Beliebtes Modell für automobile Fälschungen: Der Porsche 911 2.7 RS.
Von wegen Ölflecken auf dem Boden, Spinnweben in den Fenstern und rostige Ersatzteile in den Regalen: Wer sein Liebhaberauto zu Sebastian Hoffmann bringt, der steht eher in einem Labor als einer Werkstatt.
Statt mit Maulschlüssel und Schraubenzieher rückt der Oldtimerspezialist dem Fahrzeug mit Röntgenkameras, Ultraschallsensoren oder Spektralanalysen zu Leibe. Hoffmann ist kein gewöhnlicher Kfz-Gutachter, sondern einer der wenigen Autoforensiker im Land. Als solcher hilft er, Betrügern auf die Schliche zu kommen, die manchmal Millionen scheffeln.
Den Dingen auf den Grund gehen: Einem teuren Porsche-Oldimer wird mit einer Röntgenprüfung zu Bleche gerückt.
Gute Auftragslage nährt die Zweifel
Geht auf automobile Spurensuche: Autoforensiker Sebastian Hoffmann.
«Grund zum Zweifel gibt es mehr denn je», sagt Hoffmann. Zumindest seine gute Auftragslage lässt darauf schließen. Die Werte für Oldtimer steigen derzeit ins fast Unermessliche. Gerade hat das so genannte Uhlenhaut-Coupé aus der Frühphase des Mercedes Flügeltürers mit 135 Millionen Euro einen neuen Rekordwert erreicht, wie die Marktbeobachter der US-Versicherung Hagerty berichten.
Zugleich sei es noch nie so leicht gewesen, an falsche Identitäten für ein Fahrzeug zu kommen, warnt Hoffmann: «Ein alter Fahrzeugbrief oder eine herausgetrennte Fahrgestellnummer aus einer Internet-Auktion, und schon mutiert Omas Golf LS zum frühen GTI, und aus dem Porsche 912 vom Schrottplatz in San Diego wird ein 2.7 RS.» Je wertvoller die Autos, desto aufwendiger sind meist auch die Fälschungen – und desto schwerer legt man Betrügern das Handwerk. Denn Fahrgestellnummern können abgeschliffen und neu eingeschlagen werden, Schweißspuren verschwinden unter dickem Lack. Und selbst nagelneue Rahmen oder Bleche lassen sich so patinieren, dass sie auch noch auf den zweiten Blick als antik durchgehen. Doch was mit bloßem Auge nicht zu sehen ist, macht in Hoffmanns Labor die Technik sichtbar: Mit magneto-optischen Prüfverfahren kann der Experte tiefere Schichten des Metalls durchdringen und so die Einschläge selbst abgeschliffener Fahrgestellnummern wieder lesbar machen. Die Spektralanalyse verrät die Zusammensetzung bestimmter Metalle und lässt Rückschlüsse auf deren Alter zu.
Auswertung: Autoforensiker Sebastian Hoffmann bei der Arbeit.
Genau hinschauen beim Oldtimerkauf: Einige Spezialisten nehmen das wörtlich und gehen mit Röntgenblick zu Werke wie bei diesem Bugatti Typ 35.
Denn für das begehrte H-Kennzeichen müssen Autos nicht nur 30 Jahre alt sein, sondern sich auch weitgehend im Originalzustand befinden, fassen die Experten die Gesetzeslage zusammen. Sind Laien im Zweifel, sind Sachverständige und Gutachter gefragt.
Gutachten nicht gleich Gutachten
Aktuell das teuerste Auto der Welt: Das Mercedes-Benz 300 SLR Uhlenhaut Coupé wurde im Frühjahr 2022 für 135 Millionen Euro versteigert. Es dürfte allerdings relativ fälschungssicher sein – es gibt nur zwei davon.
Gutachten ist dabei nicht gleich Gutachten, sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics in Bochum. Je nach Wert des Fahrzeugs, nach Aufwand und Detailgrad dieser Analyse reiche der Preis dafür von 20 Euro für eine Online-Wertermittlung und wenigen hundert Euro für ein Kurzgutachten bis zu manchmal 1000 Euro für ein so genanntes Wiederherstellungsgutachten.
Ob Hoffmanns Tiefenanalyse, für die je nach Aufwand ebenfalls auch mal fünfstellige Beträge zusammenkommen, oder ein günstigeres Oldtimer-Gutachten: Eine fundierte Einschätzung sei eine Rückversicherung, sagt Hoffmann. Diese erhöhe schon bei einem Käfer Cabrio oder jedem Youngtimer das Vertrauen ins Fahrzeug und damit den Besitzerstolz.
Auch nicht vor Fälschern sicher: Der erste VW Golf in sportlicher GTI-Version.
Einsatz moderner Technik: Ultraschallmessung der Blechstärke an einem Porsche.
Was steckt dahinter oder eben darunter? Bei hochwertigen Oldtimern ist der genaue Blick und Expertise ein wichtiges Hilfsmittel, wenn hohe Summen im Spiel sind.