Smart

Induktives Laden – ganz schön smart

Testfahrt mit einem Elektroauto, das für das Laden des Akkus kein Kabel mehr benötigt. Mahle hat das System perfektioniert.

Surrend steuert der elektrische Smart die Parkbucht an. Es ist der kleine EQ Fortwo, der eigentlich alle 100 Kilometer an den Stecker muss. Doch nicht dieses Modell. Es braucht überhaupt keine Stecker mehr, denn es kann induktiv geladen werden. Der weiße Smart EQ ist ein Versuchsfahrzeug des Stuttgarter Autozulieferers Mahle, der damit sein MPulse genanntes System zum induktiven Laden zeigt. Es funktioniert überraschend einfach.

„Wenn es in einen Smart passt, dann passt es in jedes Auto“, sagt Arnd Franz, Geschäftsführer von Mahle. Induktives Laden funktioniert kontaktlos. Ein Platte auf dem Asphalt des Parkplatzes sendet die Energie  per elektromagnetischer Wellen an einen Empfänger im Fahrzeugboden. Das umständliche Hantieren mit Kabel und Ladestecker entfällt. Aber dazu muss das Auto auf den Zentimeter genau über dem Sender geparkt werden.

induktives laden – ganz schön smart

Folge dem Pfeil Bei einer Testfahrt mit einem umgerüsteten Smart EQ Fortwo demonstriert Mahle uns das System, das dem Fahrer die erforderlichen Infos liefert, um das Elektroauto ganz exakt über die Ladeplatte im Boden des Parkplatzes zu steuern.

Das Problem: Nähert sich das Auto der Bodenplatte, wird diese von der kurzen Motorhaube des Smart verdeckt. Hier setzt das Positionierungssytem ein. Eine Mahle-Erfindung, die jüngst von der Gesellschaft der Automobilingenieure (SAE) zum Weltstandard erhoben wurde. „Wir haben hier den Standard gesetzt. Das wird ein starker Impulse für die Elektromobilität“, sagt Franz. Bedingung für die SAE-Entscheidung: Mahle muss die Technik jedem Hersteller zugänglich machen – gegen eine Lizenzgebühr, die aber gering sei, verspricht Franz.

Bodenspule als Peilsender

Das System nutzt die Bodenspule als eine Art Peilsender. Ein Pfeil auf dem Navigationsbildschirm zeigt an, wohin der Fahrer lenken soll. Das funktioniert bei dem kleinen Smart völlig problemlos. Steht der Wagen an der richtigen Stelle, was auf Anhieb gelingt, zeigt ein Stopp-Signal das gelungenen Manöver an. Nun fließt der Strom mit 11 Kilowatt in die Batterie des kleinen Smart. Später sollen auch 22 kW an Ladeleistung möglich sein.

Die Bodenspule liefert Siemens zu, das US-Unternehmen Witricity die Induktionstechnik. Die Positionierungssoftware mit Sender und Empfänger, das DIPS (Differential-Inductive-Positioning-System), kommt von Mahle. Es baut automatisch eine Verbindung mit dem angesteuerten Ladepunkt auf, wenn sich das Fahrzeug dem Ladepunkt nähert.

Das System ist so angelegt, dass auch hochbeinige SUV und Geländewagen mit großer Bodenfreiheit geladen werden können. Dabei wird Sicherheit groß geschrieben: Die Strahlung ist für Mensch und Tier ungefährlich. Und sollte sich es sich eine Katze auf der Spule bequem machen, wird die Stromübertragung gestoppt. Laub oder Schnee auf der Bodenplatte sind ebenfalls kein Problem.

Wirkungsgrad von 92 Prozent

Neben öffentlichen Ladepunkten, zum Beispiel in Parkhäusern oder vor Einkaufszentren, zielt Mahle auch auf die privaten Garagen der Besitzer von E-Autos. Zudem können Fahrzeuge mit automatisierten Fahrfunktionen den Ladeplatz auch selbständig ansteuern. Für Autos, die bereits eigenständig in die heimische Garage fahren wenn der Fahrer bereits ausgestiegen ist, macht das System doppelt Sinn. Denn so kann der autonome Parkassistent auch das Laden des E-Autos übernehmen. BMW und Mercedes bieten solche Parkassistenten bereits an.

induktives laden – ganz schön smart

Laden ohne Kabel Auf dem Testgelände „Arena del Futuro“ in Italien testet der Stallantis-Konzern das induktive Laden von Elektroautos seit zwei Jahren. Umgerüstete Fiat 500e können hier an speziellen Ladestationen ohne ein Kabel Strom aufnehmen. Foto: Stellantis

Soweit ist der kleine Smart noch nicht. Er lädt munter weiter und hat bereits einige Kilometer an Reichweite hinzugewonnen. Der Wirkungsgrad des Systems liegt bei 92 Prozent. So viel der eingesetzten Energie landet in der Batterie. Die Übertragung per Kabel ist nicht viel effizienter. Nur 1,5 Prozent der Ladeleistung gehen durch die drahtlose Übertragung verloren, verspricht Mahle.

Das System soll zudem nicht teurer sein als eine hochwertige Wallbox. Und im öffentlichen Raum haben induktive Ladepunkte gegenüber dem herkömmlichen Ladesäulen einen weiteren Vorteil: Durch ständigen Gebrauch verschleißen die Ladestecker und müssen regelmäßig ersetzt werden. Da es hier keine beweglichen Teile gibt, gibt es auch keinen Verschleiß.

Fernziel: Laden während der Fahrt

In drei Jahren sollen Fahrzeuge mit induktiver Ladetechnik auf den Markt kommen. Wer der erste Hersteller sein wird, verrät Franz nicht. Aber es gebe Interesse nicht nur in Deutschland, sondern auch in Asien. Damit wäre ein Hindernis der E-Mobilität, das Hantieren mit dem Ladestecker, aus dem Weg geräumt. Was läge da näher, als an den nächsten Schritt zu denken, das dynamische Laden: Könnten Elektrofahrzeuge nicht auch während der Fahrt per Induktionsspule in der Straße Energie „nachtanken“?

Tatsächlich arbeitet die TU Braunschweig an einem solchen System. Der Autokonzern Stellantis hat bereits eine Teststrecke mit Ladespulen in der Fahrbahn, die Strom während der Fahrt übertragen. Aber hier dürfte der Serieneinsatz noch in weiter Ferne liegen.

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