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China-SUV mit deutscher Marke - Elaris Beo

Die deutsche Marke Elaris vertreibt mit dem Beo ein Elektro-SUV, das in China hergestellt wird. Wir waren mit dem Neuling unterwegs.

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Das Auto mit den drei Namen. In China heißt der SUV mitterlweile Skyworth EV6, in einigen Exportmärkten Skywell ET5. Bei uns vertreibt Elaris das Elektroauto als Beo.

Was hatte man früher nicht alles um die Ohren? Der erste Job, dazu ein Wochenend-Studium. Freunde treffen, Partys feiern und mehr. Da blieb kaum Zeit zum Einkaufen, zum Kochen erst recht nicht. So kam es, dass des Autors bester Freund lange Zeit ein Lieferdienst namens “Bettina’s Happy Heimservice” (ja, mit falsch gesetztem Apostroph!) war. Ob es Bettina in echt gab, ist nicht übermittelt. Sie (oder wer auch immer) präsentierte zumindest auf acht eng bedruckten Seiten eine Speisekarte, in der es über Burger und Sandwiches, griechische Gerichte und asiatische Currys alles gab, was Begehrlichkeiten weckt. Im Nachhinein sinniert man oft darüber, dass die Qualität der einzelnen Produkte mit dieser Vielfalt gewiss keinem Vergleich mit einem Spezialitätenrestaurant standhalten hätte können. Aber genau das war damals ja auch egal. Der Reiz von Bettina und ihrem Team lag in der Fülle der Möglichkeiten.

Womit wir endlich die Brücke zum Thema Auto im Allgemeinen und zum Elaris Beo im Speziellen schlagen können. Der 4,70 Meter lange SUV wäre zwar nicht das ideale Lieferdienst-Fahrzeug für den Großstadtverkehr (dafür gibt es bei Elaris zwei kleine Modelle), bietet aber ähnlich wie die Karte damals “einmal alles auf einmal”.

Dazu kommen wir gleich. Vorher stellt sich die Frage. Was ist das, ein Elaris Beo? In China läuft der Elektro-SUV beim Unternehmen Skywell vom Band, wird aber als EV6 unter der Marke des Kooperationspartners Skyworth vertrieben. Weil diese Modellbezeichnung bei Kia gewiss nicht gerne gesehen wird, exportieren die Chinesen das Auto in einige Märkte, darunter Polen und Rumänien, als Skywell ET5.

Bei uns kommt die in Grünstadt (Rheinland-Pfalz) ansässige Firma Elaris in Spiel. Unter dieser Marke vertreibt das Unternehmen Elektroautos, die von Kooperationspartnern in China als eine Art Zulieferprodukt bezogen werden. Dabei kümmert sich Elaris um die Feinabstimmung und beeinflusst auch die Entwicklung in China. Aus dem Skywell ET5/ Skyworth EV6 wird somit in Deutschland der Elaris Beo. Vertrieb und Service übernehmen aktuell 80 Filialen der Werkstattkette Euromaster, weitere Standorte sollen hinzukommen.

Auffallend unauffällig

Als rein chinesisches Produkt will Elaris den Beo nicht verstanden wissen. “Es ist vielmehr die gleiche Situation wie beim Apple iPhone”, erklärt CEO Lars Stevenson. “Entwickelt wird das Smartphone in Kalifornien, gebaut von Foxconn in China.”

Schon auf den ersten Blick gefällt das Design des Elaris Beo mit seiner Bodenständigkeit. Das für viele unbekannte Modell fällt im Straßenverkehr nicht auf, trotz beleuchtetem Skywell-Schriftzug am Heck. Die Markenidentität dürfte bei Elaris gerne noch geschärft werden, auch an der Front sowie im Innenraum trägt das Auto Logos und Schriftzüge von Skywell und Skyworth.

Mit einer Länge von 4,70 Metern ist der Beo in der SUV-Mittelklasse zu Hause. Reine Elektro-Konkurrenz gibt es in diesem Format bislang nur von Premiummarken (Audi e-tron, BMW iX3, Mercedes EQC). Im kommenden Jahr kommen Kia EV9 und Hyundai Ioniq 7 dazu.

Gegenüber seinen Mitbewerbern will der Elaris Beo vor allem mit dem Platzangebot punkten. Im Fond kommt man gar auf den Gedanken, vor den Beinen der Insassen noch eine Modellbahnanlage aufzubauen. Trotz serienmäßigem Panorama-Schiebedach passt auch die Kopffreiheit. Breite, elektrisch verstellbare Sessel sorgen auch in der ersten Reihe für Bequemlichkeit. Am Fahrersitz ist die Kopfstütze an den Außenseiten leicht gebogen. Das soll nicht nur für eine bequeme Liegeposition im Schlafmodus (beispielsweise bei Ladepausen, mit Countdown zum Wecker) sorgen, sondern ist auch während der Fahrt ein Komfortgewinn.

Mit 467 Litern Volumen eher durchschnittlich ist das Kofferraumvolumen im Heck. Ein weiteres Staufach unter der vorderen Haube gibt es nicht. Die Lehnen der Rücksitzbank sind geteilt umlegbar, klappen dann aber kaum nach vorne. Also muss erst die einteilige Sitzfläche aus der Verankerung genommen und nach vorne gefaltet werden. Aber auch dann entsteht keine ebene Fläche. Das ist so kompliziert, wie es klingt. Zudem ist das Zurückfalten mit dem Einfädeln der Gurtschlösser recht fummelig.

Gute Verarbeitung im Innenraum

Einen besseren Eindruck machen die Materialqualität und die Verarbeitung im Rest des Innenraums. Wildlederoptik an den Sitzen und ein blicksympathisches Furnier im Holzstil wirken sympathisch. Nichts klappert oder knistert.

Leider ist die Lenksäule im Testwagen nicht ausreichend weit verstellbar. Als großer Mensch mit weit nach hinten gestelltem Fahrersitz muss man die Arme zu stark ausstrecken. Abhilfe ist aber schon unterwegs. Alle ab Dezember 2022 zur Auslieferung anstehenden Beo-Exemplare kommen mit einem um zusätzliche 5,5 Zentimeter ausziehbaren Lenkrad. Außerdem ist dann ein Infotainmentsystem an Bord, das Googles Android Automotive als Betriebssystem nutzt.

Das dürfte die Bedienung verbessern. Auf dem 12,8 Zoll großen Touchscreen-Monitor kann man aktuell Karten eines “Turbo Dog 9” genannten Navigationssystems ablesen. Außerdem lassen sich hier die Energierekuperation (beinahe stufenlos) und weitere Fahr- und Komfortfunktionen einstellen. Auf Fingerdruck reagiert die Software leider immer leicht verzögert, was oftmals einen doppelten Klick zur Folge hat. Zudem dürften einzelne Icons gerne größer sein, damit man auch während der Fahrt besser trifft.

Auch die Klimabedienung ist in das Touchscreen-Menü integriert. Einige Funktionen wie die Umluftschaltung und Scheibenheizung werden über physische Tasten in der Klavierlack-Mittelkonsole bedient. Diese Knöpfe sind teils schlecht eingepasst und wirken nicht hochwertig.

Solide Elektro-Hausmannskost liefert der Elektroantrieb, der im Elaris Beo die Vorderräder antreibt. 150 kW (204 PS) und 320 Newtonmeter sind die Maximalwerte. Dabei hatte man wohl Elektro-SUV wie den VW ID.4 und seinen Bruder Skoda Enyaq als Zielgröße im Auge.

Die gebotene Leistung treibt den immerhin fast zwei schweren SUV ausreichend flott voran. Das Fahrwerk zeigt eine straffe Grundnote, kleinere Verwerfungen im Asphalt werden aber solide geschluckt. Nur harte Querfugen sind im Innenraum spürbar. Die Lenkung passt zum entspannten Charakter des Autos, wirkt dabei um die Mittellage herum leicht diffus.

75 kW Ladeleistung im Test

Neben der Motoleistung galten die MEB-SUV aus dem Volkswagen-Konzern wohl auch bei der Bestimmung der Batteriekapazität als Messgröße. Der Lithium-Ionen-Akku bietet ein Fassungsvermögen von 77 kWh.

Über 400 Kilometer Reichweite sollen damit nach WLTP-Norm zu schaffen sein. Und im Alltag? Da kann das ohne Probleme gelingen. Der Testverbrauch lieg bei 18,6 kWh Strom pro 100 Kilometer und damit leicht unter dem Normwert von 19,3 kWh. Bei entspannter Fahrweise kann man die 400-Kilometer-Marke knacken oder (weil man selten den Akku so gefährlich leer fährt) kurz vorher zur Ladesäule abbiegen.

100 kW Leistung am Schnelllader wurden für den Elaris Beo bisher versprochen, die neuen Modelle (siehe oben) schaffen laut Hersteller 120 kW. Unser Testwagen begnügte sich auch mit warmer Batterie mit maximal 75 kW, was Ladestopps entsprechend ausdehnte. Wechselstrom soll mit 11 kW dreiphasig fließen. Der ältere Testwagen hatte noch einen Onboard-Charger für einphasiges Laden verbaut.

Ein längerer Stopp bietet immerhin die Möglichkeit, sich durch die lange Liste der Serienausstattung zu arbeiten. Womit die eingangs erwähnte Speisekarte vom Lieferdienst wieder ins Gedächtnis wandert.

Bei der Konfiguration des Elaris Beo wurde kaum eine Option, die man von einem Zulieferer kaufen oder programmieren kann, ausgelassen. Gleichzeitig sind nicht alle Goodies ordentlich ausgeführt oder durchdacht. Das Laserfernlicht wirkt kaum heller als herkömmliche LED, zudem blendet das System oft auf undurchsichtige Art und Weise auf und ab. Auch hier sollen die kommenden Autos dank neuem Sensor verbessert worden sein. Der Parklenkassistent steigt bei jedem Versuch kurz nach der Aktivierung mit einer Fehlermeldung aus. Über die Sprachsteuerung ließ sich nur die Sitzheizung für den Fahrersitz einigermaßen zuverlässig aktivieren. Auch DAB+ war zwar offiziell vorhanden, konnte aber nicht genutzt werden.

Die Fahrassistenten geben ein besseres Bild ab. Auf der Autobahn hält der Elaris Beo zuverlässig die Spur, wenngleich die ständigen Bewegungen im Lenkrad leicht übergriffig wirken. Die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage gefällt mit einer sanften Regelung beim Aufschließen auf langsamer Autos, die Verkehrszeichenerkennung arbeitet zuverlässig.

Wer mag, kann auf dem Fernschnellweg bis zu “Tacho 159” schnell fahren, das sind real abgeregelte 150 km/h. Auch in diesem Tempobereich wirkt der Beo nicht nervös. Die Windgeräusche um die A-Säulen sind zwar wahrnehmbar, halten sich aber in Grenzen.

Gar nicht mal so günstig

Der Fabrikant in China, die deutsche Marke, der Handelspartner und dazwischen Logistik, Zoll und Homologation für den EU-Markt. Jeder will mitverdienen, was wohl den Preis für den Elaris Beo treibt. Ein supergünstiges Schnäppchen ist er trotz Vollausstattung nämlich nicht. 56.900 Euro kostet das Elektroauto. Immerhin mit fünf Jahren Garantie (zwei Jahre Herstellgarantie und drei Jahre Anschlussversicherung), mit einer Pannenservice-Mitgliedschaft beim AvD (Automobilclub von Deutschland) für den gleichen Zeitraum. Wie sich die Ersatzteilversorgung und der Service gestalten, kann nur die Zukunft zeigen.

VW ID.4 und Skoda Enyaq sind, einigermaßen ähnlich ausgestattet, ein paar Tausender günstiger zu haben als der Elaris Beo, bieten dafür aber auch etwas weniger großzügige Platzverhältnisse im Innenraum. Hier schließt ein anderer Konkurrent aus China auf, der Aiways U5. Ihn gibt es in der Prime-Version aktuell ab rund 45.500 Euro.

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