Finanzen

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Das Fabrikproblem deutscher Autokonzerne

das fabrikproblem deutscher autokonzerne

Im VW-Stammwerk in Wolfsburg an der Produktionslinie von Golf VIII und Tiguan

Der Autobranche hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Unterstützung beim Absatz von E-Autos zugesichert. Zusätzlich zu besonderen Abschreibungsmöglichkeiten und Vergünstigungen für Dienstwagenfahrer auch von teuren E-Autos könne es noch weitere Fördermaßnahmen geben, sagte Habeck bei einem Besuch im Volkswagenwerk in Emden, wo die Produktion auf Elektroautos umgestellt wurde. Habeck sagte, er wolle helfen, dass Volkswagen ohne Standortschließungen durch die nächste Zeit komme.

Für den kommenden Montag hat Habeck zu einem Autogipfel eingeladen, an dem die Konzernchefs der deutschen Autohersteller und von zwei oder drei Zulieferern teilnehmen sollen, zudem Vertreter der Gewerkschaft IG Metall und des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA). Wie aus beteiligten Kreisen zu hören ist, findet dieser Autogipfel allerdings nur als Videokonferenz statt, angeblich von 15.30 bis 17 Uhr.

Vordringliches Thema ist offenbar die schwache Auslastung der deutschen Autofabriken. Die arbeiten nach einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur derzeit im Schnitt mit zwei Dritteln ihrer Kapazität. Bei Volkswagen soll die Auslastung nur gut die Hälfte betragen, weshalb die Konzernspitze die Möglichkeit einer Schließung von zwei Standorten in Deutschland in den Raum stellte. In Deutschland wurden bis 2018 jedes Jahr deutlich mehr als 5 Millionen Autos produziert, in der Spitze waren es 2016 fast 5,75 Millionen. In der Covid-Krise war die Produktion auf knapp über 3 Millionen gefallen und hat sich bis 2023 nur auf 4,1 Millionen erholt. Im ersten Halbjahr 2024 lag die Produktion 6 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Zum Problem wird der stagnierende Absatz, weil ja eigentlich mit einem Hochlauf der Elektromobilität gerechnet worden war. Der VDA berichtet, dass in den vergangenen fünf Jahren von den deutschen Herstellern rund 230 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung gesteckt worden seien, vor allem in die Elektromobilität. Diese Investitionen tragen jetzt aber keine Früchte. Im Gegenteil: Die von Volkswagen allein für die Produktion von Elektroautos umgerüsteten Fabriken in Zwickau und Emden haben besonders ungenutzte Produktionskapazitäten.

Aus der Autobranche ist zu hören, dass weder der VDA noch Volkswagen neue Umweltprämien für den Kauf von Elektroautos verlangen wollten. Es gehe nun um den Standort Deutschland, die Energiepreise, das Ladenetz für Elektroautos oder die Kosten des Ladens. Der Berliner Koalition fällt nun auf die Füße, dass sie frühere Warnungen des VDA nicht gehört hatte. Vor einem Jahr hatte VDA-Präsidentin Hildegard Müller gegenüber der F.A.Z. gesagt, die deutsche Industrie wolle in vier Jahren 380 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung sowie in neue Produktionsanlagen stecken, wegen der Standortbedingungen würde davon aber deutlich weniger nach Deutschland fließen als ursprünglich geplant.

Helfen mit der Transformation

Zwei SPD-geführte Bundesländer wollen sich dagegen für einen neuen Umweltbonus einsetzen: Auf Initiative des Saarlandes und Niedersachsens soll auch der Bundesrat einen neuen Vorstoß für eine E-Auto-Kaufprämie starten. Saarlands Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) sagte am Freitag, es gehe jetzt darum, Verwerfungen in der Industrie zu vermeiden und den Unternehmen den Weg in die Transformation zu ebnen.

Allein im Saarland hingen 17 Prozent der Arbeitsplätze an der Autoindustrie, vor allem in Zulieferbetrieben. Vor allem auf Standorte in Niedersachsen konzentriert sich die Produktion des angeschlagenen Autoriesen Volkswagen. Die Länderkammer trifft sich am 27. September zu ihrer nächsten Sitzung. Barke sagte, er sehe den Rückgang der Zulassungszahlen von Elektroautos mit großer Sorge. Zur Sicherung der Arbeitsplätze sei jetzt eine besondere Kraftanstrengung nötig.

Nicht nur der Autoabsatz selbst, auch der Ausbau der Infrastruktur müsse vorangebracht werden. Unternehmen hätten bereits beträchtlich in die Batterietechnik investiert. Um auf dem Weltmarkt konkurrieren zu können, müssten sie ihre Produktionskapazitäten ausbauen und Skaleneffekte erzielen, das passiere zurzeit aber nicht. Weil eine neuerliche Kaufprämie im allgemeinen Haushalt schwierig zu finanzieren sei, macht sich Barke für ein „Sondervermögen“ stark, also einen kreditfinanzierten Fonds. Damit könne die Transformation nicht nur der Autoindustrie, sondern der gesamten Wirtschaft langfristig finanziert werden – abbezahlt über zwei Generationen. Barke sagte, statt Autogipfel, Chemiegipfel und vielleicht bald noch einen Möbelgipfel brauche es einen „Gipfel des gesunden Menschenverstands“.

China wird zum Problem

Gesteigert wurden die Sorgen um die Autobranche auch noch durch eine Gewinnwarnung des Autoherstellers Mercedes. Die Schwierigkeiten im Autogeschäft würden auch den operativen Gewinn der gesamten Gruppe für 2024 schmälern, der „nun voraussichtlich deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegt“, berichtet das Unternehmen. Bisher hatte Mercedes-Benz lediglich einen leichten Rückgang erwartet. Die bereinigte Umsatzrendite im Autogeschäft werde nun im Gesamtjahr zwischen 7,5 und 8,5 Prozent liegen, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. 2023 hatte der Geschäftsbereich Mercedes-Benz Cars noch eine bereinigte Umsatzrendite von 12,6 Prozent erwirtschaftet. Die Börse reagierte auf die Nachricht von Mercedes mit Kursverlusten von bis zu 8 Prozent.

Mercedes-Chef Ola Källenius begründete das am Freitag vor allem mit der Situation in der Volksrepublik. „Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Kundschaft in China im Moment sehr vorsichtig ist“, sagte der Manager im Gespräch mit Analysten. „Unser Hauptaugenmerk liegt auf Asien, vor allem in China schwächt sich der Konsum ab.“ Auch für den Autohersteller Mercedes sind die Zeiten, in denen das Geschäft in China so gut lief, dass es die Probleme in anderen Märkten ausgeglichen hat, vorerst vorbei.

In der Branche wird berichtet, dass Mercedes in China zuletzt an seinen Verkaufspreisen und damit an den Ertragsmargen festgehalten habe und damit Marktanteile verlor. Konkurrent BMW habe dagegen mit Rabatten seine Marktanteile in China zu halten versucht. Am meisten von Absatzeinbußen in China, dem größten Automarkt der Welt, ist vor allem Volkswagen betroffen. Volkswagen betreibt in China, zum Teil mit Partnern, 39 Fabriken. Die Produktion liegt aber mit wenig mehr als 3 Millionen um ein Viertel unter dem Wert der Jahre vor der Covid-Krise. Nun berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass zwei mit dem lokalen Partner Saic betriebene Werke geschlossen werden sollen.

TOP STORIES

Top List in the World