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Special: Mit dem BYD Han auf der e-engine Normrunde

special: mit dem byd han auf der e-engine normrunde

Mit dem BYD Han 3.9S auf der e-engine Normrunde. Das Wetter wollte diesmal anfangs nicht mitspielen, schließlich wurde es doch noch trocken.

BYD. Das chinesische Unternehmen ist der zweitgrößte Hersteller von reinen Elektrofahrzeugen hinter Tesla. Noch. Denn der Autohersteller nimmt gerade auch auf europäischen und nordamerikanischen Märkten Fahrt auf. Die bislang präsentierten Fahrzeuge sind allesamt äußerst ansehnlich und profitieren zudem von der Tatsache, dass BYD auch der weltweit zweigrößte Batteriehersteller ist. BYD steht für „Build Your Dream“ was man auch frei übersetzen könnte mit „Erfülle dir deinen Traum“. Preislich liegen die BYD-Stromer in China allesamt im konkurrenzfähigen Korridor. Der Han kostet dort umgerechnet 55.000 US-Dollar. Bei uns muss man mindestens 70.805 Euro anlegen. Was kriegt man dafür?

Eine stattliche Reiselimousine

Der BYD Han ist mit fast 5 Metern Länge eine stattliche Reiselimousine mit durchaus luxuriöser Ausstattung. Typisch für chinesische Großraum-Stromer ist der bequemste Platz im Fond. Das gilt auch für den Han, denn wer die Mittelarmauflage hinten herunterklappt, entdeckt ein Minidisplay mit dem so gut wie alles gesteuert werden kann. Klimanlage, Stellung des Beifahrervordersitzes, das Infotainment-System. Das Schiebedach kann genauso bedient werden, wie die Abdeckung des serienmäßigen Glasdachs. Und natürlich sind bei beiden hinteren Sitzen die Lehnen elektrisch einstellbar. Gigantischer Nachteil: Dafür gibt es keine umklappbaren Lehnen, der relativ kleine 410 Liter Kofferraum, der zu allem Überfluss auch noch eine ungünstige Ladeklappe hat, lässt sich also nicht erweitern.

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Die Displays sind gut ablesbar, die Responsivität auf Toucheingaben ist bestens. Das Interieur ist hochwertig, der Beste Platz befindet sich jedoch im Fond. Mit dem Touchscreen auf der Mittelarmlehne lässt sich alles Wichtige steuern.

Weil wir gerade dabei sind

Der Han hat aber noch ein paar weitere Nachteile. So gibts keinen Frunk, was man verschmerzen kann. Für einen guten Reisewagen – und das ist die Limousine zweifellos – sind die Ladeleistungen aber etwas mau. 120 kW bei DC und 7,4 kW AC. Wobei BYD versichert, dass man bei AC gegen Ende des Jahres auch dreiphasiges Laden anbieten werde. Mindestens 11 kW wären dann drin. Dafür gibt es eine V2L-Möglichkeit mit maximal 3,3 kW AC. Großer Vorteil ist andererseits die Verwendung einer Blade-LFP-Batterie. Denn die darf man gerne und oft auf 100% Laden und sie ist auch noch resilienter gegenüber Defekten. Die nutzbare Batteriekapazität liegt bei 85,4 kWh. Da kommt man schon rund 450-460 km weit, bevor man wieder die Ladesäule anfahren muss.

Infotainment und Bedienung 

Das Betriebssystem ist von Google. An sich ist das eine gute Nachricht, denn die Kollegen bei Renault, Polestar und Volvo verwenden das auch. Die spezielle BYD-Konfiguration indessen ist in unseren Augen ein bißchen mißlungen, die Bedienung teilweise sehr verwirrend. Was wohl auch daher kommt, dass BYD hin und wieder Begrifflichkeiten benutzt, die man nicht sofort versteht. Rekuperation heißt hier „Energy feedback intensity“. Das findet man unter dem Punkt „New Energy“ unter dem Hauptpunkt „Vehicle“. Womit wir beim nächsten Minuspunkt sind. Zwar bietet das Google Betriebssystem allerlei Sprachen an, Deutsch ist hingegen (noch) nicht darunter. Da BYD OTA-Updates anbietet, sollte das bei einem der nächsten Updates der Vergangenheit angehören.

special: mit dem byd han auf der e-engine normrunde

Der BYD Han ist eine stattliche Elektrolimousine. Vom Preis wäre der Mercedes-Benz EQE 350 in der gleichen Klasse. Freilich kommt der BYD Han mit Vollausstattung, während man beim Mercedes noch eine große Summe für Extras ausgeben muss. Klick aufs Bild öffnet PDF.

Interieur und Anmutung

Die Formensprache des Han kann man nur mit „klassische Limousine“ umschreiben. Klassisch deshalb, weil der Wagen wegen seiner Langgestrecktheit eine beruhigende Eleganz ausstrahlt. Das setzt sich auch im Interieur fort. Die Materialien sind hochwertig, die Sitze exzellent (auch hinten) und das Platzangebot opulent. Wie bei fast allen Elektrofahrzeugen, die wir bislang gefahren haben, patzt der Han bei der Klimatisierung. Man stellt das Thermostat auf 22,5°C ein. Doch die Temperatur bleibt gefühlt nicht konstant. Mal wirds zu heiß, dann ziehts wieder kalt um die Beine. Da funktioniert die Sensorik einfach noch nicht gut genug.

special: mit dem byd han auf der e-engine normrunde

Fun Fact: Das „3,9S“ bezeichnet nicht etwa den Hubraum sondern die Zeit, die der Han für den Spurt von 0 auf 100 km/h benötigt.

Die e-engine Normrunde

Die e-engine Normrunde haben wir nun ein wenig angepasst, nachdem in der Nähe der Redaktion ein Ladepark entstanden ist. Wir starten mit einer bestimmten Ladung (in unserem Fall knapp 80%) und fahren dann die Runde, um dann wieder auf die 80% aufzuladen. Das verzerrt unsere bisherigen Ergebnisse ein wenig, weil nun die Ladeverluste für die Normrunde mit eingerechnet werden. Auf den Autobahnabschnitten fahren wir, wenn es der Verkehr zulässt, Vollgas. Im Falle des Han sind das immerhin 186 km/h. Der neue Trip hat eine Länge von 92,4 Kilometern. Tatsächlich sind es aber inklusive der Entfernung Ladepark-Start 95,5 Kilometer. Die genauen topografischen Gegebenheiten lesen Sie bitte hier nach.

Auf dieser Strecke hat der Wagen inklusive Ladeverlusten 25,533 kWh nachgeladen. Auf 100 Kilometer umgelegt sind das 26,73 kWh. Die Umgebungstemperatur lag bei 18°C, die Straße war trocken. In den zukünftigen Tests werden wir das für andere Fahrzeuge überprüfen. In alter Währung wären es nachgerechnet 21,4 kWh gewesen, was ein sehr passabler Verbrauchswert ist – über 24% Ladeverluste zumindest am 50-kW-DC-Lader verhageln das Ergebnis jedoch. Damit kostet das gelegentliche Laden beispielsweise mit einer Shell-Karte ca. 21,20 € auf 100 km. (Schnellladen: 0,79 ct/kWh). Ein großer Diesel verbraucht auf der gleichen Strecke ungefähr 6,5 Liter. Da müsste beim Diesel in Zukunft der Liter 3,35 Euro kosten. Abgesehen von den Emissionen. Keine guten Aussichten. Ja, man könnte zu Hause laden an der Wallbox. Bei den derzeitigen 7,4 kW kein Spass. Das dauert nämlich ganz schön lange.

Fun-Facts

Der BYD Han hat die Zusatzbezeichnung „3,9S“, was nicht etwa den Hubraum bezeichnet, sondern der Spurt von 0 auf 100 km/h in Sekunden. Witzige Idee. Trotz LFP-Batterien, die eine niedrigere gravimetrische Energiedichte als NMC-Varianten haben, wiegt der Han nur gemessene 2.360 kg (Bjørn Nyland). Die Sitzheizungs-Aktivierung haben wir nicht gefunden, das ging nur über Sprachbefehl „Activate Seat Heating“. Beim Laden am Ionity-Charger hingegen machte der Han eine passable Figur von 65 – 100% und benötigte das Auto trotz der maximalen Ladeleistung von 120 kW „nur“ 35 Minuten, die Ladekurve ist relativ homogen und sinkt nur ganz zum Schluss ab.

Fazit

special: mit dem byd han auf der e-engine normrundeDer BYD Han hat uns trotz der vielen kleinen Fehlerchen gut gefallen. Er ist eine leise und angenehme Reiselimousine, die 186 km/h Top-Speed, sollte man sie ausnützen, spürt man überhaupt nicht. Die Isolierung nach draussen ist dank der zweischichtigen Fenster exzellent. Die Dynaudio-Soundanlage hat echte Klasse und das Fahrwerk ist auf schlechten Straßen selbst im Sport-Modus noch komfortabel. Auf dem „Rüttelstück“ der Normrunde gibt der Han kaum Stuckergeräusche nach innen ab. Die Ladeverluste sind – zumindest an der 50-kW-Säule – zu hoch. Man müsste eine Testreihe starten, ob das die Norm, oder ein „Ausrutscher“ ist.

Ein Sportler ist der Wagen jedoch nicht, auch wenn er theoretisch in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Die Wankbewegungen bei sportlicher Kurvenfahrt halten sich in Grenzen. Trotzdem spürt man das Gewicht des Fahrzeugs vor allem in schnell aufeinanderfolgenden Kurven. Wenn man sich vor Augen führt, dass es eine Chauffeurslimousine ist, dann relativiert sich das wieder. Für den gedachten Einsatzbereich ist der Wagen bestens gewappnet. Der Verbrauch nach alter Währung geht ok, die hohen Ladeverluste (an einer 50 kW-Säule) machen das passable Ergebnis aber zunichte. Schade. Wir vergeben deshalb 3,5 Sterne.

BYD hat uns das Auto über das große schwäbische Autohaus Reisacher zur Verfügung gestellt. Vor allem für die gute Betreuung bei Reisacher möchten wir uns hiermit besonders bedanken. Wir übernahmen das Auto pünktlich, der Innenraum war vorgeheizt und der Ladestand bei 100%.

Fotos: e-engine.de/Bernd Maier-Leppla, BYD

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