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Polestar 4 im Test: Der mit dem Heck-Tick

23.09.2024 06:01 Uhr | Lesezeit: 3 min polestar 4 im test: der mit dem heck-tick

Rasant unterwegs: Autoflotte ist den neuen Polestar 4 gefahren – ohne Heckscheibe. © Foto: Polestar für Autoflotte

Crossover, Coupé-artige Limousine, “neue Art von SUV-Coupé”. Gleich, wie man den neuen Polestar 4 charakterisiert, auf die inneren Werte kommt es letzlich an. Insbesondere dann, wenn das Fahrzeug ein besonderes äußeres Alleinstellungsmerkmal bietet.

von Timo Bürger

Bei Polestar geht es zurzeit Schlag auf Schlag: Neuer CEO (Michael Lohscheller). Neuer Designer (Philipp Römers, kommt von Audi). Neues Modell (Polestar 3). Und noch ein neues Modell, dem das Unternehmen auch so einiges im Gewerbekundensektor zutraut (Polestar 4). Mit eben dieser Nummer vier hat sich Autoflotte auf eine erste Ausfahrt begeben.

Polestar 4 Test

polestar 4 im test: der mit dem heck-tick

Polestar 4: Exquisit im Innerem

“Von außen Coupé, von innen SUV, eine neue Art von SUV-Coupé”: Mit markanten Vokalbeln preist das zum chinesischen Geely-Konzern gehörende Unternehmen Karosserieform und Platzverhältnisse des neuen Polestar 4. Man könnte auch schlicht sagen: Der Polestar 4 basiert auf der von der Geely entwickelten “Premium Sustainable Experience Architecture” und ist ein 5-sitziger Crossover im D-Segment. Sei’s drum: Auf allen Plätzen des 4,84 Meter langen Crossover kommt sofort Wohlfühlstimmung auf, hier muss sich niemand eingeengt fühlen, vorne nicht und hinten auch nicht. “Wir konnten die Dachlinie nach hinten schieben“, erläutern die Polestar-Experten das Geheimnis des großzügigen Platzes im Fond.

Haptik und Verarbeitung im Innenraum sind so beschaffen, wie man es auch von der Konzern-Marke Volvo kennt: erlesen und skandinavisch cool. Hier passt jedes Material zum anderen, hier fühlt sich jede Oberfläche angenehm an, hier ist die Farbgebung stimmig, viele Materialien sind selbstredend up- oder recyceltes Material. Zu den neu entwickelten Materialien zählen beispielsweise ein maßgeschneidertes Stricktextil und die Ausstattungsoption “Tailored Knit”, die zu 100 Prozent aus recyceltem PET besteht. In Summe ein sehr hochwertig wirkendes (und nachhaltiges) Ambiente.

Polestar 2 (Facelift 2024)

polestar 4 im test: der mit dem heck-tick

Polestar 4 ohne Heckscheibe

Gewöhnungsbedürftig ist der knapp neun Zoll große digitale Rückspiegel, für den eine am hinteren Ende des Dachs installierte Kamera das Bild liefert. Der bietet zwar ein sehr weitwinkliges, gestochen scharfen Abbild der Welt hinter dem Polestar 4 und soll auch nahezu frei von Licht- oder Witterungseinflüssen funktionieren, allerdings: Die Augen wirken nach einiger Zeit ermüdet, wenn sie doch ständig im Wechsel den Blick entweder auf die (reale) Straße oder in die (virtuelle) Spiegel-Welt werfen: Das unterschiedliche Fokussieren strengt an, vor allem, wenn man Brillenträger ist. Man kann den Spiegel allerdings auch als herkömmliches Instrument nutzen.

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Das Fahrzeug bietet dem Fahrer einen 15,4-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole und ein 10,2-Zoll-Display hinter dem Lenkrad. Das Android-Betriebssystem zeigt die Informationen übersichtlich in Kachelform auf dem Bildschirm an, dies macht es einfach, sich als Polestar-Neuling zurechtzufinden. Der querformatige Zentralbildschirm bietet zusätzlich eine besondere Funktion, die das Ambiente im Innenraum gestaltet. Angelehnt an die Planeten des Sonnensystems wird das Licht je nach Himmelskörper angepasst. Zu jeder Lichtszene gibt es zudem interessante Informationen. Alles nett gemacht, aber natürlich vor allem Spielerei, Geschmackssache.

Praktisch sind die konfigurierbaren Tasten, mit denen sich persönliche Favoriten belegen und schnell abrufen lassen. Heißt in der Praxis: Erfreulich schnell lassen sich Spurthalte-Assistent und Tempowarner deaktivieren. Um sonstige Einstellungen vorzunehmen, muss man nämlich in die Menüs und Untermenüs des Touchscreens zuweilen zu tief eintauchen.

Polestar 6 Concept BST

polestar 4 im test: der mit dem heck-tick

Tatschen statt Tasten

Das geht sogar so weit, dass sich das Handschuhfach nur per Display öffnen lässt, eine haptische Taste an der Klappe fehlt. Und auch für die schnelle Optimierung der Klimatisierung hätte man gerne die guten alten Lüftungsdüsen mit Schiebe- oder Drehregler wieder, anstatt umständlich auf dem Bildschirm die Einstellungen mit Wischbewegungen vornehmen zu müssen.

Klanglich hohen Hörgenuss bietet das Harman-Kardon-Soundsystem – wirklich ein sattes, raumfüllendes Akustik-Erlebnis dank 16 Lautsprechern (im “Nappa-Paket”). Gar in den vorderen Kopfstützen sind Speaker verbaut, ähnlich wie beim Cadillac Lyriq, die allerdings erstaunlich blechern klingen. Die Erklärung: Diese Lautsprecher sind allerdings auch primär dafür gedacht, um Telefongespräche über die Freisprecheinrichtung führen zu können, ohne die weiteren Insassen damit belästigen zu müssen.

Serienmäßig ist das Fahrzeug üppig ausgestattet, beim Thema Sicherheit “könne man auf Volvo aufbauen”. Immer dabei sind zwölf Kameras, ein Radar und zwölf Ultraschallsensoren. Wärmepumpe, schlüsselloser Zugang, elektrisch verstell- und beheizbare Vordersitze, 360-Grad-Rückfahrkamera sowie Drei-Zonen-Klimaautomatik. Wer noch mehr Ausstattung braucht: Das Plus-Paket bietet erweiterte Komfort- und Technologieausstattungen, während das Pro-Paket 21-Zoll-Räder und dezente Designelemente enthält. Das Pilot-Paket umfasst den Pilot Assist sowie zusätzliche Funktionen. Das Performance-Paket soll die sportliche Optik und das Fahrerlebnis verbessern.

Single-Motor für Polestar 4 ist ausreichend kräftig

Apropos Fahrerlebnis: Antriebsmäßig gibt es an dem Polestar 4 nichts auszusetzen: Die 272 PS (343 Newtonmeter maximales Drehmoment), die der Permanentmagnetmotor in Zusammenarbeit mit dem Hinterradantrieb leistet, sind allemal ausreichend, um einigermaßen flott aus dem Stand und ebenso flink auf Touren zu kommen. In 7,1 Sekunden erreicht der Polestar Tempo 100, dabei gefällt das sehr ausgewogen austarierte Fahrwerk, mithilfe dessen sich jede Fahrsituation unkompliziert meistern lässt. Viel weniger Leistung muss aber auch nicht sein, immerhin müssen 2,3 Tonnen Lebendgewicht in Wallung versetzt werden. Die kommunikative Lenkung bietet drei vom Fahrer wählbare Einstellungen, die ein präzises und stabiles Handling ohne stärkere Wankbewegungen ermöglichen.

Die 8.000 Euro teurere, doppelt so starke Allrad-Variante (mit Adaptiv-Fahrwerk) ist vermutlich nur etwas für diejenigen, die partout nicht auf einen Katapult-Start verzichten wollen, in der Top-Speed nehmen sich beide Versionen nichts, die Hinterradvariante punktet dagegen noch mit geringerem Verbrauch und demzufolge etwas höherer Reichweite. Beide Varianten nutzen eine 100-kWh-Batterie, beide das 400-Volt-Bordnetz, mithilfe dessen eine DC-Ladung im Idealfall mit bis zu 200 kW gelingen kann, bei AC sind es auf Wunsch 22 kW.

Polestar 4: Fazit und Preis

Fazit: Der Polestar 4 überzeugt als modernes Crossover-Modell, das die Linie zwischen Coupé und SUV gekonnt verschmelzen lässt. Im Innenraum bietet er viel Platz und hochwertige Materialien, die ein angenehmes Ambiente schaffen. Trotz der ungewöhnlichen Entscheidung, auf eine Heckscheibe zu verzichten, liefert das Kamerasystem eine klare Sicht nach hinten – auch wenn es für manche Nutzer gewöhnungsbedürftig sein könnte.

Fahrdynamisch bietet der Polestar 4 mit seinen 272 PS in der Single-Motor-Variante ausreichend Leistung. Wer mehr Power möchte, kann auf die Dual-Motor-Version zurückgreifen. Ab 61.900 Euro (brutto) ist die Single-Motor-Variante zu haben, das Dual-Motor-Modell gibt es ab 69.900 Euro.

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