Ladesäulen von Tesla und Allego stehen neben einer Tankstelle der TotalEnergies SE im sächsischen Schkeuditz.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos in Deutschland gerät durch rechtliche Auseinandersetzungen ins Stocken. Betroffen ist ein Großteil der Autobahnraststätten, die vor allem vom Konzessionär Tank & Rast betrieben werden. Vor rund zwei Jahren hatte das Unternehmen den Auftrag erhalten, seine Raststätten mit Schnellladesäulen auszustatten. Dagegen hatten der amerikanische Autobauer Tesla und der Netzbetreiber Fastned eine Klage eingereicht, die gerade den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt.
Mit der Entscheidung geht die Autobahngesellschaft auf Nummer sicher. Sollte sich die Ergänzungsvereinbarung mit Tank & Rast als unwirksam erweisen, könnten die Kosten erheblich sein. Die Rückabwicklung könnte lange dauern. Schon einmal hatte der EuGH einem verkehrspolitischen Großprojekt den Stecker gezogen: Die Pkw-Maut des ehemaligen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) ist dort 2019 gescheitert und führte dazu, dass sein Nachfolger Volker Wissing (FDP) 240 Millionen Euro Schadenersatz an die Betreiberunternehmen zahlen musste.
EuGH fällt sein Urteil vermutlich im Herbst 2024
Die rechtlichen Zweifel bedeuten auch, dass bis auf weiteres gerade an zentralen Stellen im Land keine Ladesäulen für E-Autos gebaut werden. Derzeit wird damit gerechnet, dass der EuGH im Herbst 2024 sein Urteil fällen könnte. Dann muss noch das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall in der Sache entscheiden. Damit wird im Frühjahr 2025 gerechnet. Die deutschen Richter behandeln das Verfahren von Tesla und Fastned federführend. Im Juni 2023 hatten sie dem EuGH einige Fragen zur Entscheidung vorgelegt. Die Luxemburger Richter sind gerade dabei, Stellungnahmen in dem Verfahren einzuholen.
Für Zweifel an der Rechtslage im Streit um die Ladesäulen an den Autobahnraststätten sorgen offenbar auch Erfahrungen der vergangenen Jahre um die Präsenz der Mineralölgesellschaften an den Autobahntankstellen. Die war ursprünglich an den Autobahntankstellen ohne Ausschreibung festgelegt worden, einfach entsprechend den Marktanteilen der Tankstellenmarken in Deutschland. Nach Beschwerden und Interventionen unter anderem des Bundeskartellamtes muss nun seit 2018 zumindest ein Teil dieser Belieferungsrechte in einer europaweiten Ausschreibung versteigert werden. Dieses Prinzip gilt für den Zeitraum von 2023 bis 2028 für 41 Prozent der Autobahntankstellen, während 49 Prozent der Tankstellen nach Marktanteilen in Deutschland vergeben wurden und 10 Prozent der Tankstellen direkt an Mineralölgesellschaften verpachtet sind. Nach dieser Erfahrung im Tankstellengeschäft scheint es zweifelhaft, dass nun die Möglichkeiten zum Bau von Ladesäulen ohne Ausschreibung vergeben werden wie in früheren Jahren die Belieferung von Autobahntankstellen.
Der Konzessionär Tank & Rast teilt mit, man sei daran interessiert „den Ausbau des Schnellladenetzes entlang den Autobahnen weiter konsequent voranzutreiben“. Für die Gesellschaft, die zuletzt Verluste ausgewiesen hat, wäre das eine Gelegenheit, die Besucherzahlen an den Raststätten zu erhöhen. Konkurrenten, etwa die Autohöfe, stört, dass anderswo Grund für die Ladesäulen erworben werden muss, während – nach Angabe der Bundesregierung – Tank und Rast bis 2022 an 325 Raststätten Grund aus dem Eigentum des Bundes zur Verfügung gestellt bekam. Dem linken Bundestagsabgeordneten Victor Perli, der seit Jahren das Thema verfolgt, ist das ein Dorn im Auge: „Meine Anfrage hat zutage gefördert, dass der Bund der Tank & Rast die Stellflächen für Ladesäulen quasi kostenfrei überlassen hat. Es ist keine Überraschung, dass sich Wettbewerber gegen die Bevorzugung von Tank & Rast wehren. Der Bund muss endlich damit aufhören, Tank & Rast zu hätscheln.“