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E-Auto ohne SUV-Auftritt: MG4 aus China im Langstreckentest

e-auto ohne suv-auftritt: mg4 aus china im langstreckentest

Mit dem MG4 zeigen die Chinesen, dass E-Auto auch ohne SUV- oder Crossover-Karosserie geht. Eigentlich ist der kompakte Fünftürer mit dem an britische Automobilgeschichte erinnernden Namen so etwas, wie eine zeitgemäße Interpretation des ehemaligen „Coffee-Racers“, also eines kleinen, sportlichen Modells mit den Basis-Fähigkeiten eines Alltagsautos.

Seine im Vergleich zu anderen Elektrikern eher niedrige Karosserie (Höhe 1,504 m) wirkt sich im weiter anschwellenden SUV-Meer auf unseren Straßen nicht nur optisch wohltuend aus. Sie bietet auch ganz entscheidende Vorteile beim Verbrauch. Also einer der eigentlichen Kerntugenden eines E-Autos, die bei einem Gutteil des aktuellen E-Modellmixes gern ausgeblendet wird. Ausreichende Reichweite – der in der Kundenwahrnehmung noch immer wichtigste Wert – wird ja vielfach eher über größere Batterien erzielt, als über geringeren Verbrauch.

Im vorliegenden Fall des MG4 Electric Luxury treffen beide Punkte zusammen. Die weniger Luft vor sich herschiebende Karosserie und die größere Batterie aus dem MG-Angebot. Sprich: 64 kWh statt 51 kWh wie beim Basis-Modell in der Standard-Ausstattung.

Im Langstreckentest, der den Kandidaten von Wien bis Italien und zurück geführt hat, konnte diese Kombination ihre Stärken zeigen. Reale Verbrauchswerte im Mischverkehr samt Autobahn von um die 15 kWh können sich im Vergleich mit so manchem anderen Stromer mehr als sehen lassen. Damit lag der Praxis-Durchschnittsverbrauch im Test (bei zugegeben idealen Temperaturbedingungen) sogar unter dem Normwert von 16,6 kWh.

Von der Norm-Reichweite (bis zu 435 km) blieben in der Praxis damit je nach Streckenprofil immer noch zwischen 340 km und rund 400 km übrig.

Schnelles Laden

Und die Schnellladekapazität des MG4 steht dank der optional verwendbaren Batterieheizung auch nicht nur im Prospekt. So die Außentemperaturen passen und die Schnellladesäule tatsächlich wie angegeben ausreichend Starkstrom liefert, kann sich auch die Ladekurve des MG4 sehen lassen.

Die im Prospekt stehende Ladeleistung von bis zu 135 kW ist dann tatsächlich live erlebbar.

Mit Einschränkungen gilt das auch für die durch die sportliche Optik geweckten Erwartungen an die Fahrdynamik. Diese kann der MG4 (zumal mit dem stärkeren 150 kW leistenden Motor) auch im Fahrbetrieb weitgehend erfüllen. Zumindest, solange die Fahrbahn nicht nass ist. Auf rutschigem Untergrund hatten die elektronischen Fahrhelfer des Hecktrieblers alle Hände voll zu tun, um die Kraft des E-Motors halbwegs verträglich in Vortrieb umzusetzen. Und dabei gehen sie meist leider eher ungehobelt zur Sache, um ein unkontrolliertes Ausschwenken des Hecks durch den unmittelbar einsetzenden Druck von 250 Nm Drehmoment weitgehend zu verhindern.

Ängstliche Abstandsregelung

Apropos ungehobelt: Auch die Abstimmung des Tempomaten mit automatischer Abstandsregelung hat noch Luft nach oben. Nicht nur, dass der Steuerungs-Algorithmus als Angsthase angelegt ist und vor dem kleinsten vermeintlichen Hindernis in die Knie geht (und damit auch die ganze Fuhre im wahrsten Sinne des Wortes), scheint er seine Anweisungen im autoritären Befehlston auszugeben. Was zu ruckartiger Verzögerung, aber nur sehr langsamer Wiederbeschleunigung führt.

Unterm Strich gesagt: Harmonisch geht anders.

In dieses Bild passen auch die gut gemeinten, aber nicht an die europäische Lebensrealität auf den Straßen angepassten Warnungen des Navigationssystems vor allen möglichen und unmöglichen Gefahren. Diese rütteln mit der Zeit an den Nerven der Mitfahrenden. So etwa, wenn um Mitternacht (und in der Ferienzeit) mit einem nicht abzustellenden Piepston vor jeder in der Nähe des eigenen Fahrweges gelegenen Schule gewarnt wird.

Künstliche Intelligenz ist hier jedenfalls nicht am Werk. Und die menschliche müsste sich vor dem Programmieren der Algorithmen noch etwas näher mit dem wirklichen Leben in der europäischen Fahrpraxis beschäftigen.

Ebenfalls verbesserungsfähig ist die Sensibilität des Touchscreens. Dieser will mit Nachdruck bedient werden und lenkt bei Bedienung während der Fahrt zu stark vom Verkehrsgeschehen ab. Was auch für die viel zu kleine Beschriftung des überfrachteten Zentralmonitors gilt. Und warum der in unseren Breiten nicht ganz unwichtige Schalter für die Aktivierung des Nebelschlusslichtes nicht beim Fahrlichtschalter positioniert ist, sondern als Mini-Ikone ganz oben links auf dem Rand des Zentralmonitors, ist auch schwer nachvollziehbar.

Zusammengefasst hinterlässt der MG4 in der Top-Variante nach über 1.200 km zwischen Stadtverkehr, Landstraßen und Autobahn ein zwiespältiges Bild. Den grundsoliden Eigenschaften in den für ein E-Auto wichtigen Kapiteln Verbrauch, Reichweite und Ladeleistung stehen Schwächen beim Bedienkonzept und der Abstimmung der elektronischen Fahrhelfer gegenüber.

Deren Gewichtung muss die potentielle Kundschaft selbst vornehmen.

Eine wesentliche Hilfe bei der Kalibrierung der Toleranz hinsichtlich der Schwachpunkte des MG4 wird wohl der Blick auf die Preisliste liefern. Die 39.990 € Basispreis für die voll ausgestattete Luxury-Variante mit großer Batterie können jedenfalls als starke Kampfansage an die vergleichbaren Modelle der europäischen Konkurrenz gesehen werden.

 

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