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Erster Test Polestar 4: So fährt das SUV-Coupé ohne Heckscheibe

Der neue Polestar 4 auf einen Blick

  • Minimalistisches Design ohne Heckscheibe
  • Großzügiger Innenraum
  • Intuitives Google-Infotainment-System
  • Max. 400 kW/544 PS
  • 0-100 km/h in 3,8 s; Vmax 200 km/h
  • Preislich fair positioniert ab 57.900 Euro

Inhalt

Was ist das? | Polestar 4 Innenraum | So fährt sich der Polestar 4 Single Motor | Polestar 4 Dual Motor im Test | Reichweite und Verbrauch | Fazit

erster test polestar 4: so fährt das suv-coupé ohne heckscheibe

Was ist das?

Bei diesem Auto können wir durchaus einmal fragen: „Was ist das?“ Denn auf den ersten Blick ist es nicht ersichtlich, dass es sich beim neuen Polestar 4 eigentlich um ein SUV-Coupé handeln soll. Gerade einmal 1,53 Meter hoch, dafür 4,84 Meter lang und mit Außenspiegeln imposante 2,14 Meter breit, ist der in China vom Band laufende 4er. Er soll für mindestens 57.900 Euro auch gegen die etablierte Premium-Konkurrenz aus Deutschland antreten. Gegen welche Modelle von Audi, BMW und Mercedes genau – das ist schwer zu sagen.

Denn so recht passt der Polestar 4 in keine Schublade. Er bietet nicht nur massig Platz in der ersten, sondern auch in der zweiten Sitzreihe. Der Kofferraum ist mit 526 Litern sogar größer als im Polestar 3, und wer die Rückbank umlegt, kann maximal bis zu 1.536 Liter verstauen (Anhängelast 1.500 bis 2.000 kg). Das ist mehr, als die Steilheckvariante des Audi Q4 e-tron zu bieten hat (520 bis 1.490 l), dennoch wirkt der in Schweden designte Chinese im realen Straßenbild deutlich kompakter. Wie die Linienführung doch täuschen kann.

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Innen klare Linien, gute Bedienung, aber an einer Stelle hakt es

Innen geht es direkt skandinavisch ausgestaltet weiter. Kein Schnörkel, vor allem viel Gradlinigkeit. Zentrales Bedienelement ist der nun quergestellte 15,4 Zoll große Infotainment-Bildschirm, dessen “Home”-Oberfläche sich nach persönlichem Gusto in der Breite skalieren lässt. Insgesamt wirkt das Android-System aufgeräumt, die Reaktions- und Ladezeiten sind kurz, und der Google-Sprachassistent ist schon seit dem Polestar 2 eine ganz große Nummer. ChatGPT? Braucht es hier nicht. Was es hingegen braucht, sind wieder echte Schalter für die Außenspiegel- und Lenkradverstellung – das Gefummel am Display ist ein No-Go.

Abgesehen von dieser Unzulänglichkeit freuen wir uns über wertige Materialien, ein griffiges Lenkrad und wollen auch erwähnen, dass es im Polestar 4 weiterhin eine Echtleder-Option gibt. Ja, der Trend geht zu tierfrei und das ist wahrscheinlich auch gut so. Wer die Wahl hat, sollte dann aber direkt den Sitzbezug „Tailored Knit“ (enthalten ab dem Plus Paket) in Betracht ziehen. Die „biobasierten MicroTech“-Bezüge, die bei Volvo „Nordico“ heißen, empfanden wir, wie schon im neuen EX90, als eher schweißtreibend. Noch kurz auf die Rückbank gelümmelt – passt! Selbst mit 1,94 Metern angenehm, zusätzlich lassen sich die Rückenlehnen in den höheren Ausstattungsvarianten elektrisch verstellen.

erster test polestar 4: so fährt das suv-coupé ohne heckscheibe

So fährt sich der Polestar 4 Long Range Single Motor

Die fehlende Heckscheibe sorgte beim Fahren (nach einigen Kilometern der Eingewöhnung) für wenig Irritation – nach hinten raus sorgt unter anderem der Kamerainnenspiegel für Durchblick. Hinterbänkler können ebenfalls vom geschlossenen Fond profitieren, der ihnen ein gewisses Sicherheits- bzw. Loungegefühl vermittelt. Die Bauweise des Polestar 4 würde sich wahrscheinlich auch für eine Sonderschutzvariante eignen – Blech ist hinten ja schon genügend vorhanden. Doch genug Larifari: Wie fährt sich der Polestar 4?

Das kommt sehr auf die gewählte Variante an. Freilich ist die mindestens 57.900 Euro teure „Long Range Single Motor“-Variante mit ihren 200 kW/272 PS (343 Nm) im Antritt nicht so brachial (0-100 km/h in 7,1 s) wie das Top-Modell – wir wollen an dieser Stelle aber vordergründig auf das Fahrwerk eingehen. Während die hinterradgetriebene Basisversion zwar nicht die schnellste ist, wurde viel Wert auf ein sportives Handling gelegt. Das Fahrwerk ist straff, aber nicht unkomfortabel abgestimmt und so macht es durchaus Laune, mit dem Polestar 4 RWD über kurvige Landstraßen zu bügeln. Während sich hier große Fahrfreude breitmacht, die maximal durch die arg gefühllose, aber immerhin präzise Lenkung getrübt wird, muss die Dual-Motor-Variante schon mehr Kritik einstecken.

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Polestar 4 Dual Motor kann nur mit Performance-Paket überzeugen

Anders als im Grundmodell setzt Polestar bei den „Dual Motor“-Allradversionen (ab 65.900 Euro) mit je einer 200-kW-Synchronmaschine an der Vorder- und Hinterachse auf ein elektronisch verstellbares Adaptivfahrwerk, dem es spürbar an Feintuning fehlt. Zwar scheint der Federungskomfort im ersten Moment besser zu sein, die Hinterachse wirkt allerdings schnell unruhig und über wellige Beläge gefahren schaukelt sich das Fahrzeug aufs Ungute auf. Nicht, dass dies die Fahrstabilität beeinträchtigen würde, aber im Zweifel geht es auf die Mägen der Insassen. Unabhängig davon ist es natürlich der Wahnsinn, wie dieses 400 kW/544 PS (686 Nm) starke SUV-Coupé nach vorne stürmt. Mit 3,8 Sekunden von null auf 100 km/h ist der Polestar 4 Dual Motor das bislang spurtstärkste Produkt der Nordlichter – die Höchstgeschwindigkeit wird jedoch weiterhin bei 200 km/h elektronisch begrenzt.

Nach dieser durchwachsenen Vorstellung der Dual-Motor-Variante dann der Umstieg in das letzte Modell, oder vielmehr in die Modellerweiterung – den Polestar 4 Long Range Dual Motor mit Performance-Paket (ab 75.900 Euro). Unsere Erwartungen waren wegen des Fahrwerks eher verhalten, doch wurde hier noch einmal deutlich mehr Hand angelegt. Der 2,4-Tonner liegt dank dem „Polestar Engineered“-Setup (und den aufgezogenen 22 Zöllern mit Pirelli P Zero Sportpneus) zwar noch etwas straffer auf dem Asphalt, aber die Hinterachse ist jetzt ruhig, das Aufschaukeln ist auf ein absolutes Minimum reduziert.

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Reichweite und Verbrauch

Am Ende ein kurzer Blick in Richtung Batterie und Verbrauch. Unabhängig von der gewählten Variante verfügt der Polestar 4 immer über einen netto 94-kWh-Nickel-Mangan-Cobalt-Akku, der eine Reichweite zwischen 620 Kilometern (Single Motor) und 590 Kilometern (Dual Motor) ermöglichen soll. Bei einem erzielten Testverbrauch um 21 kWh je 100 Kilometer (Landstraßen und Stadtgebiete ohne Autobahn) gehen wir von einer realistischen 100-Prozent-Reichweite von rund 440 Kilometern aus. Die maximale Ladeleistung (DC) beträgt bis zu 200 kW, der Hersteller gibt eine Ladezeit von zehn auf 80 Prozent in 30 Minuten an. Testen konnten wir dies während unserer ersten Ausfahrt nicht.

Fazit

Unterm Strich ist der neue Polestar 4 ein interessantes Produkt für alle, die kein gewöhnliches Elektroauto fahren wollen. Die fehlende Heckscheibe ist ein netter Gag – den Verzicht auf ebendiese wird man nach einiger Zeit kaum mehr wahrnehmen. Derweil gefällt das Handling der Single-Motor-Variante, deren Leistung für den Alltag wohl allemal ausreicht. Wer weiter nach oben strebt, sollte beim 400-kW-Top-Modell auf jeden Fall das Kreuzchen beim Performance-Paket machen – das Adaptivfahrwerk ist hier deutlich besser abgestimmt. Preislich ist auch der 4er kein Geschenk, angesichts der Angebote bei den Mitbewerbern erscheint er aber auch nicht überteuert. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber | Weitere Bilder: Hersteller)

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