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Mercedes 300 SEL 6.3 Pininfarina Coupé (1970): Einzelstück, Preis, W 109

Schön ist anders: Das Mercedes 300 SEL 6.3 Pininfarina Coupé ist ein Einzelstück, das 1969 für einen wohlhabenden Geschäftsmann entworfen wurde!

Dieser spektakuläre Mercedes soll einst so viel wie 83 VW Käfer gekostet haben! Was, wenn ein Rolls-Royce oder ein Mercedes 300 SEL 6.3 nicht gut genug sind? Mit dieser Frage sah sich ein erfolgreicher Geschäftsmann aus den Niederlanden 1969 konfrontiert. Die einfache Lösung: Er ließ sich sein ganz persönliches Traumauto bauen – ein sündhaft teures Einzelstück, versteht sich. 54 Jahre später steht der skurrile Mercedes wieder zum Verkauf. Günstig ist er allerdings immer noch nicht!


Der niederländische Autohändler “Ibalo Luxury Sportscars” hat das einzigartige Mercedes 300 SEL 6.3 Pininfarina Coupé im Angebot, über das lange Zeit der Mantel des Schweigens gehüllt wurde. Dabei ist die Geschichte hinter dem Benz mit der maßgeschneiderten italienischen Karosserie durchaus interessant.

Der Kunde wollte ein einzigartiges Auto

Es ist das Jahr 1969 als ein sehr wohlhabender Geschäftsmann aus den Niederlanden auf der Suche nach einem neuen Auto ist. Bisher fuhr er Rolls-Royce, doch es sollte etwas Neues her. Ein Auto, das einzigartig aber gleichzeitig zuverlässig sein sollte. Mercedes hatte erst kürzlich den 300 SEL 6.3 vorgestellt. Eine Luxuslimousine mit mächtigem 6,3-Liter-V8 (M 100). Dank 250 PS war der 6.3 in den 1960er-Jahren die schnellste Serienlimousine der Welt. Eigentlich genau das richtige Auto für unseren Geschäftsmann. Das einzige Problem: Auch wenn der SEL sehr teuer und exklusiv war, so blieb es ein Auto von der Stange. mercedes 300 sel 6.3 pininfarina coupé (1970): einzelstück, preis, w 109

Gleiche Abmessungen aber ein völlig anderer Look. Pininfarina hat aus dem W 109 ein zweitüriges Coupé gemacht.


Doch er hatte eine Idee: Wie wäre es mit einem Coupé auf Basis des SEL 6.3? Ein Einzelstück nur für ihn. Die Geschichte besagt, dass Mercedes sich nicht gerade begeistert von der Idee zeigte und den speziellen Kundenwunsch ablehnte. So schnell wollte sich der Niederländer jedoch nicht abwimmeln lassen. Mit dem Traum vom zweitürigen SEL Coupé wandte er sich an Pininfarina. Das Turiner Designhaus hatte schließlich erst fünf Jahre zuvor das Mercedes 230 SL Coupé Pininfarina auf Basis einer Pagode entworfen. In Turin wurden der Geschäftsmann, seine Idee und natürlich sein Scheckbuch mit offenen Armen empfangen und schon wenig später machte sich das Designteam an die Arbeit.

1970 war das Einzelstück fertig

1970 war das Einzelstück, das auf Basis einen neuen Mercedes 300 SEL 6.3 entstand, fertig. Das Ergebnis spaltet bis heute die Gemüter. Während es für viele Stern-Fans einfach der hässlichste Mercedes aller Zeiten ist, betrachten Design-Experten die Pininfarina-Designsprache bis heute als revolutionär und ihrer Zeit voraus an. Dass heutzutage weder Pininfarina noch Mercedes Informationen zu dem einzigartigen Projekt haben oder herausgeben wollen, könnte jedenfalls ein Indiz dafür sein, dass nicht alle involvierten Personen zu 100 Prozent mit dem Ergebnis zufrieden waren. mercedes 300 sel 6.3 pininfarina coupé (1970): einzelstück, preis, w 109

Die Front hat praktisch nichts mehr mit der eines serienmäßigen W 109 gemeinsam.


Auf den ersten Blick sieht das Pininfarina Coupé dem Rolls-Royce Camargue, der erst 1975 und damit fünf Jahre nach dem Einzelstück auf den Markt kam, zum Verwechseln ähnlich. Das liegt daran, dass auch der 5,17 Meter lange Rolls-Royce bei Pininfarina unter der Leitung von Paolo Martin entworfen wurde. Martin war auch für den Mercedes-Umbau verantwortlich.

Praktisch identische Abmessungen wie ein SEL

Markant: Auch wenn die Limousine zum Coupé ummodelliert wurde, blieben die Abmessungen nahezu identisch. Das Einzelstück ist ziemlich genau fünf Meter lang und der Radstand misst 2,85 Meter. Die Windschutzscheibe wurde nach hinten versetzt und flacher angestellt, die Motorhaube verlängert. Das Dach entstand in Handarbeit, wodurch das Coupé etwa sieben Zentimeter flacher ist, als das Basisfahrzeug. Da die Pininfarina-Kreation von Anfang an als Coupé erdacht wurde, fiel das Greenhouse naturgemäß deutlich kleiner aus als beim SEL. Besonders spektakulär ist die Front. Mit Ausnahme der Radhäuser verzichtete Martin auf jegliche Rundungen. Die kantigen Kotflügel beherbergen zwei runde Scheinwerfer und die Blinker. Dazwischen befindet sich ein breiter, aufrechtstehender Kühlergrill, der an den der Pagode erinnert und dem Einzelstück einen völlig neuen Look verpasst. Wer sich das Design etwas genauer anschaut, könnte den Eindruck bekommen, dass Musiker und Hobby-Designer Will.i.am seine Inspiration für den 2022 präsentierten “WILL.I.AMG” im Pininfarina Coupé fand. mercedes 300 sel 6.3 pininfarina coupé (1970): einzelstück, preis, w 109

Im Vergleich zur Front und der Seitenansicht ist das Heck des Pininfarina Coupé eher unspektakulär.


Die typische Pininfarina-Sicke läuft über die gesamte Fahrzeugbreite nach hinten hin aus und endet in einer eher unspektakulären Heckansicht. Der Preis für das Einzelstück soll 1970 400.000 Niederländische Gulden betragen haben – so viel wie 83 neue VW Käfer zu dieser Zeit. Die Geschichte besagt aber auch, dass der Geschäftsmann nicht vollends zufrieden war, da das Design auf früheren Entwürfen von Pininfarina deutlich eleganter gewirkt haben soll. Dennoch nahm er seinen ganz besonderen W 109 mit italienischer Maßkarosserie in Empfang und fuhr das Coupé regelmäßig.
Dabei soll es aber ein entscheidendes Problem gegeben haben. Angeblich fuhr die Frau des Geschäftsmannes, dessen Familie bis heute anonym bleiben möchte, nicht gerne im Pininfarina Coupé mit, da angebliche Abgase den Weg in den Innenraum fanden und ihr dadurch bei jeder Fahrt unwohl wurde. Außerdem soll das Coupé, das kurioserweise schwerer als die viertürige Limousine sein soll, trotz Luftfederung nicht so komfortabel gewesen sein. mercedes 300 sel 6.3 pininfarina coupé (1970): einzelstück, preis, w 109

Der 6332 ccm große V8 mit 250 PS blieb unangetastet, da der Kunde ein zuverlässiges Auto wollte.


Ungeachtet dessen wurde das Einzelstück viel gefahren. Als der Geschäftsmann sich Ende der 1970er-Jahre von seinem Pininfarina Coupé trennte, soll der Kilometerstand ungefähr 65.000 betragen haben. Ab diesem Zeitpunkt fuhr er übrigens wieder Rolls-Royce, so die Geschichte.

Nur 71.875 Kilometer auf dem Tacho

Der zweite Eigentümer soll den Mercedes über 30 Jahre besessen haben, ihn in dieser Zeit jedoch nur noch sehr wenig gefahren sein. Als der Händler “Ibalo Luxury Sportscars” das Einzelstück in einer Scheune fand, betrug der Kilometerstand nur 71.875. Trotz einer langen Standzeit und einer dicken Staubschicht genügte eine frische Batterie, um den V8 wieder zum Leben zu erwecken. Während es lange nur einige wenige zeitgenössische Bilder des großen Coupés gab, existieren jetzt frische Fotos des Pininfarina SEL. Darauf ist zu erkennen, dass sich das Einzelstück weitestgehend im Originalzustand befindet. Einzig die schwarzen Scheinwerfer-Rahmen ließ der Zweitbesitzer gegen Chrom-Teile tauschen. mercedes 300 sel 6.3 pininfarina coupé (1970): einzelstück, preis, w 109

Erstaunlicher guten Innenraumzustand für ein über 50 Jahre altes Auto. Der grüne Teppich ist skurril.


Die letzten 50 Jahre sind allerdings nicht spurlos an dem Mercedes in der Farbe “Graumetallic” vorbeigegangen. An den Türkanten sind Rostbläschen zu erkennen und auch der Unterboden blieb nicht vom Rost verschont. Der Lack ist teilweise verblichen und aufgeplatzt und auch die Windschutzscheibe ist verkratzt. Hierbei handelt es sich eben um ein unrestauriertes Original mit entsprechender Patina. Der Innenraum mit dem cognacfarbenen Leder und dem grünen Teppich sieht hingegen vergleichsweise gepflegt aus. lediglich das Holz könnte mal aufgearbeitet werden. Der Händler hat bereits einige Teile erneuert. In Zukunft soll das Pininfarina Coupé sorgfältig restauriert und konserviert werden, wobei die Patina möglichst erhalten bleiben soll.

999.999 Euro soll das Einzelstück kosten

Der Preis für das skurrile Einzelstück ist mit 999.999 Euro angegeben. Ob es sich dabei um den tatsächlichen Preis oder eine Art Platzhalter handelt? Eine Frage, die der Händler nur ernsthaft interessierten Kunden beantwortet. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass das Pininfarina Coupé tatsächliche eine Million Euro kosten soll, schließlich war es bereits 1970 so viel Wert wie 83 VW Käfer.

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