Ford

Ford Bronco

Test: Ford Bronco, Cool Tool

Als Naturbursch im Retro-Abenteuer-Look ist der Bronco ein idealtypischer Charakterdarsteller der großen Ford-Transformation. Was das Outfit so cool macht, wozu die radikale Technik imstande ist und auf welchen zusätzlichen Antrieb wir hoffen, erklärt der Test.

Warum positioniert sich Ford in Europa neu?
Dass Ford bald eine andere Marke sein wird, hat Motorprofis.at schon 2022 angekündigt. Jetzt ist die Transformation voll im Gange. Obwohl Klassiker wie Fiesta und Focus gute Autos sind, ließ sich mit ihnen nicht (mehr) viel verdienen. Vor allem VW und Stellantis vereinen sehr viele Marken auf sich und haben dadurch Synergieeffekte, gegen die mit geringeren Stückzahlen schwer anzukommen ist. Ford positioniert sich daher in Europa komplett neu und forciert pointiertere Fahrzeuge. Das Portfolio soll sich aus Charakterdarstellern zusammensetzten, die mehr vom amerikanischen Lifestyle als vom europäischen Mainstream geprägt sind: Freiheit, Abenteuer und Outdoor heißen die neuen Schlagworte.
Als Naturbursch im Retro-Abenteuer-Look ist der Bronco ein idealtypischer Vertreter dieser Ford-Transformation – als ein aus den USA importierter Charakterdarsteller offenbart er aber auch technische Herausforderungen des Umbruchs, vor allem beim Antrieb. Grundsätzlich werden Autos aus dem amerikanischen Portfolio das Salz in der Suppe sein. Das neue Fundament bilden coole Neuerscheinungen wie Explorer und Capri, die einer europäischen Technik-Kooperation mit VW entspringen und in der EU gebaut werden.
 
Kurze Einführung. Was muss man über den Bronco wissen?
Tatsächlich handelt es sich um den ersten richtig neuen Bronco seit 1978. Das ist eine lange Pause. Optisch bezieht sich die Neuauflage aber gleich auf die Urversion von 1966 und übersetzt dessen ikonischen Look in ein Retro-Design, das wir sehr mögen. Wirklich sehr mögen. In seiner globalen Modellpalette schließt Ford mit dem Bronco eine Lücke, bis jetzt gab es darin keinen klassischen Geländewagen, der es mit dem Jeep Wrangler aufnehmen konnte.
 
Wie sprechen hier von echten Naturburschen. Wie schaut das technische Bronco-Setup aus und welche Autos sind vergleichbar?
In früheren Zeiten hatten die ganz Harten unter den Geländewagen immer ein separates Leiterrahmen-Chassis mit zwei Starrachsen und oben drauf die Karosserie. Der Jeep Wrangler bleibt bis heute bei diesem Old-School-Setup, dagegen hat zum Beispiel der neue Defender den radikalen Wechsel zu selbsttragender Karosserie und rundum unabhängigen Aufhängungen vollzogen. Den technischen Mittelweg gehen die Mercedes G-Klasse und auch der Bronco, indem sie den Leiterrahmen hinten mit einer Starrachse, aber vorne mit einer Einzelradaufhängung kombinieren. Das genügt schon, um Straßenkrümmungen deutlich besser zu meistern. Das Bronco-Chassis ähnelt dabei jenem des Ranger, der in der neuen Generation in die Komfortzone eindringt und in der Raptor-Version besonders gut abgestimmt ist.

test: ford bronco, cool tool

Ford schließt mit dem Bronco eine Lücke, bis jetzt hatte die Marke keinen klassischen Geländewagen, der es mit dem Jeep Wrangler aufnehmen konnte.

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Bronco und Mustang waren ursprünglich Wildpferde.

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Ikonisches Lichtdesign als Verweis auf die Urversion.

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Optisch bezieht sich die Neuauflage auf den Bronco von 1966 und übersetzt dessen Look in ein Retro-Design, das wir sehr mögen. Wirklich sehr mögen.

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Grobstollige Reifen, die im Gelände gut performen.

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Ösen in der Stoßstange – zum Abschleppen oder rausgezogen werden.

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Bereit für längere Strecken: Man spürt die Einzelradaufhängung vorne, der Bronco lenkt durchaus präzise ein und liegt bei hohem Tempo relativ stabil.

Wie ist das Design gelungen?
Wie schon gesagt: Wir lieben es. Es handelt sich um eine superlässiges, in Teilen vom ersten Bronco inspiriertes Retro-Abenteuer-Outfit, das aber natürlich kein Outfit allein ist, sondern durchdachte Funktionskleidung. Ford selbst spricht davon, die Robustheit einer F-Serie mit der Attitüde eines Mustangs zu verbinden, was es gar nicht so schlecht trifft.
Der getestete Badlands ist der wilde Bronco, die Ausstattungsvariante mit der noch klareren Offroad-Ausrichtung. Also erste Wahl. Große Bodenfreiheit, viel Platz in den Radkästen und Reifen mit grobem Profil machen auch dem Laien klar, dass es hier um Geländeeinsätze geht. Details wie die Stoßstangen aus Stahl oder die Ösen im vorderen Stoßfänger (zum Abschleppen) und am vorderen Kotflügel (zum Anbringen von Astabweisern) zeigen, dass es der Bronco wirklich ernst meint. Wer sich auf den Boden legt und unter das Auto schaut, bekommt die Offroad-Ambitionen erneut bestätigt, empfindliche Teile wurden vorsorglich mit Stahlplatten geschützt.
Das Dach des Fünftürers unterteilt sich in Paneele über den Sitzreihen und kann relativ einfach entfernt werden. Dass man auch die Türen mit den rahmenlosen Fenstern ausbauen kann, ist ein verstecktes Highlight des Autos, das der Gesetzgeber auf der Straße freilich nicht toleriert. Auf Privatgrund lässt sich die Freikörperkultur aber ungestört genießen.
Übrigens: Wie den Defender gibt es auch den Bronco als kompakten Dreitürer, leider wird diese Karosserievariante in Europa aktuell nicht angeboten.
 
Wie viel Platz gibt es im Bronco?
Der Kofferraum ist groß und die Rücksitze lassen sich flach umklappen. Dann ist der Kofferraum sehr groß und kann, sofern man die Stufe ausgleicht, zum Schlafraum umfunktioniert werden. Auch zwei Türen und die vorderen Dachpaneele haben Platz.
Beim Beladen muss zuerst die Hecklappe seitlich nach rechts aufschwingen und dann die Scheibe nach oben klappen, was ein bisschen umständlicher als gewohnt ist. Auch klettern muss man zwischendurch, der Stauraum liegt einfach recht hoch. Naturburschen ist das natürlich egal, für sie zählt nur der große Stauraum. Nicht gerade uncool ist übrigens auch die Anwendungsart als Surfer-Mobil mit geöffnetem Dach hinten.

Was bietet der Bronco im Innenraum?
Um das zu wissen, muss man sich erst einmal hinaufhieven. Die Bronco-Kabine ist ein Hochsitz. Oben angekommen, fällt die gute Übersicht auf und das leichte Abschätzen der Fahrzeuggröße – ganz wichtig für die Offroad-Performance, gelegentlich auch für die Innenstadt-Garage.
Die verwendeten Materialien machen durchwegs den Eindruck, sehr viel auszuhalten. Durch harten Kunststoff, vor allem am Armaturenbrett, kann aber kein Premium-Gefühl entstehen. Dafür gibt es schicke Ledersitze mit orangen Ziernähten und viele coole Details wie gummierte Schalter (für die Reinigung per Wasserschlauch), Fensterheber in der Mittelkonsole (für die Fahrt ohne Türen) und sechs Aux-Tasten im Dach (zum Schalten von nachträglich eingebautem Zubehör). Das Fahrerdisplay hat ein eher banales Layout, aber vielfältige Anzeigemöglichkeiten wie Öltemperatur und Neigungswinkel. Der große 12-Zoll-Touch-Screen im Zentrum ist reaktionsschnell und das Multimediasystem durchwegs hochmodern, quasi beste Ware.

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Die Bronco-Kabine ist ein Hochsitz. Oben angekommen, fällt die gute Übersicht auf und das leichte Abschätzen der Fahrzeuggröße.

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Vielfältige Anzeigemöglichkeiten wie Öltemperatur und Neigungswinkel

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12-Zoll-Touch-Screen im Zentrum: reaktionsschnell und hochmodern.

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Durch harten Kunststoff, vor allem am Armaturenbrett, kann aber kein Premium-Gefühl entstehen. Dafür gibt es schicke Ledersitze.

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Die gemütliche 10-Gang-Automatik ist auf Gleiten ausgelegt.

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Dach-Paneele über den Sitzreihen können relativ einfach entfernt werden.

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Der Kofferraum ist groß und die Rücksitze lassen sich flach umklappen. Dann ist der Kofferraum sehr groß.

Wie gut ist das Auto im Gelände?
Weit vorne dabei. Der Bronco ist mit 4,80 Metern Länge kompakter als er aussieht und hat einen guten Einschlag, das hilft schon mal sehr. Zur robusten Leiterrahmen-plus-Starrachse-hinten-Konfiguration kommen 563 Newtonmeter Drehmoment, rund 30 Zentimeter Bodenfreiheit, entkoppelte Stabilisatoren für größere Achsverschränkung, Differenzialsperren vorne und hinten sowie ein Untersetzungsgetriebe. Zahlreiche Fahrmodi optimieren die 4×4-Technik für unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten. Genial ist der Gelände-Kriechgang, quasi ein Offroad-Tempomat. Umfangreiche Detail-Ansichten der eigenen Kletterei werden von Kameras aufgenommen auf dem Multimedia-Bildschirm im 12-Zoll-Format dargestellt.
 
Wie fährt sich der Bronco auf der Straße?
Man spürt die Einzelradaufhängung vorne, der Bronco lenkt durchaus präzise ein und liegt bei hohem Tempo relativ stabil. Die Bremsen sind klar definiert, die Stollen-Reifen kommen auf der Straße gut zurecht. Die hintere Starrachse gibt Unebenheiten recht deutlich weiter, dank Schraubenfedern aber auch nicht so deutlich wie erwartet beziehungsweise befürchtet (Luftfederung wie im Defender gibt es nicht). Das ist eine feine Sache, nicht jedes Abenteuer liegt schließlich gleich ums Eck. Man macht sich mit dem Bronco nicht ungern auf den Weg. Wir wollen aber auch davor warnen, den Bronco wegen seiner supertollen Kurven- oder Langstreckeneigenschaften zu kaufen. Die hat er, bei allem Respekt für die erstaunliche Asphalt-Performance, nicht. Kann er – mit Blick auf das Kapitel direkt über diesem – nicht haben. Ähnliches gilt für die Innengeräusche bei 130 km/h: Nicht sehr laut, aber eben auch nicht leise. Der 2,7-Liter-V6-Motor ist beim Hochdrehen nicht wahnsinnig motiviert und verweist lieber auf seinen Drehmomentberg, auch die gemütliche 10-Gang-Automatik ist auf Gleiten ausgelegt, wobei das Gleiten durchaus flott sein kann. Der Testverbrauch betrug 13,3 Liter im Schnitt – mit Tiefstwerten bei neun Liter und Höchstwerten bei 15 Liter. Das ist aber gar nicht der erste Grund, warum viele Bronco-Fans auf eine weitere Antriebsvariante hoffen – siehe nächstes Kapitel.
 
Wie liegt der Bronco preislich?
In Deutschland kostet der Bronco zwischen 74.500 und 78.500 Euro. Das ist viel mehr als in den USA, aber viel weniger als in Österreich: Zusätzlich zu den 20 Prozent Mehrwertsteuer wird in der Alpenrepublik eine am Normverbrauch orientierte Strafsteuer (NoVA) in der Höhe von 37 Prozent fällig – das ist zumindest unser letzter Stand, es könnten inzwischen schon wieder mehr sein. Ford hat den österreichischen Konfigurator lieber abgestellt, bevor er komplett verrückt spielt. Die Ford-Fans in Österreich hoffen daher auf einen Plug-in-Hybridantrieb, der das Problem lösen und den Bronco auf die Shoppinglisten bringen würde.
 
Das Fazit?
Der Bronco ist ein Naturbursch mit herausragenden Eigenschaften abseits der Straße, durch seinen coolen Retro-Abenteuer-Look aber auch ein Lifestyle-Auto. Das macht ihn zum idealtypischen Vertreter der großen Ford-Transformation – wobei die US-Autos neben den neuen, in Europa produzierten Charakterdarstellern wie Capri und Explorer auch künftig eher das Salz in der Suppe bleiben. In Österreich müssen Bronco-Fans auf einen Plug-in-Hybridantrieb hoffen oder tief in die Tasche greifen.

test: ford bronco, cool tool

Fazit von Motorprofis-Redakteur Fabian Steiner: „Naturbursch mit herausragenden Eigenschaften abseits der Straße, durch seinen coolen Retro-Abenteuer-Look aber auch Lifestyle-Auto. In Österreich müssen Bronco-Fans auf einen Plug-in-Hybridantrieb hoffen oder tief in die Tasche greifen.”

DATEN & FAKTEN

Ford Bronco Badlands

(Juli 2024)

Preis

Österreich: 115.000 Euro (inkl. 37 % NoVA) // Deutschland: 78.500 Euro. Einstiegspreis Bronco 74.500 Euro.

Antrieb

6-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, 2.694 ccm, 335 PS, 563 Nm bei 3.100 U/min.
10-Gang-Automatik, zuschaltbarer Allradantrieb.

Abmessungen

Länge 5.80 Meter / Breite 1,94 Meter / Höhe 1.96 Meter. Radstand 2,95 Meter

Gewicht

Eigengewicht 2.418 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 3.805 kg.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 161 km/h, Beschleunigung 0 – 100 in 7,2 Sekunden, WLTP-Normverbrauch 13,9 Liter.

Testverbrauch

13,3 Liter

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