- Input von außen – auch von der Kunst
- Autodesign entsteht hier eher nebenbei
- Die Epizentren des Designs öffnen sich
- Kunst soll „anarchische Produktivität“ bringen
- Im Zentrum: die (auto-) mobile Stadt von morgen
jedenfalls, wenn es nach BMW geht. Im neuen Kreativ-Studio erlaubt sich der Autohersteller den Blick weit über den Tellerrand hinaus – gemeinsam mit Künstler:innen wie Thomas Demand.
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Hier wird an der Zukunft der mobilen Stadt getüftelt: Die BMW-Tochter Designworks hat gerade ein neues Designstudio in Santa Monica eröffnet. Integrative Teams entwickeln dort Lösungen für die Stadt von morgen.
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Die Türen des schmucklosen Flachbaus in Santa Monica stehen weit offen. Eine bunte Künstlercrowd kommt rein, man trägt exzentrische Sneakers, Männer gern mal Röcke, gleich geht ein Talk mit dem deutschen Kunststar Thomas Demand los. Kontrolliert wird am Eingang kaum, drinnen in dem großräumigen, loftartigen Space geht es unaufgeregt zu. Und Demand wird aus dem Atelier-Nähkästchen plaudern, darüber, wie er schon immer von Produktdesign fasziniert war und was Design und Kunst unterscheidet.
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Input von außen – auch von der Kunst
Die Offenheit der Veranstaltung ist bemerkenswert. Denn Austragungsort ist das kalifornische Zentrum von Designworks, 1972 gegründete Kreativschmiede, die seit 1995 vollständig zu BMW gehört. Und gerade ihre Designzentren haben die großen Autokonzerne bisher abgeschottet wie ein Fort Knox für Gestalter:innen.
Aber: Diese Kultur der Abschottung funktioniert nicht mehr. Adrian van Hooydonk, Designchef von BMW, erläutert: „Das designorientierte Unternehmen von morgen ist wie eine offene Membran. Wir brauchen den Input von außen, müssen permanent lernen, auch von der Kunst. Vom Austausch mit Thomas Demand lerne ich.“
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Autodesign entsteht hier eher nebenbei
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Hampf sieht bei alledem auch einen Zusammenhang zur steigenden Bedeutung des Homeoffice. „Wir müssen unseren Leuten Angebote machen, damit sie wieder ins Studio kommen. Allein an Entwürfen feilen können sie auch zu Hause. Sie kommen, wenn sie glauben, hier Inspiration zu finden.” Das Designstudio von morgen muss also nicht nur offen sein, sondern den Mitarbeiter:innen Überraschungen bieten. So argumentieren auch die Autor:innen der McKinsey-Studie. Sie glauben: Designzentren müssen sich zu Orten entwickeln, an denen man spannende Leute trifft – aus dem eigenen Unternehmen wie von außerhalb.
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Die Epizentren des Designs öffnen sich
Letztlich wird die Stadt selber, der urbane Kosmos mit all seinen Widersprüchlichkeiten, für Designunternehmen zur Ressource. Hampf: „Vorher saßen wir in Malibu, stilvoll, aber weit weg von aller Stadtkultur. Jetzt wagen wir uns in die Stadt selbst.“ In der Tat: Sonderlich elegant oder gelackt geht es nicht zu im Umfeld des Standortes. Da finden sich Autohändler, Werkstätten und Wäschereien. Aber auch Tattoo-Studios und gute Taco-Places. In denen trifft man kreative Köpfe – wie Hans Zimmer. Der aus Deutschland stammende Hollywood-Musikmagier, mit dem BMW im Elektro-Soundbereich kooperiert, hat sein eigenes Büro gleich um die Ecke.
Die Kunstwelt kommt ebenfalls. Los Angeles wird immer mehr zum Kunstmekka der USA – und auch in Santa Monica oder Venice Beach eröffnen neue Galerien. Die Kunstmesse „LA Frieze“, mit deren diesjähriger Ausgabe die Designworks-Eröffnung zusammenfiel, ist inzwischen auch in der Nachbarschaft angekommen.
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Kunst soll „anarchische Produktivität“ bringen
Wenn man sich auf der Frieze umschaut, eng, laut, chaotisch, dann spürt man: Die Kunstszene von LA ist anders als in New York, heterogener, weniger an klassischen Distinktionen interessiert. Diesen Geist anarchischer Produktivität möchte BMW-Chefdesigner van Hooydonk ins Unternehmen hineinholen. „Wir sind kein Hotel“, sagt er. Und es sieht bei Designworks auch nicht aus wie in einem Hotel. Der Raum ist rough, offen, flexibel, die Decke hangarmäßig, industriell, aber mit Holzstreben unterspannt.
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40 Arbeitsplätze gibt es hier, für insgesamt 65 Mitarbeiter:innen. Klar, es müssen ja nicht mehr alle vor Ort sein. Viel wird digital kommuniziert, mit Homeoffices und den Studios in Shanghai und München. Für diese digitale Vernetzung haben sich Hampf und sein Team für etwas mehr räumliche Inszenierung entschieden: Eine dunkle Kammer, fast sakral, am Ende des Großraumes. „Holodeck“ nennen sie das. Den gleichen Raum gibt es auch in München. Hier wird virtuell gemeinsam an Entwürfen gearbeitet. Zwei Riesenbildschirme signalisieren Besucher:innen schnell: Hier ist der Heilige Gral der weltweiten Kommunikation.
Dieser globale Austausch läuft nicht immer harmonistisch ab. Die Idee des internen Wettbewerbs spielt für Designworks eine zentrale Rolle. In internen Pitches treten die drei Studios häufig gegeneinander an.
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Im Zentrum: die (auto-) mobile Stadt von morgen
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Basis dieser neuen Räume könnten bisherige Tankstellen werden. Aus denen wollen Designworks und Gensler die futuristischen „Nth Spaces“ entwickeln, dezentrale Chillout-Zonen als Hybride zwischen Arbeiten und Leben. Während die Elektrogefährte der urbanen Kreativen aufladen, treffen sich diese zum Meeting nebenan.
Ob sich mit diesen Nth Spaces Geld verdienen lässt? Offen. Bei anderen Themen ist man bei Designworks weiter – und muss es auch sein. Die Studios sind für BMW Profit-Center. Heißt, sie müssen Erlöse abwerfen – auch mit Projekten für andere Unternehmen. Man gestaltet Motoren für Elektroboote ebenso wie Landmaschinen für John Deere.
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Gerade hat das Studio Santa Monica den Auftrag gewonnen, gemeinsam mit dem Architekturbüro SOM Bushaltestellen für den öffentlichen Nahverkehr in LA zu konzipieren. Intensive Workshops mit den Menschen vor Ort waren dafür nötig, man kooperiert mit der Stadtverwaltung. Es geht darum, benachteiligte Stadtteile besser ans Zentrum anzubinden. Ein ungewohntes Ziel für die Autostadt LA. Doch auch die erlebt gerade einen Kulturwandel – wie Designworks und BMW.
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