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Polestar 3: So will das Elektro-SUV aus China Audi, BMW und Mercedes schlagen

Polestar versteht sich als sportliche Performance-Marke. Diesem Anspruch will man auch im Bereich der großen, luxuriösen Elektro-SUVs gerecht werden – einer Domäne deutscher Premiumhersteller. Der Polestar 3 nimmt den Wettbewerb mit bis zu 517 PS Leistung, einem großen Akku und entsprechend hohen Reichweiten auf. Dass ein bestimmter Technik-Sprung noch nicht vollzogen wird, hat mit Tesla zu tun.

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Polestar 3: Das vollelektrische SUV ist das neue Flaggschiff der Marke. Hersteller

Polestar heißt auf Deutsch Polarstern. Und das deutet schon auf die Herkunft des gleichnamigen Unternehmens hin, die eine nordische ist. Seine Anfänge hatte Polestar Engineered als Rennstall und Volvo-Haustuner, im Jahr 2017 ist daraus eine eigenständige Marke mit Sitz im schwedischen Göteborg geworden, die ausschließlich Elektroautos baut.

Die Beziehung zu Volvo ist dennoch erhalten geblieben: Gegründet wurde Polestar nämlich als Gemeinschaftsunternehmen von Volvo und dessen chinesischer Konzernmutter Geely.  Im Februar 2024 haben die Schweden, damals noch Hauptanteilseigner, das Gros ihrer Beteiligung allerdings an Geely verkauft. Damit wollte man sich einer Last entledigen, denn Polestar hat hohe Verluste geschrieben. Sichtbar wird das auch in Deutschland, wo die Neuzulassungen zuletzt – Zeitraum Januar bis August 2024 – um fast 56 Prozent zurückgegangen sind.

Verspäteter Start

Als reiner Elektroauto-Hersteller hat man es derzeit sowieso nicht leicht. Polestar ging aber auch die Modellvielfalt ab, außer der Limousine Polestar 2 war da nichts. Schon 2023 sollte das Programm zwar um den Polestar 3 ergänzt werden. Doch dann musste dessen Start aufgrund von Softwareproblemen verschoben werden. Dass es auch dem Volvo EX90 (unseren ersten Test lesen Sie hier) so ergangen ist, kommt nicht von ungefähr, denn beide Modelle sind technisch eng miteinander verwandt.

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Jetzt aber ist er endlich da, der 3er von Polestar, erste Exemplare sind schon im Juli an deutsche Kundinnen und Kunden ausgeliefert worden. Wie der Volvo EX90 fährt auch der Polestar 3 als XXL-SUV der Luxusklasse vor und will Mercedes EQS SUV, Audi Q8 e-tron oder BMW iX Konkurrenz machen. Ganz und gar gleich machen sich die beiden Brüder jedoch nicht. Mit 4,90 Metern Länge ist der Polestar knapp 15 Zentimeter kürzer als der Volvo, es gibt ihn nur fünf-, nicht aber siebensitzig, und auch die dynamischere, coupéhaftere, nichtsdestotrotz aber skandinavisch-klare Formgebung verfolgt das erklärte Ziel, das Thema eines großen Familienfahrzeugs sportlich zu interpretieren.

Drei Antriebsvarianten

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Angeboten werden drei verschiedene Varianten, die allesamt eine üppige 111-kWh-Batterie als Energiespeicher nutzen, sich hinsichtlich der Reichweite aber unterscheiden. Unsere Wahl der Vernunft wäre das Basismodell “Long Range Single Motor”, das nur einen Elektromotor auf der Hinterachse besitzt, der 220 kW/229 PS leistet und 490 Newtonmeter Drehmoment produziert. Laut WLTP-Norm können zwischen zwei Ladestopps bis zu 650 Kilometer liegen. Beim Long Range Dual Motor kommt eine weitere E-Maschine an der Vorderachse hinzu, gemeinschaftlich ergeben sich 360 kW/489 PS, 840 Newtonmeter Drehmoment und Allradantrieb, die Reichweite beträgt 631 Kilometer.  Wie beim vergleichbaren EX90 gibt es an der Hinterachse eine elektrische “Torque-Vectoring-Doppelkupplungsfunktion”, mit deren Hilfe sich der hintere Elektromotor unter bestimmten Umständen abkoppeln lässt und das Fahrzeug so im Sinne der Stromersparnis nurmehr mit Frontantrieb betrieben wird.

Optional kann für die Dual-Motor-Ausführung ein Performance-Paket bestellt werden, die Leistung steigt dann auf 380 kW/517 PS, das Drehmoment auf 910 Newtonmeter, gleichzeitig sinkt aber die Reichweite auf 561 Kilometer.

Den geräumigen Fahrgastbereich hat Polestar ähnlich minimalistisch gestaltet wie Volvo den des EX90, man verweist auf angemessene Nachhaltigkeit, die sich in Materialien wie – wir zitieren – “tierschutzgerechtem Leder und vollständig rückverfolgbaren Bezügen aus Wolle” manifestieren. Dreh- und Angelpunkt des gemeinsam mit Google entwickelten Betriebssystems Android Automotive OS ist der große Hochkant-Bildschirm im Format 14,5 Zoll, auf dem auch für Standardfunktionen wie der Justierung von Spiegeln und Lenkrad, der Einstellung der Klimatisierung und sogar zum Öffnen des Handschuhfachs herumgetoucht werden muss. Hinter dem Lenkrad sitzt das obligatorische digitale Fahrerinstrumentarium, und auch ein Head-Up-Display dient der Informationsvermittlung.

Sorgfältig überwacht

Der Mensch am Steuer bleibt nicht unbeaufsichtigt, eine Eye-Tracking-Technologie überwacht seine Augen, werden bedenkliche Anzeichen von Abgelenktsein, Schläfrigkeit oder mentaler Abwesenheit detektiert, löst das System Warnmeldungen, Töne und gegebenenfalls eine Notbremsung aus. Ein Herz für Kinder und Tiere hat der große Polestar auch, Radarsensoren erfassen “Bewegungen im Submillimeterbereich”, wie es heißt, dass soll verhindern, dass die Kids oder der Hund unbeabsichtigt im Fahrzeug zurückbleiben. Die Technik kooperiert mit der Klimaanlage, um den zwei- oder vierbeinigen Passagieren einen Hitzschlag einerseits und Unterkühlung andererseits zu ersparen.

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Eine erste Testfahrt ins Voralpenland haben wir mit dem Performance-Topmodell unternommen. Erwartungsgemäß überholt der 517 PS starke und fast 2,6 Tonnen schwere Elektro-Riese die Traktorgespanne der oberbayerischen Landwirte völlig anstrengungsfrei; wir kurvenwedeln hinauf zum Walchensee, über die Sudelfeldstraße und den Tatzelwurm, obwohl strenge Tempolimits zu beachten sind, bekommen wir eine Ahnung von der Leichtfüßigkeit des dynamisch abgestimmten, aber auch störstellenvertilgenden Zweikammer-Luftfederfahrwerks, das sich dreistufig verstellen lässt und zur Serienausstattung gehört.

Lidar lässt noch auf sich warten

Insgesamt unterstützen fünf Radarmodule, fünf externe Kameras und zwölf externe Ultraschallsensoren die zahlreichen Sicherheitsfunktionen. Erst im kommenden Frühjahr wird sich allerdings das optionale Pilot-Paket mit Lidarsystem bestellen lassen, das den Polestar 3 dann auch fürs autonome Fahren vorbereitet. Anders als beim Volvo EX90, der sich in Sachen Lidar ebenfalls noch in Wartestellung befindet, wird es mit einem Software-Update nicht getan sein, denn im Unterschied zum Schwestermodell fehlt dem Polestar noch die wenig kleidsame, aber unerlässliche Hutze über der Windschutzscheibe.

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Auf der Autobahn wären 210 km/h möglich, wir lassen es bei stromsparenden 130 km/h bewenden. Final hat uns der Bordcomputer einen Verbrauch von 23,5 kWh/100 km angezeigt, angesichts von Größe und Gewicht des Fahrzeugs ist das ein anständiger Wert, der sich bei forscherer Fahrweise allerdings kaum halten lassen dürfte. Schon zu Beginn unserer Testfahrt haben wir einen Blick auf die Reichweitenanzeige geworfen, 460 Kilometer hat sie uns bei voll geladenem Akku versprochen.

Starkes Zugpferd

Randnotiz: Wären wir Caravaner auf Urlaubsfahrt gewesen, dann hätten wir einen bis zu 2200 Kilogramm schweren Anhänger in Schlepp nehmen dürfen. Bei der Single-Motor-Variante beträgt die Anhängelast maximal 1500 Kilogramm.

Es liegt an Tesla

Vorerst beschränken sich sowohl Volvo als auch Polestar bei ihren großen Stromern auf ein 400-Volt-Bordsystem und verzichten auf die an der Ladestation leistungsstärkere 800-Volt-Technik. Zur Begründung führt Polestars Technikvorstand Lutz Stiegler eine Kooperation mit Tesla an. Denn über das Ladeprogramm “Polestar Charge” erhalten Kunden unter anderem an Superchargern Rabatt, die Gleichstrom aber nur mit maximal 250 kW abgeben. Ein 800-Volt-Bordnetz entsprechend anzupassen, sagt Stiegler, wäre schlicht sehr aufwendig. Der Polestar 3 trifft die DC-Schnellladefähigkeit von 250 kW im Idealfall auf den Punkt, binnen einer halben Stunde soll der Akku von zehn auf 80 Prozent Füllstand zu bringen sein. An der Standard-Wallbox wird mit bescheidenen 11 kW geladen, einmal “volltanken” nimmt elf Stunden in Anspruch.

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Wer kein dick gepolstertes Auto-Budget besitzt, dürfte die Preisliste schnell wieder aus der Hand legen beziehungsweise den Konfigurator schließen. Fürs Basismodell Long Range Single Motor werden mindestens 78.590 Euro aufgerufen, der Dual Motor kommt auf 85.590 Euro, mit Performance-Paket sind 92.190 Euro zu bezahlen. “Exklusiv und auf Anfrage”, wie es heißt, gibt es noch bis zum 15.11.2024 einen Nachlass von 4000 Euro.

Keine Angst vor Einfuhrzöllen

Zumindest mit einer durch EU-Einfuhrzölle bedingten Preiserhöhung ist nicht zu rechnen. Denn die Geely-Tochter zeigt exemplarisch auf, wie elegant die geplante “Strafsteuer” auf China-Autos zu umgehen ist: Der Polestar 3 wird zwar im chinesischen Chengdu produziert, aber ebenso im Volvo-Werk Ridgeville, das im US-Bundesstaat South Carolina liegt. Just von dort, so heißt es, würden neben Nordamerika auch “weitere Märkte” beliefert. Dass zu ihnen die zollaktiven EU-Länder gehören, darf als sicher angenommen werden.

Ulla Ellmer

Polestar 3 in Kürze:

Wann er kommt: Erste Auslieferungen sind bereits erfolgt

Wen er ins Visier nimmt: Volvo EX90, BMW iX, Mercedes EQS SUV, Audi Q8 e-tron

Was ihn antreibt: Den Polestar 3 Long Range Single Motor ein Elektromotor mit 220 kW/299 PS, den Long Range Dual Motor je ein Elektromotor vorn und hinten (Gesamtleistung 360 kW/489 PS), den Dual Motor Performance ebenfalls je ein Elektromotor vorn und hinten (Gesamtleistung 380 kW/517 PS). Batteriekapazität 111 kWh.

Was er kostet: Ab 78.590 Euro

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