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Der Spritklau geht um

Tanken, ohne zu bezahlen: Das kommt immer häufiger vor. Die Strafen können drastisch sein. Doch längst nicht alle Fälle werden aufgeklärt.

der spritklau geht um

Wer tankt, muss bezahlen. Das sieht aber nicht jeder so. Engin_Akyurt/pixabay

Die Kraftstoffpreise sind zuletzt zwar wieder etwas gesunken. Dennoch ist Sprit nach wie vor ein teures Gut: Laut ADAC-Auswertung vom 23. April 2024 hat ein Liter Super E10 im bundesweiten Mittel 1,85 Euro und der Liter Diesel durchschnittlich 1,71 Euro gekostet. Wer also den 50-Liter-Tank eines VW Golf komplett zu befüllen hat, zahlt derzeit über 90 Euro.

Die hohen Preise verleiten den einen oder anderen dazu, sich gratis zu bedienen: Hin an die Zapfsäule also, volltanken – und dann schnell das Weite suchen, ohne Geld an der Kasse zu lassen. Der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist zu entnehmen, dass sich solche Fälle häufen. Im vergangenen Jahr wurden 96.435 Delikte angezeigt, gegenüber 2022 – übrigens dem teuersten Tankjahr aller Zeiten – kommt dies einem Anstieg um 13 Prozent gleich.

Tanken mit falschem Kennzeichen

Zwar versuchen die meisten Tankstellen, sich mithilfe von Überwachungssystemen zu schützen: Videokameras behalten die Zapfsäulen im Auge, über das Fahrzeugkennzeichen lässt sich dann den Spritklauern auf die Spur kommen. Dennoch hat die Aufklärungsquote bei Tankbetrug im vergangenen Jahr nur gut 35 Prozent betragen. Denn wenn die kriminelle Energie so weit geht, dem Fahrzeug ein gefälschtes oder unkenntlich gemachtes Nummernschild anzuschrauben, wird die Ermittlungsarbeit schwer. Es sei denn, Zufall ist im Spiel – so wie in einem Fall, der sich Anfang des Jahres auf der Rastanlage Frankenwald an der A9 nördlich von Hof zugetragen hat. Dort waren zwei Männer der Polizei zunächst deshalb aufgefallen, weil ihr Fahrzeug – ein Kia mit estländischen Kennzeichen – entgegen der Fahrtrichtung an den Zapfsäulen gestanden hatte. Nachdem das Duo getankt hatte, ohne zu bezahlen, konnte es noch auf dem Gelände der Raststätte angehalten und dingfest gemacht werden – auf frischer Tat ertappt. Dabei stellte es sich heraus, dass die Nummernschilder gar nicht dem Kia, sondern einem Audi zugeteilt gewesen waren, die richtigen Kennzeichen wurden im Kofferraum vorgefunden.

Tankbetrug, Unterschlagung oder Benzindiebstahl?

Wer erwischt wird, dem drohen harte Strafen. Ihre Höhe hängt davon ab, wie das Delikt einzustufen ist. Hier wird es kompliziert: Die Rechtsprechung differenziert zwischen Tankbetrug, Unterschlagung und Benzindiebstahl. Tankbetrug liegt dann vor, wenn die Zapfstation schon mit dem Vorsatz angesteuert wird, zu tanken, aber nicht zu bezahlen. Dem oder der Geschädigten – das kann beispielsweise der Tankstellenbetreiber sein – wird aber vorgespiegelt, dass man die Rechnung nach dem Tanken begleichen werde. Und das ist Betrug.

Entschließt sich der Kunde hingegen erst nach dem Spritfassen dazu, nicht zu zahlen, geht die Justiz von Unterschlagung aus. Im Einzelfall zu entscheiden, ob es um Tankbetrug oder Unterschlagung geht, gestaltet sich freilich oft schwierig. Ein klares Indiz für Vorsatz und damit Tankbetrug kann es beispielsweise sein, wenn das Fahrzeug wie im oben geschilderten Fall falsche oder gefälschte Kennzeichen trägt.

Kraftstoff abgezapft

Unter Benzindiebstahl im eigentlichen Sinne ist hingegen eine andere Form des Spritklaus zu verstehen: Die Täter holen sich den Kraftstoff dann aus dem Tank eines anderen Fahrzeugs. So ist es beispielsweise in der Nacht vom 22. auf den 23. April 2024 an einer Baustelle im Bereich der A9 bei Nürnberg geschehen, wo aus mehreren Baustellenfahrzeugen etwa 500 Liter Diesel im Wert von insgesamt 900 Euro abgezapft wurden.

Bei Tankbetrug und Benzindiebstahl drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe, bei Unterschlagung – die ohne Vorsatz geschieht – sind es maximal drei Jahre oder wiederum eine Geldstrafe. Laut ADAC stehen darüber hinaus aber noch weitere hohe Kosten im Raum: Abgesehen davon, dass der Tankstellenbetreiber ohne vorherige Mahnung die Bezahlung der ursprünglichen Tankrechnung verlangen könne, werde er womöglich auch Anwaltsgebühren, die Kosten für die Videoauswertung oder die Auslagen für einen Detektiv einfordern.

Wie der geschädigte Tankstellenbetreiber mit der Angelegenheit umgeht, hängt auch von der Höhe des entstandenen Schadens ab. Bei einem Rechnungsbetrag unter 50 Euro sind eine Strafanzeige und ein Strafantrag erforderlich, damit der Fall tatsächlich verfolgt wird, über 50 Euro reicht eine Anzeige.

Vergesslichkeit schützt nicht vor Anzeige

Mitunter mag es vorkommen, dass ein Kunde schlicht vergisst, fürs Tanken zu bezahlen. Das schützt ihn aber nicht vor einer Anzeige, denn die Vergesslichkeit glaubhaft nachzuweisen, ist schließlich nicht ganz einfach. Wer nach dem Tanken unsicher ist, ob er wirklich seine Rechnung beglichen hat oder aber bemerkt, dass er dies tatsächlich nicht getan hat, sollte die Tankstelle deshalb umgehend kontaktieren und versichern, dass der offene Betrag schnellstmöglich nachgereicht wird.

Aufmerksamkeit ist auch an der Kasse angesagt: Kauft jemand nicht nur Sprit, sondern auch einen Kaffee, einen Snack oder eine Zeitschrift, muss er darauf achten, dass ihm wirklich alles in Rechnung gestellt wird.

Wie “Schwarztanken” von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden kann, lässt sich beispielsweise in den USA besichtigen: Hier muss immer schon vor dem Tanken bezahlt werden.

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