Die Einführung der zweistufigen BoP bringt einige interessante Änderungen mit sich
Sie ist es, die im Zweifelsfall über Sieg oder Niederlage entscheidet – die Balance of Performance. Einst im GT3-Sport eingeführt, um die Fahrzeuge für Amateurpiloten in einem vergleichbaren Fenster zu halten, hat sie sich mittlerweile zu einem Instrument der Kostenkontrolle im Motorsport entwickelt. Doch wenn ausschließlich Profis am Steuer sitzen, können kleine Unterschiede große Auswirkungen haben.
Zwar dürfte das Wetter dafür sorgen, dass das Tempo allein bei den 24 Stunden von Le Mans 2024 nicht den Ausschlag gibt. Doch bei 23 Hypercars ist schon im Vorfeld klar, dass eine hohe Grundschnelligkeit Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Abschneiden auf dem Circuit de la Sarthe sein wird. Deshalb schauen wir uns das Leistungsgewicht (LG) der Fahrzeuge an.
Ein Vergleich ist allerdings nicht mehr so einfach, da erstmals die zweistufige BoP zum Einsatz kommt. Diese ohne vorherigen Test gleich in Le Mans einzuführen, ist durchaus mutig. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass dies eine einmalige Geschichte für den Circuit de la Sarthe bleibt, denn die Regelschwelle wurde von 210 auf 250 km/h hochgesetzt.
Im Vergleich zu den bisherigen WEC-Rennen schneidet der Lamborghini SC63 nun unterhalb von 250 km/h mit Abstand am besten ab. Das könnte auch seine guten Zeiten beim Vortest erklären. Nur der Cadillac war in Imola und Spa besser eingestuft, doch nach seiner starken Vorstellung in Spa bis zum Unfall ist er nun wieder auf dem Niveau des Porsche 963 angekommen.
Zu den Gewinnern zählt auch Ferrari, denn der 499P ist nun im unteren Geschwindigkeitsbereich deutlich besser eingestuft als der Toyota GR010 Hybrid. Auch der Peugeot 9X8 2024 steht nun besser da als der Toyota, ist aber immer noch das am zweitschlechtesten eingestufte Hypercar.
Das Mittelfeld wird weiterhin von Alpine, BMW, Isotta Fraschini, Porsche und nun auch Cadillac gebildet. Von oben hat sich auch der Ferrari in diese Gruppe herangeschoben. Der Porsche 963 gehört zu den kleinen Gewinnern und ist nun wieder besser eingestuft als Alpine und BMW.
Ab 250 km/h ändert sich das Bild deutlich. Die zweistufige BoP zielte immer auf den Ferrari 499P ab, da Ferrari nachgesagt wird, ein spezielles “Le Mans-Auto” gebaut zu haben, das bei hohen Geschwindigkeiten sehr effizient ist. Das würde auch erklären, warum der Ferrari in der zweiten Saisonhälfte 2023 nicht mehr so konkurrenzfähig war.
Die AF-Corse-Boliden bekommen hier die meisten Abzüge. Mit einem LG von 1,536 Kilogramm pro PS steht der Ferrari nun am schlechtesten da, gefolgt vom Peugeot und dem Toyota.
Die beste Einstufung hat nun der Isotta Fraschini, was sich im Test sofort in Topspeed-Bestwerten niederschlug. Der fehlende Abtrieb in den Kurven kann dadurch aber nicht ausgeglichen werden.
Vergleich mit Le Mans 2023
Mit den 24 Stunden von Le Mans 2023 können nur vier Hypercars verglichen werden, da lediglich Cadillac, Ferrari, Porsche und Toyota an beiden Ausgaben teilgenommen haben.
Als fünftes Werk kommt Peugeot hinzu, doch der Vergleich verbietet sich fast, da der 9X8 grundlegend überarbeitet wurde und mit dem alten Auto kaum mehr vergleichbar ist. Wir haben ihn trotzdem aufgenommen, um die Information nicht vorzuenthalten und weil die neongelbe Linie im Diagramm nicht allzu sehr stört.
Es fällt sofort auf, dass unter 250 km/h der Toyota und der Ferrari deutlich besser eingestuft sind als 2023, was darauf hindeutet, dass die Gegner offenbar den Abstand verringert haben. Bei Cadillac und Porsche gibt es kleinere Veränderungen zugunsten des 963 (kein Wunder, dass er so gut funktioniert, denn auch Penske ist deutlich besser aufgestellt als 2023) und zuungunsten des US-Boliden.
Über 250 km/h ist der Ferrari auf dem gleichen Niveau wie 2023, während der Toyota deutlich besser dasteht. Bei den beiden LMDh-Boliden gibt es im oberen Geschwindigkeitsbereich keine Leistungsänderung.
Hinsichtlich der Energiemenge pro Stint hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht viel geändert. Nach wie vor erhalten alle Hypercars rund 900 Megajoule Energie für einen Stint, mit leichten Anpassungen.
Anhang: Tabellen LG-Werte
Tabelle 1: LG WEC 2024 bis 250 km/h (Katar/Imola/Spa/Le Mans)
Alpine A424: 1,544/1,491/1,499/1,507
Cadillac V-Series.R: 1,522/1,465/1,467/1,497
Ferrari 499P: 1,572/1,502/1,531/1,509
Isotta Fraschini Tipo6-C: 1,552/1,496/1,499/1,497
Lamborghini SC63: 1,524/1,473/1,481/1,474
Peugeot 9X8 2024: -/1,531/1,541/1,515
Porsche 963: 1,525/1,495/1,505/1,499
Toyota GR010 Hybrid: 1,571/1,510/1,520/1,524
Tabelle 2: LG WEC 2024 über 250 km/h (Katar/Imola/Spa/Le Mans)
Alpine A424: 1,544/1,491/1,499/ 1,494
BMW M Hybrid V8: 1,541/1,489/1,498/ 1,491
Isotta Fraschini Tipo6-C: 1,552/1,496/1,499/ 1,484
Lamborghini SC63: 1,524/1,473/1,481/ 1,497
Peugeot 9X8 2024: -/1,531/1,541/1,526
Toyota GR010 Hybrid: 1,571/1,510/1,520/1,511
Tabelle 3: LG 24h Le Mans 2023 bis 250 km/h (2023/2024)
Cadillac V-Series.R: 1,501/1,497
Ferrari 499P: 1,536/1,509
(Peugeot 9X8: 1,484/1,515)
Porsche 963: 1,493/1,499
Toyota GR010 Hybrid: 1,550/1,524
Tabelle 4: LG 24h Le Mans 2023 über 250 km/h (2023/2024)
Ferrari 499P: 1,536/1,536
(Peugeot 9X8: 1,484/1,526)
Toyota GR010 Hybrid: 1,550/1,511