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Porsche Taycan Turbo GT: Der reine Wahnsinn

Der Taycan Turbo GT ist das neue Spitzenmodell von Porsche mit Elektroantrieb. Wie schlägt sich der Tesla-Schreck auf der Rennstrecke?

Die Rekordmarken, die Rimac, Lucid und Tesla auf dem Nürburgring und dem Laguna Seca Reacetrack in den vergangenen Jahren hingelegt haben, schmerzten die Porsche-Verantwortlichen spürbar. Im Vergleich zur elektrischen Konkurrenz aus USA und Kroatien gab es beim eigenen elektrischen Flaggschiff ein Leistungsdefizit, das so einfach nicht auszugleichen war. So dauerte es bis zur Modellpflege des Taycan, ehe das neue Topmodell Turbo GT nachgelegt werden konnte. Der bietet zwar nicht mehr Leistung als die elektrischen Wettbewerber, knackt aber erstmals die 1.000-PS-Marke und setzt bei der Fahrdynamik neue Bestmarken, die – wie wir bei einer Testfahrt mit dem neuen Tesla-Schreck auf dem „Circuito Monteblanco“ in Andalusien feststellten – am Steuer einfach nur sprachlos machen.

porsche taycan turbo gt: der reine wahnsinn

Racer in Purplesky-Metallic Der Porsche Taycan Turbo GT kommt auf eine Antriebsleistung von 580 kW oder 789 PS, beim Start per Launch Control auf bis zu 760 kW (1.034 PS), die per Allradantrieb auf beeindruckende Art auf die Fahrbahn gebracht werden. Fotos: Porsche

Als ob die normalen Taycan-Versionen nicht schon mehr als genug Leistung hätten – der Turbo GT stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten. Zugleich hat der knapp fünf Meter lange Viertürer inzwischen zwei Rundenrekorde auf dem Nürburgring (7:07.551 Minuten) und auf dem Auf und Ab von Laguna Seca (1:27,87 Minuten) aufgestellt – wohlgemerkt für Elektroautos. Dafür sorgte eine deutlich höhere Systemleistung und mehr Power an der Hinterachse. Mit einem stärkeren Pulswechselrichter ausgerüstet, kommt der Porsche Taycan Turbo GT mit entsprechendem Weissach-Paket auf eine Antriebsleistung von 580 kW oder 789 PS, beim Start per Launch Control auf bis zu 760 kW (1.034 PS).

Attack-Mode wie in der Formel E

Und auf Knopfdruck und für je zehn Sekunden ist eine Mehrleistung von bis zu 120 kW abrufbar. Dieser Attack-Mode basiert auf der sogenannten Push-to-Pass-Funktion der übrigen Taycan Modelle, den man sich aus der Formel E abgeschaut hat. Der Boost wird durch einen Countdown-Timer im Kombiinstrument angezeigt und mit animierten Ringen im Tachometer dynamisch inszeniert. So schafft der stärkste Taycan den Imagespurt 0 auf Tempo 100 in 2,2 Sekunden. Bis Tempo 200 vergehen nur 6,4 Sekunden. Mit dem optionalen, aufpreisfreien Weissach-Paket, die das Sitzplatzangebot auf zwei reduziert, steigt die Höchstgeschwindigkeit von 290 auf 305 km/h.

porsche taycan turbo gt: der reine wahnsinn

Volle Konzentration Es ist Zeit, auf die Strecke zu gehen, dem Pace Car zu folgen und zu beten, dass der Regen für die nächsten 15 Minuten aufhört und die Strecke trocken bleibt.

An der Hinterachse des stärksten Taycan-Modells kommt ein Pulswechselrichter mit einer maximalen Stromstärke von 900 Ampere zum Einsatz. Für einen besseren Wirkungsgrad wird in diesem Wechselrichter das Halbleitermaterial Siliziumkarbid verwendet, das die Schaltverluste reduziert und bei maximaler Belastung höhere Schaltfrequenzen ermöglicht. Zusätzlich wurden das Übersetzungsverhältnis und die Robustheit des Getriebes verbessert, wodurch höhere Drehmomente möglich sind – maximal sind es nunmehr gigantische 1.340 Nm.

Kampf mit den G-Kräften

Die Reichweite der Taycan Turbo GT Modelle beträgt dabei nach der WLTP-Messmethode immerhin bis zu 555 Kilometer. Der Normverbrauch liegt zwischen 20,6 und 21,7 kWh auf 100 Kilometern. Für einen Preis von 240.000 Euro bietet die Topversion des Turbo GT unter anderem umfangreiches Spoilerwerk, Hochgeschwindigkeitsreifen, eine verstärkte Keramik-Bremsanlage und verschiedene Karbonelemente, die das Leergewicht um 75 Kilogramm senken.

Aber genug der Zahlenhuberei. Es ist Zeit, auf die Strecke zu gehen, dem Pace Car zu folgen und zu beten, dass der Regen für die nächsten 15 Minuten aufhört und die Strecke trocken bleibt. Nach der ersten Beschleunigung aus der Boxengasse gibt es keinerlei Überraschungen mehr: Nicht nur die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwas mehr als 2 Sekunden ist F1-Niveau, auch die Zwischenspurts sind schier atemberaubend: 1,1 Sekunden von 80 auf 120 km/h – Wahnsinn!

porsche taycan turbo gt: der reine wahnsinn

Weissach verleiht Flügel Der Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket ist für die Rundstrecke ausgelegt. Zugunsten eines noch besseren Leistungsgewichts wird hier unter anderem auf die Rücksitzbank verzichtet – das spart 70 Kilogramm.

Nach der ersten Aufwärmrunde steigert das Führungsfahrzeug das Tempo und das Bremsen erweist sich als genauso souverän wie von den Porsche-Ingenieuren versprochen. Selbst am Ende einer der beiden langen Geraden gibt es bei Tempo 220 Anzeichen dafür, dass der Körper mit den G-Kräften zu kämpfen hat. Dies ist der Zeitpunkt, an dem die spezielle EV-Mischung von Pirelli ihren Wert unter Beweis stellen kann, denn der Elektrokoloss bringt fast 2,5 Tonnen auf die Rennwaage. Das Torque Vectoring System hilft emsig, mit den Hunderten von Newtonmetern umzugehen, die mein rechter Fuß beim Abbremsen erzeugt.

Künstlicher Rennmotoren-Sound

Um den Attacke-Modus auszuprobieren, empfiehlt sich nennenswerter Abstand zum Vordermann, denn auf Knopfdruck gibt es einen zusätzlichen Boost, der einen schamlos in den Sportsitz presst. „Man kann den Boost auch mit Rennhandschuhen auslösen, ohne die Hand vom Lenkrad zu nehmen“, erklärt Porsche-Werksfahrer Lars Kern. Mit dem linken Lenkradpaddel lässt sich die Rekuperationsstufe einstellen und an die jeweilige Fahrsituation anpassen, aber in diesem Szenario auf der Rennstrecke ist mir das völlig egal.

So unwahrscheinlich es auch klingen mag, da es sich um einen Wechsel von etwa 900 auf etwa 1000 PS handelt, spüre ich einen weiteren Schub in meinem Rücken, begleitet von einem künstlichen Mehrzylinder-Motorsound, den Porsche für den akustischen Soundtrack des Turbo GT verwendet. Abgesehen vom entbehrlichen Klangszenario funktioniert der Attack Mode ähnlich wie das, was die Rennfahrer Pascal Wehrlein und Felix da Costa in ihrem Porsche 99X bei den Formel-E-Rennen gewohnt sind. Daran kann man sich gewöhnen.

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