Mercedes

Mercedes-Benz

Tests

Test Mercedes GLE 350 de: Mit dem Diesel an die Ladesäule

Der Mercedes GLE 350 de 4Matic auf einen Blick

  • Mini-Facelift Anfang 2023
  • Bis zu 100 km E-Reichweite nach WLTP
  • Vierzylinder-Diesel-Hybrid mit 245 kW/333 PS
  • 0-100 km/h in 6,9 s, Vmax 210 km/h
  • Optional mit komfortabler Airmatic
  • Modernes Infotainment, viel Platz
  • Grundpreis ab 87.435,25 Euro

test mercedes gle 350 de: mit dem diesel an die ladesäule

Anfang 2023 hat Mercedes den GLE leicht überarbeitet. Die Änderungen am Zierrat sind allerdings kaum wahrnehmbar. Mercedes hat die Gelegenheit jedoch genutzt, alle Motoren zu elektrifizieren.

Mit was haben wir es hier zu tun?

Mit einem wahrhaft großen SUV, das Anfang 2023 ein Mini-Facelift erhalten hat. Ja klar, der GLE in seiner zweiten Generation, aber auch die M-Klasse als Vorgänger waren nie sonderlich kompaktbauend. Knapp fünf Meter misst die Mercedes-Baureihe 167 mittlerweile, wiegt als 350er Diesel-Hybrid* mehr als 2.700 Kilogramm und gehört damit zu den Lieblings-Feindbildern von Klimaaktivisten und neuerdings der Stadt Paris, die auf solch gewichtige Trümmer (für Besucher) in Zukunft exorbitant hohe Parkgebühren erheben will. Wie opulent der Benz ist, konnten wir in den letzten Tagen unseres Tests noch einmal hautnah erfahren, als der neue Porsche Cayenne in den Hof der Redaktion (bald mehr dazu) gefahren kam. Der Porsche ist im direkten Vergleich ein Kleinwagen!

*(Kraftstoffverbrauch kombiniert: 0,7 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 25,9 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 18 g/km; Elektrische Reichweite: bis zu 99 km)²

Also nicht wirklich, aber der Cayenne kaschiert seine Dimensionen deutlich besser als der GLE. Die generelle Übersicht ist auch dank der zahlreichen Umfeldkameras gut und hat man ein paar Mal im Kommandoposten Platz genommen, klappt es auch mit dem souveränen Parkieren. Wer noch etwas mehr sehen will, kann die optionale und sehr empfehlenswerte Airmatic-Luftfederung in einen erhöhten Geländemodus bemühen. Vorgefahren kommt unser Testkandidat wie eingangs erwähnt als GLE 350 de, ein Diesel-Plug-in-Hybrid, der im System bis zu 245 kW/333 PS und 750 Nm Drehmoment bereithält. Da staunt man in der heutigen Zeit, dass ein Hersteller noch den Mut zu solch einem Technikschauspiel hat. Die Komponenten sind allesamt im Einkauf schon nicht günstig, was der Kunde am Ende aber auch zu spüren bekommt. Der Grundpreis des Mercedes GLE 350 de 4Matic liegt bei 87.435,25 Euro.

test mercedes gle 350 de: mit dem diesel an die ladesäule

Ungewohntes Bild an der Gleichstrom-Ladesäule: Der Diesel-Benz kann optional mit bis zu 60 kW DC-Strom ziehen. Nach etwas mehr als 30 Minuten ist der Akku voll.

Was kann der Vierzylinder-Diesel-Hybrid im GLE 350 de 4Matic – und was nicht?

Wie man das beurteilt, kommt ganz darauf an, ob die netto 27-kWh-Batterie zum Teil geladen ist, oder nicht. Steht ausreichend Strom für den reinen Elektro-Modus zur Verfügung, schwimmt der GLE 350 de im Verkehr mit wie ein ausreichend motorisiertes Elektroauto. Die 100 kW/136 PS und 440 Nm starke E-Maschine, integriert im 9G-Tronic-Getriebe, setzt den Koloss flüsterleise in Bewegung. Stimmen alle inneren sowie äußeren Faktoren, soll man bis zu 100 Kilometer weit und 140 Kilometer pro Stunde schnell ohne Verbrenner fahren können. Im vorweihnachtlich verschneiten Testbetrieb erreichten wir dagegen maximal 80 Kilometer Reichweite, was immer noch kein schlechter Wert ist. Gehen die Elektronen zur Neige, kann nicht nur an die heimische Wallbox (7,4 kW AC), sondern optional sogar an der Schnellladestation geladen werden. Gegen Aufgeld gibt es ein Gleichstrom-Ladegerät mit einer Ladegeschwindigkeit von maximal 60 kW. Vollladen von null auf 100 Prozent gelingt in etwas mehr als 30 Minuten. Will oder kann man hingegen gerade keine Ladestrippe ziehen, wird es rauer im Mercedes-Benz.

„Wenn ich Mercedes fahren will, rufe ich mir ein Taxi“, lautet ein etwas herabwürdigendes Zitat unbekannter Herkunft. Das stimmt mit dem Wegfall der entsprechenden Taxi-Versionen für die E- und B-Klasse zwar nicht mehr unbedingt, dennoch kommen im Diesel-GLE hin und wieder Funkstreifen-Gefühle auf. Dann, wenn OMG 645M DE 20 an einem kalten Wintermorgen akustisch präsent zum Leben erwacht und ein paar Kilometer braucht, ehe das Nageln in ein wohliges Brummen übergeht. Dank elektrischer Unterstützung, die auch bei leerer Traktionsbatterie durch den 48V-Startergenerator aufrecht erhalten wird, mangelt es dem 145 kW/197 PS und 440 Nm starken 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel nicht an Druck (0-100 km/h in 6,9 Sekunden), wohl aber an Laufkultur. Zumindest für ein 100.000-Euro-SUV. Wer da im Gehörgang empfindlich ist, für den sollte es mindestens der Reihensechszylinder-Diesel sein. In Sachen Spritdurst erkennen wir auf der Langstrecke ohnehin kaum einen Vorteil im Verzicht auf Hubraum und Zylinder. Mit neun Liter auf 100 Kilometer ist man immer dabei. Ist der Akku geladen, können zwischenzeitlich und in Abhängigkeit vom eigenen Fahrprofil auch deutlich geringere Werte dabei herauskommen.

test mercedes gle 350 de: mit dem diesel an die ladesäule

Der Innenraum des GLE ist insgesamt sauber verarbeitet, wirkt aber gleichzeitig etwas nüchtern. Bis auf das mit Bedienflächen überfrachtete Lenkrad gibt es an der Handhabung des MBUX-Systems kaum etwas auszusetzen.

Wie fährt sich der GLE 350 de?

Angenehm wäre die wohl treffendste Zusammenfassung. Der Diesel-Hybrid ist jetzt keine Ausgeburt an Sportlichkeit und auch die Airmatic will lieber besänftigen, statt knackige Härte vermitteln. Aber es braucht viel, um das Fünf-Meter-SUV aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gerade mit den aufgezogenen Winterpneus im 19 Zoll Format rollt der GLE sehr gediegen ab, kapituliert nicht vor Schlaglöchern und auch nicht vor Querrillen. Kurven nimmt der Koloss mit viel Gleichmut, sogar die Wankbewegungen halten sich in Grenzen. Mit dem großen Benz auf große Fahrt gehen – jederzeit gerne! Es passt auch die Lenkgewichtung, die Rückmeldung von der Straße entspricht dem, was ein Käufer eines solchen Autos erwartet. Nie zu viel, nie zu wenig.

Ein Lob verdient zudem das „Blending“ der Bremsen. Also der Übergang von der elektrischen Rekuperation hin zur mechanischen Bremsanlage. Wo es dir beispielsweise beim Mercedes EQS gespenstisch das Pedal von den Füßen wegzieht oder ein Hybrid-Cayenne ins ungute Stocken gerät, geschieht der Wechsel im GLE nahtlos. One-Pedal-Driving im Elektro-Modus ist zwar nicht möglich, dennoch lässt sich die Rekuperation über die Schaltwippen am Lenkrad auf stark, neutral oder Freilauf einstellen. Erwähnenswert ist zudem, dass die Fahrzeugkabine ziemlich gut gedämmt ist. Ja, der kernige Vierzylinder-Diesel dringt hin und wieder durch, aber sonst halten sich Fahrbahn- und Windgeräusche sehr in Grenzen.

test mercedes gle 350 de: mit dem diesel an die ladesäule

Der Mercedes GLE bietet neben bequemen Sitzen auch viel Platz in beiden Reihen. Der Kofferraum fasst zwischen 490 und bis zu 1.915 Liter Gepäck.

Wie ist der Mercedes GLE innen?

In seiner Einrichtung vielleicht ein wenig nüchtern. Das optionale AMG Line Interieur Paket bringt viel Schwärze und gegen noch mehr Geld viel Carbon mit sich. Auflockern ließe sich das Cockpit des GLE zum Beispiel mit dem ebenfalls verfügbaren Walnuss-Furnier. Es sieht zumindest auf einigen Pressebildern danach aus, als könne es zumindest in Ansätzen wieder diesen unerschütterlichen Qualitätsanspruch eines Daimlers zurückbringen, den wir heute ein wenig vermissen. Ganz so schlimm wie in den kleineren Wagenklassen der Stuttgarter ist es zwar nicht, aber „das Beste“ sieht in unseren Augen dennoch anders aus.

Da knarzt es hin und wieder aus der Mittelkonsole heraus, das aufpreispflichtige Nappa-Leder wirft am Fahrersitz schon nach knapp 5.000 Kilometern unschöne Falten und das Lenkrad wirkt etwas sehr dünnhäutig bezogen. Apropos Lenkrad: Wir können die Male nicht zählen, in denen wir versehentlich etwas über die Touchflächen am Lenkrad ausgelöst haben. Das mit Funktionen überfrachtete Steuerrad mit seinen vielen Funktionen kann kaum dem Anspruch der Stuttgarter entsprechen. Es steht auch im Widerspruch zur sonst, im wahrsten Sinne, glanzvollen Bedienung. Die zwei 12,3 Zoll großen MBUX-Bildschirme zur Fahrerinformation und für das Infotainment sind in Darstellung und Handhabung definitiv auf den vorderen Plätzen einzureihen. Gleiches gilt für das optionale Head-up Display, das seine Informationen auf einen Bereich von 45 x 15 Zentimeter projiziert. Auch die Spracheingabe klappt ohne Mühen. Apple CarPlay und Android Auto funktionieren selbstverständlich kabellos.

Fehlt noch ein wichtiges Thema: Der Platz. Und davon bietet der Mercedes GLE reichlich. Wir waren schon ein wenig überrascht, als wir nach langer Abstinenz dieses SUV mal wieder erklommen haben. Vier große Erwachsene nahe der 1,90 Meter können auf allen Plätzen fläzen, sich strecken und recken wie es ihnen beliebt, ohne sich in die Quere zu kommen. Das Mercedes-Gestühl vorne ist gut konturiert, hinten könnte man monieren, dass die Sitzposition etwas tief ausfällt. Dafür gibt es kaum mehr einen Mitteltunnel, die Beinfreiheit ist bestens. Das Kofferraumvolumen beträgt derweil zwischen 490 und bis zu 1.915 Liter. Reicht das nicht, darf der GLE 350 de Anhänger bis zu 2,7 Tonnen ziehen.

test mercedes gle 350 de: mit dem diesel an die ladesäule

Der Vierzylinder-Diesel-Hybrid eigenet sich vor allem für die entspannte Reise, weniger für den Sportfahrer. Auf Eis und Schnee sorgt der 4Matic-Allrad stets für ausreichend Traktion.

Fazit

Auf dem Papier, aber auch unter gewissen Alltagsbedingungen, wird der Mercedes GLE 350 de zur wahren Wollmilchsau des Automobilbaus. Ein einigermaßen sparsamer Diesel in Kombination mit einem reichweitenstarken Elektroantrieb klingt nach einem Gewinn für Kunde und Umwelt. Ob letztere davon profitiert, hängt aber davon ab, wie die Möglichkeiten des Diesel-Hybrid genutzt werden. Die Wahrheit ist aber auch: Zum äußerst gediegenen Fahrverhalten mag der teilweise sehr kernig durchklingende Selbstzünder nicht so recht passen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten – Mercedes GLE 350 de 4Matic*

  • Modell: Mercedes GLE 350 de 4Matic
  • Motor: Vierzylinder-Diesel, 1.993 ccm + E-Maschine
  • Systemleistung: bis zu 333 PS (245 kW)
  • Systemdrehmoment: bis zu 750 Nm
  • Antrieb: Allrad, Neungang-Automatik
  • Batterie: netto 27,0 kWh Lithium-Ionen
  • Ladeleistung AC/DC: 7,4/60
  • Kraftstoffverbrauch kombiniert: 0,7 l/100 km²
  • Stromverbrauch kombiniert: 25,9 kWh/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 18 g/km²
  • Elektrische Reichweite: bis zu 99 km²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 6,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,92 m/1,94 m/1,77 m
  • Gewicht: ca. 2.700 kg
  • Grundpreis: ab 87.435,25 Euro

*Herstellerangaben

TOP STORIES

Top List in the World