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Nach Audi-R8-Todesfahrt auf A95: Münchner Student erhält zwei Jahre auf Bewährung

Nach Audi-R8-Todesfahrt auf A95: Münchner Student erhält zwei Jahre auf Bewährung

Am 1. September 2019 starb der junge Gautinger Benedikt Apostoli auf der A95. Lange hieß es, er selbst sei am Steuer gesessen. Nun wurde der der Fahrer des 600-PS-Boliden, ein 26-jähriger Münchner Student, zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Richterin kritisierte in ihrer Begründung die Ermittlungsarbeit der Polizei.

Update, 3. März: Der 26-jährige Alexander K. wurde am Freitag wegen eines illegalen Autorennens und fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Währenddessen muss der Münchner Student 400 Stunden für eine gemeinnützige Einrichtung arbeiten, vorzugsweise in der Altenpflege oder im Krankenhaus, wie Richterin Betina Dettenhofer sagte. Außerdem muss K. 20 Stunden bei einem Verkehrspsychologen verbringen.

Seinen Führerschein, der im April 2021 beschlagnahmt worden war, bekommt er weitere drei Jahre nicht zurück. Sollte er in der Zeit umziehen, muss er das dem Gericht unaufgefordert melden. Die Anwälte von Alexander K. hatten vor den Plädoyers verkündet, dass kurz zuvor, am Freitag, eine Täter-Opfer-Ausgleichszahlung von 50 000 Euro auf dem Konto der Nebenkläger eingegangen sei. Diese Tatsache wirkte sich mindernd auf das Strafmaß aus.

Todesfahrt Gauting: Richterin kritisiert Polizei in Ermittlungsarbeit scharf

Klaus Höchstetter, Anwalt des Nebenklägers Raphael Apostoli, Bruder des Verstorbenen, kündigte auf Nachfrage der Presse an, dass die Familie wohl nicht in Berufung gehen wird – auch weil sie den Fall, so gut es geht, abschließen wolle. Der Anwalt werde allerdings noch Rücksprache mit den Gautingern halten. Das Urteil nannte er „vertretbar und gut begründet“.

Die Richterin nannte in ihrer Urteilsbegründung die Ermittlungsarbeit der Polizei „nicht nachvollziehbar“. Sie habe, auch öffentlich, lange den Verdacht aufrecht erhalten, dass Benedikt Apostoli der Fahrer war – obwohl dies schon kurz nach dem Unfall von Sachverständigen und bei der Obduktion widerlegt worden war. Apostoli galt lange als der „Todesfahrer von Gauting“.

Update, 2. März: Als der Notarzt als Zeuge gehört war und die Gutachter ihre Einschätzungen aktualisiert hatten, stand am Mittwochnachmittag noch mal Alexander K. im Mittelpunkt. Der 26-jährige Student, der sich vor dem Amtsgericht München wegen eines illegalen Autorennens und fahrlässiger Tötung verantworten muss. Weil er den Audi R8 Spyder steuerte, der am 1. September 2019 auf der A 95 vor dem Starnberger Dreieck mit mehr als 300 km/h über die Leitplanke flog und an einem Baum zerschellte. Der damals 23-jährige Gautinger Benedikt Apostoli, der auf dem Beifahrersitz saß, starb.

Die beiden Staatsanwältinnen und der Anwalt des Nebenklägers Raphael Apostoli, Bruder des Verstorbenen, fragten K. über seine Lebensumstände aus. Der junge Mann antwortete ohne Umschweife. Alle in seinem Umfeld hätten ihm zu einer Therapie geraten, um das schreckliche Geschehen zu verarbeiten. Er habe sich bisher aber nicht dazu durchringen können. „Ich wollte es nicht immer wieder aufwühlen. Jetzt noch der Prozess, das war einfach zu viel“, sagte er. Und etwas später: „Eine Therapie hätte sicher etwas gebracht, aber sie bringt Ben nicht zurück.“ K. denke jeden Tag an den Unfall.

Audi TT als Geburtstagsgeschenk

Die Eltern des 26-Jährigen leben seiner Aussage nach getrennt, seit er etwa acht Jahre alt war. Mit der Mutter kam er damals von Bonn nach München, der Vater unterstützt ihn finanziell monatlich mit 3000 Euro, laut K. gehen davon 1500 Euro für die Miete weg. Zu seinem 21. Geburtstag habe er einen gebrauchten Audi TT im Wert von 40 000 Euro geschenkt bekommen, den er ein Jahr später wieder für 20 000 Euro verkauft habe. Einen Job habe er nicht, sein weit fortgeschrittenes Bachelor-Studium wolle er fortsetzen. Ob ihm überhaupt klar sei, dass er wie durch ein Wunder überlebt habe, fragte eine der Staatsanwältinnen. „Das hab ich mir auch oft gedacht“, entgegnete K.

Ein gutes Jahr nach dem Unfall wurde er geblitzt, auf der Landsberger Straße in München war er 21 km/h zu schnell. Im April 2021 wurde sein Führerschein beschlagnahmt. Mit weit über Tempo 200, auch auf Staatsstraßen, waren die Männer 2019 durch die Region gerast. Knapp 300 Kilometer legten sie bis zum Unfall in der Nacht des 1. September um 1.58 Uhr zurück. Gemietet hatten sie den 600-PS-Sportwagen – für etwa 1000 Euro – am Mittag davor. Am Freitag ab 9 Uhr werden die Plädoyers und das Urteil erwartet.

Update, 1. März: Was steckte hinter den „neuen Ermittlungsansätzen“, die Richterin Betina Dettenhofer im Prozess zum tödlichen Raser-Unfall auf der A 95 vom 1. September 2019 angekündigt hatte? Maßgeblich war es der Notarzt, ein 55-jähriger Starnberger, der damals zur Unfallstelle alarmiert worden war und der am Mittwoch als Zeuge vor dem Amtsgericht München aussagte. Er habe sich nach der Berichterstattung über die Verhandlung gemeldet, hieß es. Am dritten Prozesstag ging es zudem nochmals um gutachterliche Details, die die bisherigen Erkenntnisse stützten.

Der 26-jährige Student Alexander K. muss sich wie berichtet wegen eines illegalen Autorennens und fahrlässiger Tötung verantworten – dafür, dass sein damaliger Freund aus Gauting, Benedikt Apostoli, bei dem Unfall ums Leben kam. Mit mehr als 300 km/h war der Audi R8 Spyder bei Oberdill über die Leitplanke geflogen und gegen einen Baum geprallt. Die Schilderungen des Notarztes und die Reaktionen dreier Sachverständiger darauf bestätigten erneut, dass Alexander K. mit sehr großer Wahrscheinlichkeit am Steuer gesessen haben muss.

Lange nach dem Unfall gab es Gerüchte – der 23-jährige Verstorbene wurde „Todesfahrer von Gauting“ genannt. Aufgrund seiner massiven Verletzungen müsse er jedoch auf dem Beifahrersitz gesessen haben. Das behauptete Alexander K., unter Schock stehend, im Rettungswagen gegenüber dem Notarzt wiederum von sich. Er habe den Starnberger gefragt, in welchem Auto er gesessen sei – im Bentley, der ebenfalls an der nächtlichen der Raserei beteiligt war, oder im Audi? Als der Notarzt den Audi nannte, habe K. entgegnet: „Dann war ich der Beifahrer.“ Im Vergleich zum Verstorbenen überlebte K. wie durch ein Wunder – und nur mit einer Platzwunde am Kopf, geprellten Rippen und einer Fraktur an der Schulter.

Der Arzt berichtete, dass er etwas verspätet an der Unfallstelle eingetroffen war, weil er zunächst auf die andere Fahrbahn (wieder Richtung Starnberg) wechseln hatte müssen. Auf Nachfrage einer Staatsanwältin, ob ihm die Beifahrer-Behauptung angesichts der geringen Verletzungen nicht komisch vorgekommen sei, sagte er: „Ich habe keine Erklärung, wie man diesen Unfall überhaupt überleben kann.“ Er sprach von einem „unübersichtlichen Trümmerfeld“, das er vorgefunden habe. Er sei, nachdem er K. ins Klinikum Großhadern eingeliefert habe, noch mal an den Unfallort zurückgekehrt. Weil er sich den Hergang erklären wollte. Seine Mutmaßung, der Beifahrersitz sei in gerader Linie aus dem Auto katapultiert worden, relativierten die Sachverständigen. Auch weil der Sitz per Hand von der einen auf die andere Fahrbahnseite gezogen worden sei (was der Notarzt nicht gewusst habe). Von wem, das wurde nicht klar.

Das Verfahren wird am Freitag ab 9 Uhr fortgesetzt.

Update, 17. Februar: Gauting – Eigentlich war für den heutigen Freitag das Urteil im Prozess gegen Alexander K. erwartet worden. Er muss sich derzeit vor dem Amtsgericht München verantworten, weil er am Steuer des Wagens saß, der am 1. September 2019 in Oberdill mit über 300 Stundenkilometern gegen einen Baum prallte und den Tod seines Beifahrers Benedikt Apostoli verursachte.

Doch es kam anders: Richterin Betina Dettenhofer verkündete, dass der Prozess fortgeführt werden muss. „Es sind neue Ermittlungsansätze aufgetaucht“, sagte sie. Konkreter wurde sie nicht. Auch die übrigen Prozessteilnehmer wahrten Stillschweigen. Möglicherweise hat sich ein neuer Zeuge gemeldet.

Auf Drängen von Klaus Höchstetter, Anwalt des Nebenklägers Raphael Apostoli, zogen sich das Schöffengericht, Verteidiger Florian Schmidtke sowie die Vertreter der Staatsanwaltschaft zu einer etwa 20-minütigen Besprechung zurück. Weil das Verfahren innerhalb von drei Wochen fortgesetzt werden muss, wurde ein neuer Termin für Mittwoch, 1. März, vereinbart. Der Angeklagte nutzte den Termin am Freitag, um sich bei Nebenkläger Raphael Apostoli, dem Bruder des Verstorbenen, zu entschuldigen. Er erhob sich und sagte: „Ich wollte Dir persönlich sagen, dass mir alles fürchterlich leid tut.“ Apostoli selbst, der diese Entschuldigung lange geforderte hatte, sagte dazu nichts.

Ursprünglicher Artikel vom 15. Februar: Gauting – Für die Familie Apostoli brach am 1. September 2019 eine Welt zusammen. Der Sonnenschein der Familie, Benedikt, zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt, starb bei einem nächtlichen Autounfall auf der A 95 auf Höhe von Oberdill. Auch die Umstände waren ein Schock: Ben – so sein Spitzname – saß in einem geliehenen 600-PS-Boliden, der mit deutlich mehr als 300 Stundenkilometern auf der Autobahn in Richtung Süden bretterte und an einem Baum regelrecht zerschellte. Kurz darauf kamen Gerüchte auf, dass der allseits beliebte IT-Kaufmann selbst am Steuer gesessen habe, das Wort „Todesfahrer von Gauting“ machte die Runde. Davon und von allem, was seither geschah, ist die Familie Apostoli, bekannt als Besitzer des Restaurants Krapf an der Bahnhofstraße, traumatisiert.

Zumindest juristisch könnte der Fall jetzt zu einem Abschluss kommen: Am Mittwoch wurde am Amtsgericht München der Prozess gegen Alexander K. eröffnet. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft saß der 26-Jährige am Lenkrad des Unglücksautos und nicht Benedikt. Das ist das Ergebnis intensiver rechtsmedizinischer Ermittlungen, unter anderem wurden DNA-Spuren ausgewertet. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: verbotenes Fahrzeugrennen in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung. Dem Angeklagten drohen bis zu fünf Jahre Haft.

nach audi-r8-todesfahrt auf a95: münchner student erhält zwei jahre auf bewährungFoto © Matthias Balk/dpa

Der einzige aus der Familie, der die Kraft aufbrachte, dem Prozess zu folgen, war der ältere Bruder Raphael Apostoli (28), von Beruf Polizeibeamter. „Ich hoffe, dass jetzt alles definitiv aufgeklärt wird und der Angeklagte seine gerechte Strafe bekommt“, sagte er. Er tritt als Nebenkläger auf und wird von Anwalt Klaus Höchstetter vertreten.

Die Anklageschrift fasste zusammen, was nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft damals passiert sein muss. Demnach mieteten sich Benedikt und der Angeklagte am Samstag, 31. August, in Kirchheim einen Audi R8 Spyder, 600 PS stark, Höchstgeschwindigkeit 328 km/h. Weil der Bolide noch Winterreifen aufgezogen hatte, wurde ihnen geraten, nicht schneller als 210 Stundenkilometer zu fahren. Doch die Freunde hielten sich nicht daran. Auf der A 95 und in den Kreisen Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach testeten sie aus, was das silbergraue Cabrio hergab. Mit dabei war mindestens noch ein weiterer Bekannter mit dessen Bentley Continental GT Speed. Alle drei wechselten sich offenbar als Fahrer der beiden Sportwagen ab.

Dabei kamen nach Erkenntnissen der Ermittler mindestens 149 erhebliche Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 26 km/h zustande. Gegen Mitternacht konzentrierten sich die Fahrer auf die A 95 zwischen der Anschlussstelle München-Fürstenried und dem Dreieck Starnberg.

Gegen 1.44 Uhr traten beide Fahrzeuge nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf dem Teilstück in ein Wettrennen. Um 1.58 Uhr passierte es. Bei Oberdill verlor der Fahrer bei einer Geschwindigkeit von mindestens 305 km/h die Kontrolle über den Audi. Das Fahrzeug kollidierte mit der Mittelplanke, schoss quer über die Fahrbahn, unterfuhr die rechte Leitplanke und prallte mit der Beifahrerseite gegen den Baum. Benedikt als angegurteter Beifahrer wurde mit dem Sitz aus dem Fahrzeug geschleudert und starb noch an der Unfallstelle. Alexander K. hatte Glück: Er konnte das Krankenhaus nach wenigen Tagen wieder verlassen. Wie heftig der Crash war, beschrieb ein junger Iraker im Zeugenstand. Er war ebenfalls auf der A 95 unterwegs, als es passierte. „Ich dachte erst an einen Bombeneinschlag“, sagte er gestern.

nach audi-r8-todesfahrt auf a95: münchner student erhält zwei jahre auf bewährungFoto © Matthias Balk/dpa

Alexander K. – Student, gebürtig in Bonn – verlas zu Prozessbeginn eine Stellungnahme. Nach wenigen Sätzen versagte ihm die Stimme, dann übernahm sein Anwalt. Schenkt man dieser Erklärung Glauben, waren er und Ben die besten Freunde. „Dass er tot ist, hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich bin nach wie vor in psychologischer Behandlung.“

Daran, wer von beiden bei der Unglücksfahrt am Steuer gesessen habe, könne er sich beim besten Willen nicht erinnern. Zur Beerdigung habe er einen Kranz und eine Beileidskarte geschickt. „Bis heute habe ich mich nicht getraut, Kontakt zur Familie aufzunehmen.“ Außerdem wehrte er sich gegen den Vorwurf, sehr bald nach dem Unfall Ben als Fahrer benannt und ihm damit die Tat in die Schuhe geschoben zu haben. „Ich stand unter Medikamenten und war gar nicht in der Lage, irgendwelche taktischen Aussagen zu machen.“

Raphael Apostoli, der als erster Zeuge gehört wurde, stellte dem Angeklagten kein gutes Zeugnis aus. „Er war der Dominante in der Freundschaft, auch wegen des vielen Geldes, das er hatte“, sagte er. Es sei offensichtlich gewesen, dass K. eine gefährliche Neigung zum Hochgeschwindigkeitsfahren und zum Driften hatte. „Ben hat sogar einmal einen Punkt in Flensburg für ihn übernommen“, erzählte er. Aber dass er sich davon anstecken ließ? „Das habe ich mir nicht vorstellen können.“ Benedikt sei im Gegenteil ein guter und besonnener Autofahrer gewesen, auf seinen Trips nach Italien oder Frankreich habe er viele Kilometer zusammengebracht – ohne dass irgendetwas passiert wäre. An eine Beileidskarte des Angeklagten konnte er sich nicht erinnern. „Wir haben 800 Stück bekommen. Ihm und seiner Familie konnten wir keine zuordnen.“

An den 1. September 2019 konnte sich Raphael noch ganz genau erinnern. Frühmorgens schaute er auf sein Handy und las auf Instagram einen Zeitungsartikel über einen tödlichen Unfall auf der A 95, mit einem Audi, wie ihn sich Benedikt ausleihen wollte. Da kam ihm ein schrecklicher Verdacht. Nachdem er Ben nicht erreichen konnte, rief er bei der Gautinger Polizei an, wo man ihm sagte: „Wir sind auf dem Weg zu dir.“ Den Eltern, die sich zu diesem Zeitpunkt in Italien aufhielten, musste er die schlimme Nachricht überbringen. „Sie sind daran zerbrochen“, sagte er.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Dann sollen die Plädoyers gehalten und ein Urteil gesprochen werden.

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