Fahrt für zehn Sekunden 120 zusätzliche kW abrufbar. In diesem Modus hat der Porsche mit 700 kW (952 PS) so viel Leistung wie die Turbo-S-Modelle beim Einsatz der Launch Control.

Zwei Sekunden und zehn Sekunden hören sich nach wenig an. Die Fahrleistungen zeigen aber, dass die kurzen Boost-Zeiträume reichen: In 2,2 Sekunden beschleunigt der Turbo GT mit Weissach-Paket auf 100 km/h, ohne das Paket dauert die Übung eine Zehntelsekunde länger. Bis 200 km/h vergehen 6,4 bzw. 6,6 Sekunden. Auch wenn Tesla für das Model S Plaid 2,1 Sekunden von 0 – 100 km/h reklamiert: Der Porsche dürfte schneller sein als der Ami, weil Tesla nach US-Messmethode misst (die Uhr startet damit erst, wenn das Auto einen Fuß weit gerollt ist). Nur bei der Höchstgeschwindigkeit lässt Porsche Tesla weiter den Vortritt: 290 km/h und 305 km/h mit dem Weissach-Paket sind jetzt möglich. Genug für jede Rennstrecke der Welt, aber langsamer als die 322 km/h des Model S Plaid.

Was diese Leistungswerte in einem Porsche bedeuten, demonstriert Werksfahrer Lars Kern auf der Traditionsrennstrecke in Laguna Seca, wo Tesla bisher den Rundenrekord für Elektroautos gehalten hatte. Die Rundenzeit von 1:28,2 Minuten erreichte das Model S Plaid allerdings mithilfe von aerodynamischen Modifikationen wie einem riesigen Front-Splitter und einem gigantischen Heckflügel.

Lars Kerns Zeit von 1:27,9 Minuten unterbietet den Tesla-Rekord nur knapp, wurde aber mit einem optisch unveränderten Auto erreicht. Dem Taycan Turbo GT mit dem Weissach-Paket hilft dabei, dass er durch den Einsatz von Carbon-Teilen und das Weglassen von Komfort-Merkmalen (zum Beispiel die Rücksitzbank!) um 75 Kilogramm leichter ist als ein Taycan Turbo S.

Der Taycan Turbo GT steht ab 240.000 Euro im Porsche-Konfigurator, lässt sich aber, ganz Porsche-typisch, aber noch individualisieren und dabei deutlich verteuern. Das Weissach-Paket, bei Porsche-Verbrennern gerne einen deftigen fünfstelligen Betrag teuer, kostet beim Taycan keinen Aufpreis – es besteht schließlich hauptsächlich aus Weglassen.

Die Auslieferung an Kunden soll noch im Frühjahr 2024 beginnen.

Ursprünglicher Artikel zum Taycan-Facelift vom 7.2.2024:

Ortstermin in Friolzheim bei Stuttgart: In einem Fotostudio stehen die drei Karosserievarianten des Porsche Taycan nebeneinander: Taycan Limousine, Taycan Sport Turismo und Taycan Cross Turismo, jeweils als Facelift-Modell des Jahres 2024. Auf den ersten und zweiten Blick fallen eine geänderte Frontschürze, ein neues Leuchtenband am Heck mit modisch leuchtendem Porsche-Schriftzug und neue Felgen auf.

Wer ganz genau hinsieht, der erkennt, dass die Scheinwerfer sich leicht verändert haben. Sie tragen nach wie vor die Porsche-typischen vier Tagfahr-Lichtpunkte, optional gibt es jetzt aber ein Aktivmatrix-Licht mit sage und schreibe 32.000 einzeln ansteuerbaren Lichtpunkten. Die Scheinwerfer sollen damit besonders exakt andere Fahrzeuge ausblenden und Informationen auf die Fahrbahn projizieren können.

Der Taycan Cross Turismo ist ein Turbo-Modell und trägt die Farbe “Turbonit” auf Logos, Fenstereinfassungen und Diffusor-Rahmen. Turbonit ist Porsche-Sprech für Titan-Farbe, was aber nichts daran ändert, dass das gut aussieht.

Die optischen Veränderungen sollen sich auf den Luftwiderstand auswirken – einen neuen cw-Koeffizienten nennt Porsche bei der Präsentation zwar nicht, aber allein die neuen Aero-Räder, die auf den ersten Blick wie gewöhnliche Speichenfelgen aussehen aber nur kleine Öffnungen aufweisen, sollen zusammen mit den neuen Hankook-Evo-Leichtlaufreifen 40 km mehr Reichweite bedeuten.

porsche taycan turbo gt im rennstreckentest: so lassen sich die 1.108 ps zähmen

Detailverbesserungen für mehr Effizienz und viel mehr Reichweite

Auf die Reichweite wirken sich auch die Änderungen an der Leistungselektronik und an den Motoren aus: Statt wie bisher ein eigenes DC-DC-Modul für die Wandlung von 400 zu 800 Volt Ladespannung einzusetzen, gibt es jetzt ein hochintegriertes Leistungsmodul, das alle Lade- und Fahrsituationen abdeckt, wesentlich kleiner baut als die bisherige Lösung, und dabei effizienter und leistungsstärker ist.

Als Motoren setzt Porsche weiterhin auf permanenterregte Synchronmaschinen (PSM), die mit neuem Magnetfluss-Design (z.B. Y-förmige Anker), verringerten Abmessungen, geringerem Gewicht und natürlich besserer Effizienz aufwarten. Übertreiben will es Porsche mit der Sparsamkeit freilich nicht: Sowohl das Zweigang-Getriebe an der Hinterachse, das ausschließlich für den Start im Sport- oder Sport+-Modus eingesetzt wird, bleibt dem Taycan erhalten als auch die extreme Boost-Leistung im Turbo S. Aber dazu später mehr.

Das wichtigste Element für die Reichweite des neuen Taycan ist der neue Performance-Akku. Wie bisher sind 396 Pouch-Zellen auf 33 Akkumodule aufgeteilt, der Akku hat die gleichen Abmessungen, wiegt aber neun Kilogramm weniger als im Vorgängermodell und bietet mit 105 kWh (97 kWh netto) um 14 Kilowattstunden mehr nutzbare Kapazität.

In Summe bedeuten diese Änderungen einen ordentlichen Sprung bei der Reichweite: Die Basislimousine fährt nach WLTP 678 Kilometer weit, selbst die krass motorisierten Turbo und Turbo S schaffen 630 km nach der offiziellen Messnorm.

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Neue Zellchemie mit Rekord-Leistung schon bei 15 Grad Celsius

Bleiben wir kurz beim Akku. Die höhere Energiedichte, für die Porsche weiter auf Nickel, Kobalt und Mangan setzt (NMC-Akku), ist nur eine der guten Eigenschaften des neuen Kraftspeichers. Verbessert hat Porsche vor allem die möglichen Ladeleistungen unter verschiedenen Voraussetzungen: Während der Taycan seinen Akku für optimale 270 kW Ladepower bisher auf über 35 Grad vorwärmen musste, reichen dem neuen Akku bereits 15 Grad Starttemperatur für die neue Spitzenleistung von 320 kW. Die Ladeleistungs-Diagramme, die Porsche zeigt, sollen belegen, dass der neue Taycan unter allen Umständen schneller lädt als der alte, unter widrigen Bedingungen soll die Ladezeit sogar halbiert sein (zum Beispiel von 40 auf 20 Minuten für 10 bis 80 Prozent). Die Ladekurven sind dabei wirklich beeindruckend: Zwischen 10 und rund 60 Prozent Ladestand können über 300 kW in den Akku fließen, in zehn Minuten wären das runde 250 Kilometer Reichweite nach WLTP. Porsche gibt die optimale Ladezeit von 10 bis 80 Prozent mit 18 Minuten an. Hyundai-Fans werden anmerken, dass der Ioniq 6 das auch kann. Fahrer des Ioniq 6 wissen allerdings, dass die Bedingungen dafür perfekt sein müssen. Porsche führt uns die Fähigkeiten live vor: Nach rund 30 Kilometern Mitfahrt bei null Grad Außentemperatur und ohne sichtliche Vorkonditionierung stecken wir den Taycan Turbo S im Entwicklungszentrum in Weissach an einen 800-Volt-Lader an, und schon nach 22 Sekunden stehen 310 kW Ladeleistung im Display. Von 33 bis 55 Prozent Ladestand bleibt die Leistung bei unserem kurzen Stopp über 300 kW. Beeindruckend!

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Beschleunigung wird noch rabiater, die Rekuperation auch

Die neue Zellchemie bietet die erhöhte Leistung natürlich nicht nur beim Laden am Schnelllader, sondern auch bei der Rekuperation. Mit bis zu 400 kW verzögert der Taycan jetzt elektrisch. Dieser Kilowatt-Wert ist nur bei Autobahntempo erreichbar, die maximale Rekuperationsverzögerung von 4,5 m/s^2 aber schon bei Stadt-Geschwindigkeiten. Die elektrische Bremswirkung ist so hoch, dass die Scheibenbremsen im Alltagsverkehr nur zum Anhalten gebraucht werden. Porsche sieht deshalb ein regelmäßiges kurzes Anlegen der Bremsbeläge im Fahrbetrieb vor, damit die Bremsscheiben nicht korrodieren.

Trotzdem bietet Porsche weiterhin Keramik-Bremsscheiben an (im Turbo S serienmäßig), die das 2,4-Tonnen-Auto auch auf der Rennstrecke zuverlässig und dauerhaft mit mehr als der doppelten Verzögerung bremsen.

Akkus mit hoher Ladeleistung können ihre Energie auch schnell abgeben. Wie schnell, das zeigt eine Tabelle in der Porsche-Präsentation:  1.100 Ampere kann das neue Akkupaket liefern. Multipliziert mit der Nenn-Spannung von 800 Volt ergibt das 880 kW, also ca. 1.150 PS, die zur Verfügung stehen. Ein sehr theoretischer Wert, aber einer der zeigt, wie viel Luft für ein künftiges Topmodell mit möglicherweise drei Motoren noch bleibt.

Vorerst bescheidet sich Porsche aber noch mit dreistelligen PS-Zahlen. Der Antrieb in Taycan Turbo und Turbo S leistet jetzt dauerhaft 570 kW, also 775 PS. Die Dauerleistung übertrifft damit die kurzfristige Boostleistung des bisherigen Turbo S (560 kW). Damit ist das Ende der Fahnenstange aber nicht erreicht: Per Knopfdruck am Fahrmodus-Wahlschalter aktiviert der Turbo S jetzt 70 zusätzliche Kilowatt für maximal zehn Sekunden. 640 kW im “Push to Pass”-Modus sind schon 870 PS. Die volle Gewalt entfesselt das Topmodell nur im Launch-Control-Modus: 700 kW, also 952 PS schießen den Turbo S nach Werksangabe in 2,4 Sekunden auf 100 km/h. Bisher stimmten die Porsche-Werksangaben immer.

Bei unserer Mitfahrt im Kreis Ludwigsburg sind die 2,4 Sekunden zwar nicht möglich, weil Reifen und Straße zu kalt und nass sind. Was man beim Launchcontrol-Start aber spürt, ist, dass das Auto bis 100 km/h mit Schlupf an allen vier Rädern beschleunigt. Der Taycan Turbo S ist genauso schnell, wie es Reifen und Straße zulassen.

Bei 2,4 Sekunden drängt sich der Vergleich mit dem Tesla Model S Plaid auf, das leichter ist als der Taycan (2,2 zu 2,4 Tonnen) und noch etwas mehr Leistung bietet (1.020 PS). In den USA bewirbt Tesla das Auto mit 1,99 Sekunden für den Sprint von 0 – 60 Meilen pro Stunde, also bis 97 km/h. In den USA werden Beschleunigungen anders gemessen als bei uns (die Uhr startet erst, wenn das Auto einen Fuß, also 30 Zentimeter weit gerollt ist). Wir erwarten ein Patt zwischen dem Tesla- und dem Porsche-Topmodell.

Komplett neue Fahrwerks-Technik

Porsches wurden noch nie dafür gebaut, Dragster-Rennen geradeaus zu gewinnen. Schon der bisherige Taycan hatte mit Allrad-Lenkung und elektromechanischen Stabilisatoren ausgesprochene Kurventechnik an Bord. Diese Stabilisatoren, die aus den Luxus-SUVs des VW-Konzerns (zum Beispiel Bentley Bentayga) entlehnt waren, sorgten mit 48-Volt-Technik dafür dass der Taycan ohne jede Seitenneigung um jede Kurve fährt und dabei ein Gefühl von Carrera-Rennbahn vermittelt. Der Taycan war dabei schon immer bemerkenswert komfortabel, aber der Stabilisator verhärtet die Federung in Kurven doch ein wenig. Das und die Tatsache, dass Porsche die 48-Volt-Versorgung im Taycan einsparen wollte, waren Grund genug, die Technik nach vier Jahren aus dem Auto zu schmeißen. Stattdessen gibt es jetzt etwas Neues, und das soll noch besser sein.

Alle Taycan-Modelle fahren jetzt serienmäßig auf einer Luftfederung, die schon beim Basismodell als adaptive Zweikammer-Technik aufgebaut ist. Das neue aktive Fahrwerk “Porsche Active Ride” kommt mit einer Luftkammer pro Feder-Dämpfer-Einheit aus. Die Luftkammern sind mit je einer Hochleistungs-Pumpe pro Achse verbunden, die das Federbein mit Druck beaufschlagen können. Das System ist so flexibel ausgelegt, dass es jedes Rad einzeln nicht nur dämpfen, sondern sogar federn kann, indem es Kräfte nach oben oder unten bewirkt. Porsche Active Ride bewirkt zunächst genau das gleiche wie das bisherige aktive Fahrwerk: Der Taycan Turbo S liegt auch bei wirklich schneller Kurvenfahrt wie das sprichwörtliche Brett, es gibt überhaupt keine spürbare Seitenneigung. Der Komfort ist dabei aber nochmals eine Stufe besser als zuvor. Bei unserer Mitfahrt ist der Fahrmodus auf “Sport” gestellt, und entsprechend flott geht es um die Ecken. Das Auto rollt dabei aber sehr geschmeidig auch über Unebenheiten und vermittelt einen unglaublichen Komfort bei diesen Geschwindigkeiten.

Das Fahrwerk kann noch mehr: Per “Curve Tilt” legt sich der Taycan in die Kurve, indem er die natürliche Seitenneigung überkompensiert. Per “Helicopter-Funktion” werden Bremsnicken und das Ansteigen der Front bei Beschleunigung ins Gegenteil überkompensiert. Porsche-Fans, die sich jetzt vielleicht einen albernen Achterbahn-Modus vorstellen, können beruhigt sein: Die Überkompensation ist sehr dezent und dient ausschließlich dem Komfort. Deutlich spürbar ist sie bei der Mitfahrt nicht.

Welche Power in den Pumpen im Aktivfahrwerk steckt, wird bei der Niveauregulierung ersichtlich: Als Komfortfunktion kann das Fahrwerk zum Aussteigen aus der tiefsten Position um 77 Millimeter nach oben gefahren werden – das tut es in dem Augenblick, in dem man den Türöffner betätigt. Der Vorgang dauert deutlich weniger als eine Sekunde, was bedeutet, dass die Pumpen eine Leistung von mindestens vier kW aufbringen. Sie arbeiten dazu mit der 800-Volt-Versorgung des Fahrantriebs.

Schneller, stärker, weiter – und natürlich teurer

Kommen wir zum unangenehmen Teil. Die Zeiten, in denen der Taycan-Einstieg für unter 90.000 Euro möglich war, sind vorbei. Porsche hat gleich alle fünfstelligen Zahlen gestrichen: Der günstigste Taycan (Heckantrieb, 300 kW / 408 PS, 4,8 Sekunden von 0 bis 100 km/h) kostet 101.500 Euro, der Taycan Turbo S kostet als Cross Turismo mindestens 211.300 Euro. Dazwischen liegen die 4S-Modelle (400 kW / 544 PS) und die Turbo-Varianten (650 kW / 884 PS). Die Auslieferung der neuen Modelle sollte im Spätsommer beginnen.

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