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Auf Milchstraßen-Jagd im Camper - Tipps fürs Fotografieren bei Nacht

Mit dem Camper auf Milchstraßenjagd. Sie wollen auch solche Fotos wie hier machen? Wir zeigen, wie’s geht.

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Solche Nächte am Meer auf Sardinien brennen sich nicht nur in den Sensor der Kamera, sondern auch tief ins Gedächtnis ein. Das Zentrum der Milchstraße kann hier nahezu ohne Lichtverschmutzung bewundert werden.

Mit dem Camper unterwegs zu sein bedeutet auch, Erinnerungen zu sammeln. Neben bleibenden Eindrücken im Kopf entstehen auf einer Reise bei vielen unzählige Fotos und Filme. Aber muss das immer tagsüber sein? Warum nicht auch mal die vermeintlich dunkle Nacht nutzen?

Am Beispiel der Milchstraße geben wir einen Einstieg in die Nacht- und Astrofotografie, die schon mit erstaunlich einfachen Mitteln möglich ist.

Was genau ist die Milchstraße?

Wer mal an einem wirklich dunklen Ort in einer klaren Nacht in den Sternenhimmel geschaut hat, wird vielleicht einen milchigen Streifen über sich entdeckt haben. Genau diesem Aussehen verdankt unsere Heimatgalaxie ihren Namen. In Wirklichkeit sehen wir unzählige einzelne Sterne, die dieses von der Erde aus sichtbare helle Band bilden. Als Teil der Milchstraße können wir zu bestimmten Zeiten auch ihr besonders beeindruckendes “galaktisches Zentrum” sehen, welches gleichzeitig das Objekt der Begierde vieler AstrofotografInnen ist.

Gut geplant ist halb gewonnen!

Diesen Anblick mit der Kamera festzuhalten ist gar nicht so schwierig. Allerdings kommt man nicht ganz ohne ein wenig Planung und das nötige Quäntchen Glück hinsichtlich des passenden Wetters aus. Was gilt es also zu beachten?

  • Milchstraßensaison: Zunächst müssen einige Bedingungen erfüllt sein, um das fotogene Zentrum und das helle Band der Milchstraße überhaupt sehen zu können. Der Blick auf diesen Teil unserer Galaxis ist uns in Mitteleuropa nämlich nicht das ganze Jahr über vergönnt, sondern lediglich in der “Milchstraßensaison” von Ende Februar bis Anfang Oktober. Und auch innerhalb der Saison gibt es unterschiedliche Zeiten in jeder Nacht, zu denen man auf Milchstraßenjagd gehen sollte.
  • Tageszeit: Während sie im Frühjahr noch als flacher Bogen vor Beginn der Morgendämmerung am Himmel zu sehen ist, steht das Band im Sommer und Herbst zunehmend steiler und früher am Nachthimmel.

Zum Glück gibt es heutzutage Apps, die für die Astro-Fotografie die passenden Zeiten auf Knopfdruck liefern. So zum Beispiel die App “PhotoPills” für iOS und Android. Diese bietet einen Planer, welcher die GZ-Sichtbarkeit anzeigt – also den Zeitraum, in dem das galaktische Zentrum am eingestellten Ort in der gewünschten Nacht zu sehen ist. Hierzulande “wandert” das helle Zentrum nachts während der Milchstraßensaison recht horizontnah zwischen Südosten und Südwesten, weshalb ein freier Blick in diese Richtung von Vorteil ist.

Neben einer 2D-Darstellung des Milchstraßenbogens, welche das Zentrum durch größere Kreise symbolisiert, gibt es eine weitere äußerst nützliche Funktion in der App: die Nacht-AR-Sicht. AR steht dabei für “Augmented Reality” und kombiniert schlichtweg das Live-Bild der Smartphone-Kamera mit der Einblendung der Milchstraße. Dank GPS, Kompass und Neigungssensor des Smartphones lässt sich so bereits tagsüber bei einem Ausflug ein passender Spot für die Nacht und die richtige Zeit dazu finden.

Hinsichtlich Ort und Zeit gibt es jedoch noch weitere wichtige Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die für die Milchstraßenfotografie wichtig sind. Es muss dunkel genug sein, um sie eindrucksvoll ablichten zu können. Und nicht jede Nacht und jeder Ort ist gleich dunkel. Beispielsweise in sogenannten Dark-Sky-Parks lässt sich der Sternenhimmel besonders gut beobachten:

Das verschlechtert die Nachtfotografie

Zu den natürlichen Feinden von AstrofotografInnen gehören neben Wolken:

  • Lichtverschmutzung: Es gibt kaum noch Orte auf der Welt, deren Nachthimmel nicht durch künstliches Licht gestört wird. In Richtung des Milchstraßenzentrums sollten daher keine größeren Städte liegen. Auch Lichtverschmutzungskarten im Internet geben Aufschluss über geeignete Orte.
  • Mond: Da auch das Mondlicht die Milchstraßenfotografie schwierig bis unmöglich macht, sollte der Mond in der geplanten Nacht nicht am Himmel stehen. Am besten eignen sich also die Nächte rund um den Neumond. Die Mondphasen lassen sich beispielsweise in gleichnamigen Apps herausfinden.
  • Dämmerung: Schließlich muss auch die Sonne tief genug unter dem Horizont stehen, sodass der Himmel maximal dunkel ist. Interessant wird es daher ca. 1,5 Stunden nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang – je nach Jahreszeit.

Die Kamera sieht mehr!

“Nachts sind alle Katzen grau” – dieses Sprichwort gilt zwar für unsere Augen, nicht aber für die Kamera. Durch eine lange Belichtungszeit von mehreren Sekunden kann diese so viel Licht einfangen, dass sie nicht nur sehr viel mehr Sterne, sondern auch wunderschöne Farben am Nachthimmel sichtbar machen kann. Und dafür braucht es gar nicht viel: Schon eine Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten, ein möglichst lichtstarkes Weitwinkelobjektiv und ein Stativ genügen für die ersten eigenen Milchstraßenaufnahmen. Sogar einige Smartphones leisten durch mehrminütige Aufnahmetechniken heute schon Erstaunliches in der Nacht.

Ein Limit beim Lichtsammeln ist im Wesentlichen durch die Erdrotation und die damit verbundene scheinbare Bewegung des Sternenhimmels gesetzt. Dies führt dazu, dass die Sterne im Bild nach einer bestimmten Belichtungszeit strichförmig werden – je mehr Brennweite, desto weniger Zeit bleibt dabei. Mit den genannten 10 bis 20 Sekunden fährt man aber im Weitwinkelbereich in der Regel gut.

Ist nun der Moment gekommen, die Pläne in einer sternenklaren Nacht in die Tat umzusetzen, gilt es eigentlich nur noch, eine große Herausforderung zu bewältigen: das Scharfstellen auf Unendlich – also den Sternenhimmel. Hier kommt es auf die Kamera und das Objektiv an. Manche Kameras bieten einen Sternen-Autofokus (Olympus mit dem “Starry Sky AF”), und manche zeigen eine hilfreiche Entfernungsskala im Display an (z. B. Sony). Ebenso besitzen viele Objektive eine aufgedruckte Entfernungsskala mit Unendlichkeitssymbol (∞), was beim groben Scharfstellen sehr nützlich ist.

Ist nicht zufällig ein Objektiv (wie von Irix) zur Hand, dessen Scharfstellring bei Unendlich einrastet, so muss man leider selbst Hand anlegen. Der Autofokus der Kamera ist nachts in der Regel überfordert, es sei denn, man kann ihn auf ein großes helles Objekt in der Nähe richten oder erzeugt ein solches notfalls selbst mit der Taschenlampe. Anderenfalls sollte das grob scharfgestellte Objektiv in den Sternenhimmel gerichtet werden, um im Live-View der Kamera idealerweise kleine weiße Punkte zu sehen. In der maximalen Vergrößerung dieser Live-Ansicht lässt sich nun der Scharfstellring des Objektivs vorsichtig so lang verstellen, bis diese Punkte minimal klein sind. Mit ein bisschen Übung ist dies eine sehr schnelle und zuverlässige Methode.

Um die Möglichkeiten des eigenen Equipments auszuloten, empfiehlt es sich, in einer Nacht verschiedene Aufnahmen mit unterschiedlichen Einstellungen hinsichtlich Blende, Belichtungszeit und ISO zu machen. Immer mit dem Ziel, möglichst viel Licht zu sammeln!

Licht ins Dunkle bringen!

Sind die Bilder nach der Fotonacht auf den Rechner geladen, kann sich durchaus eine gewisse Enttäuschung breitmachen. Unbearbeitet sehen Nachtaufnahmen häufig noch wenig spektakulär und meist auch noch viel zu dunkel aus. Um eine entsprechende Bildbearbeitung kommt man daher nicht herum. Diese ist jedoch auch kein Hexenwerk.

Durch die Aufnahme im RAW-Format lässt sich aus den Bildern noch einiges an Helligkeit und Farben herauskitzeln. Das weit verbreitete Programm Adobe Lightroom bietet sich zur Organisation und Bearbeitung der Fotos an, aber auch andere Lösungen wie Affinity Photo oder ähnliche haben einen vergleichbaren Funktionsumfang hinsichtlich der Bildbearbeitung.

Mehr ist für eine einfache Bearbeitung eines Milchstraßenbildes gar nicht nötig.

Kameraeinstellungen

Um optimal auf die Fotonacht vorbereitet zu sein, sollten Sie die wichtigsten Einstellungen schon vorher an der Kamera vornehmen:

  • Aufnahmeformat: RAW, um später noch alle Möglichkeiten in der Bildbearbeitung zu haben
  • Modus: M (manueller Modus), keine Belichtungsautomatik
  • ISO-Wert: 1600–6400, je nach Kamera
  • Blende: größte Blendenöffnung (kleinste Zahl), z. B. f/2.8
  • Belichtungszeit: zwischen 10 und 20 Sekunden, je nach Brennweite
  • Weißabgleich: zunächst egal, da dies in der Nachbearbeitung eingestellt werden kann – dieser kann daher ruhig auf Tageslicht eingestellt bleiben
  • Auslöser: Selbstauslöser, z. B. mit 2 Sekunden Vorlauf, um die Aufnahme beim Auslösen nicht zu verwackeln
  • Autofokus: deaktivieren
  • Bildstabilisator (falls vorhanden): deaktivieren

Bearbeitung einer Nachtaufnahme

Zu den wichtigsten und wirkungsvollsten Reglern für Nachtaufnahmen gehören:

  • Weißabgleich (bzw. Temperatur und Tönung): Ziel sollte ein möglichst neutralgrauer Himmelshintergrund sein. In Lightroom klappt dies häufig, indem man mit der Pipette in einen sternenfreien Bereich des Himmels klickt.
  • Belichtung: Häufig ist eine Nachbelichtung von Nachtaufnahmen notwendig, was bis +1-Blende in der Regel kein Problem darstellt.
  • Lichter und Tiefen: Einer Astrolandschaftsaufnahme kommt es sehr zugute, wenn die Lichter im Bild reduziert und die Tiefen angehoben werden. Dadurch wird die Lichtverschmutzung minimiert und mehr Details des Vordergrunds werden sichtbar.
  • Weißwert: Ein gleichzeitiges Anheben des Weißwerts lässt den Sternenhimmel leuchtender und brillanter erscheinen.
  • Klarheit und Dunst entfernen: Durch dosierten Einsatz dieser Regler bekommt das Bild mehr Struktur und Kontrast, vor allem im Bereich des Milchstraßenzentrums.
  • Dynamik und Sättigung: Farben im Bild lassen sich mit diesen beiden Reglern gut betonen.
  • Rauschreduzierung: Das häufig in Nachtbildern auftretende Luminanzrauschen kann man durch den gleichnamigen Regler recht gut in den Griff bekommen.
  • Vignettierung: Aufgrund der offenen Blende, die üblicherweise nachts zum Einsatz kommt, entsteht meist eine deutliche Randabschattung, die jedoch recht einfach eliminiert werden kann.

Mehr Wissen zur Nachtfotografie

Für alle, die mehr über die Astrofotografie mit einfachen Mitteln erfahren möchten, lohnt sich ein Blick in das Buch der Autorin dieses Artikels. Auf knapp 400 Seiten werden hier verschiedenste Motive der Nacht anschaulich vorgestellt. Anhand von konkreten Beispielprojekten werden Planung, Aufnahme und Bearbeitung der Bilder Schritt für Schritt erklärt.

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