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Pollinger Automanufaktur haucht neues Leben in edle Klassiker und schickt sie in die Welt

Der Charme eines Oldtimers

Pollinger Automanufaktur haucht neues Leben in edle Klassiker und schickt sie in die Welt

pollinger automanufaktur haucht neues leben in edle klassiker und schickt sie in die welt

Visionär und Geschäftsmann Hans Kleissl: Der Wahl-Pollinger liebt es klassisch – von edlen Flügeltür-Autos bis renovierungsbedürftigen Gemäuern.

Für viele geht nichts über den Geruch eines Neuwagens. Trotzdem kann der Duft alter Gummireifen, schweren Benzins und muffiger Sitze einen wahren Hauch von Nostalgie erwecken. Genau das lässt die Herzen von Oldtimer-Fans im Klosterdorf Polling bei Weilheim höherschlagen.

Polling – Von der Straße aus betrachtet, wirkt der wunderschöne alte Klosterhof in Polling fast romantisch. Doch seine wahren Schätze verbirgt das alte Gemäuer hinter klassischen Toren und innerhalb großer Räume, die früher von Mönchen, Nonnen und Bauern benutzt wurden. Heute ist diese historische Kulisse das Hauptquartier von HK-Engineering, einem weltweit agierenden Unternehmen, das sich auf die Restauration und Erhaltung der wertvollen Mercedes 300 SL Coupes und

Roadsters spezialisiert hat. Doch bis mit der Restaurationsarbeit begonnen werden konnte, musste Firmengründer und Visionär Hans Kleissl den Klosterhof wieder auf Vordermann bringen. Der gebürtige Regensburger und studierte Jurist suchte in den 70er Jahren nach einem Zuhause für seine schnell wachsende Autosammlung. Über eine Liste des Denkmal-

amts entdeckte Kleissl den Pollinger Klosterhof. „Natürlich will jeder in Oberbayern etwas kaufen, aber die Interessenten sind alle rückwärts wieder raus, weil sie einen furchtbaren Schrecken bekommen haben, als sie das alles sahen“, beschrieb Kleissl den Ausgangspunkt von damals. So kam es, dass den Klosterhof drei Jahre lang niemand wollte. In seinem „jugendlichen Leichtsinn“ habe Kleissl zugeschlagen und begann den Hof zu restaurieren. „Es war wie ein Dornröschenschloss, aber ohne Schloss mit einer ganz eigenartigen Atmosphäre.“ In den Gebäuden fand er uralte Zahnputzbecher mit hölzernen Zahnbürsten. „In den Garderoben hingen Jacken, als ob die Leute vor ein paar Tagen noch da gewesen wären“, erinnerte sich Kleissl. Alles sei kurz vor dem Einstürzen gewesen, Schimmel und Brennnessel überall, sowie sämtliche Dächer undicht mit losem Putz und eingebrochenen Balken in vielen Zimmern. Es sollte gut zehn Jahre dauern, bis Kleissl und sein Team die Basis des Klosterguts wieder bewohnbar machten.

„Alte Autos gehören in alte Gebäude“

„Ich habe damals schon die Meinung vertreten, dass alte Autos in alte Gebäude gehören“, erklärte Kleissl. Dies sei zu einer Zeit gewesen, in der „Oldtimer nur alte Autos waren. Aber ich hatte die Erwartung, dass genau diese Autos irgendwann nicht mehr so billig sein würden“. Kleissl kaufte, was er konnte. Vom Kabinenroller für 50 Mark bis zum Volkswagen für 100 Mark. Irgendwann war dann mal ein Mercedes für 400 Mark dabei. Sein Instinkt sollte ihn nicht trügen: Inzwischen stehen im Klosterhof Polling Dutzende der wohl wertvollsten Sportwagen der Welt. Hier werden sie nicht nur ausgestellt, sondern auch repariert, lackiert und gewartet. Auch Lederschäden und weitere Spezialarbeiten übernimmt die Manufaktur. Beim Großteil der Autos handelt es sich um den eleganten und edlen Mercedes 300 SL.

Mercedes baute das zeitlose Gefährt von 1955 bis 1963. Alle Autos wurden in erlesener Handarbeit und mit den modernsten Motoren der damaligen Zeit hergestellt. „Es hat relativ viele 300 SL gegeben, weil das damals der beste Sportwagen überhaupt war“, schwärmte Kleissl. „Es gibt sie auch fast alle noch. Gut 95 Prozent sind noch erhalten.“ Damals hatte das Auto einen Preis von rund 29.000 Mark und galt als sehr teuer. Trotzdem ist es kein Vergleich zu den Preisen, die ein top restaurierter Mercedes 300 SL heute aufruft. Es gebe inzwischen weltweit viele große Sammler und Oldtimer seien keine unbedeutende Nische mehr. „Da gibt es natürlich Player, die ganz viel Kohle haben und dieses Geld in Autos stecken. Inzwischen kosten diese Autos bestimmt das Dreißigfache von dem, als ich angefangen habe,“ schätzte Kleissl, gab aber zu bedenken, dass man noch die Inflation berücksichtigen müsse.

HK-Engineering beschäftigt heute mehr als 60 Mitarbeiter. Diese Angestellten gelten als Künstler in ihrem Fach. Der Betrieb deckt alle Gewerke ab, die bei der Restaurierung eines 300 SL anfallen können. Von Karosserie- und Motoreninstandsetzung bis hin zu Lackierung und Lederarbeiten in der Sattlerei. Auch eine eigene Spedition kümmert sich um den sicheren Transport der wertvollen Roadster und Coupes. Nur Chrom-Arbeiten würden ausgelagert werden, da diese sehr aufwendig seien. „Es war zwar nie mein Ziel, aber es hat sich so ergeben, dass man in der Welt keinen vergleichbaren Betrieb wie diesen nochmal findet“, berichtete Kleissl stolz. „Wir haben sogar eine eigene Rennabteilung und nehmen weltweit an Motorsportveranstaltungen teil.“ Kleissl habe nie Werbung für seinen Betrieb geschaltet. Seine Autos und deren Renn-Performance seien die beste Werbung gewesen. Er selbst habe bereits den Gesamtsieg historischer Fahrzeuge während der Carrera Pan­americana in Mexiko erzielt. HK-Klassiker nehmen auch regelmäßig an Rennen wie den Le Mans Classic, am Nürburgring und an Rallyes in England und USA teil.

Viele der 300 SL-Gefährte haben spannende Geschichten. Während Film- und TV-Stars, wie zum Beispiel Sophia Loren, einige dieser Autos besaßen, waren andere sogar als Leihgabe in Hollywood-Filmen zu sehen. HK-Geschäftsführer Kleissl ist sehr an der Historie seiner Autos interessiert und beschäftigt jemanden, der sich mit dem Thema befasst und besonderen Spuren nachgeht. „Er ist gerade in Amerika, um nach einem Auto zu forschen, von dem wir gerade herausgefunden haben, dass es im Jahr 1955 die Amerikanische Sportwagen Meisterschaft gewonnen hat. Da bin ich sehr stolz darauf, weil die Amis nicht draufgekommen sind, wohl aber wir.“ Dieses Auto gehört Kleissl inzwischen, etwas, was er als genialen Schachzug sieht und sich freut, diese Geschichte nun zu vervollständigen.

Die Reise ist das Ziel

Obwohl es bei den Oldtimern von HK-Engineering hauptsächlich um das Geschäft geht, entfachen diese Autos bei Besitzern und Betrachtern Emotionen pur. Vielen Motor-Begeisterten geht beim Anblick dieser wunderbar bestückten Garagen das Herz auf. Jetzt, nachdem die Temperaturen wieder steigen und der Frühling quasi vor der Tür steht, will man nur raus und die Straßen in Oberbayern erkunden. Dem Wahl-Pollinger, der privat auch Mercedes fährt, geht es da nicht anders. „Da braucht man nur aus Polling rausfahren. Es gibt hier so verdammt viele schöne kleine Straßen. Das ist echt der Wahnsinn und das liebe ich auch so sehr an der Region, dass man am Abend zu einem See fährt, hoch zum Hohen Peißenberg oder ins Gebirge. Einfach mal drauflosfahren und schauen. Da wird man in der Regel sehr schöne Überraschungen erleben“, schwärmte Kleissl.

Natürlich gehen die Neuzeit der Automobilbranche und ihre Entwicklungen auch an HK-Engineering nicht vorbei. Allerdings befürchtet Kleissl, dass der Weg der Elektroautos wahrscheinlich in einer Sackgasse endet. Er gibt zu, kein Fan von elektrischen Autos zu sein. Es fehle ihm „die Gemütlichkeit, aber auch das eigene Fahrerlebnis“. Einen „Computer auf Rädern zu fahren“, sei nicht das, was Oldtimer-Fans als Fahrspaß beschreiben würden, meinte Kleissl. Für den alten Mercedes 300 SL sieht er trotz neuer Fahrtechnik einen Platz in dieser Welt. Hans Kleissl hofft, dass noch viele Generationen von Autobegeisterten einen Flügeltürer oder Roadster bewundern und vielleicht sogar fahren dürfen. Er selbst hat noch viele Pläne für seinen Betrieb, aber auch für den Klosterhof, den er weiter historisch-genau immer wieder in Stand setzt. „Wir wollen immer erhalten, was erhaltbar ist. Sonst bauen wir es halt nach“, sagte Kleissl – wie einen edlen Motor….

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