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Mercedes R-Klasse (2005-2017): Kennen Sie den noch?

Kombi? SUV? Van? Der Edel-Wolpertinger verkaufte sich nur in China gut

mercedes r-klasse (2005-2017): kennen sie den noch?

Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig Flops gewesen sein, aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge holen wir hier unter dem Titel “Kennen Sie den noch?” solche Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens.

Kennen Sie den Wolpertinger? Ein mysteriöses Fabelwesen aus dem Alpenraum, das ein bunter Mix aus vielen bekannten Tieren ist. Gewissermaßen das automobile Pendant war die zwischen 2005 und 2017 produzierte Mercedes R-Klasse. Eine bunte Mischung, aber selten gesichtet. 

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Mercedes B- und R-Klasse

In den frühen 2000er-Jahren entwickelte man in Stuttgart eine kleine Van-Familie, ohne es natürlich Van zu nennen. Wie später BMW mit dem 2er Active Tourer verbrämte man als “Sports Tourer”, was 2005 in Gestalt von B-Klasse und R-Klasse auf den Markt kam. Besonders letztere mixte im Stil des noch aktuellen Renault Espace einige Fahrzeugkategorien zusammen: Kombi, SUV und Van plus eine Prise Nobel-Limousine.

Das Resultat auf Grundlage der Studie “Vision GST” von 2002 wirkte dann auch wie eine B-Klasse in XXL. Die R-Klasse wurde 2005 auf der New York International Auto Show erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, nachdem bereits 2002 ein sehr ähnliches Konzeptfahrzeug namens Vision GST präsentiert worden war.

Mercedes-Benz selbst bezeichnete die R-Klasse zunächst auch als “Grand Sports Tourer”, kurz GST. 2007 wurde die Bezeichnung in “SUV-Tourer” geändert; parallel dazu wurde die Baureihe 251 überarbeitet. In den USA, dem Hauptabsatzmarkt der R-Klasse, begann die Auslieferung im Herbst 2005, in Europa 2006.

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Die R-Klasse teilte sich die technische Basis mit der auch in den USA gebauten ML-Klasse und wurde in einer Kurzversion (Fahrzeuglänge 4.922 mm) und einer Langversion (5.157 mm) angeboten. Die internen Typenbezeichnungen lauten W 251 (kurze Version) und V 251 (lange Version).

Die stärkeren Modelle der R-Klasse waren serienmäßig mit Allradantrieb ausgestattet und trugen die Zusatzbezeichnung 4Matic, die schwächeren Modelle wurden auch mit Hinterradantrieb angeboten. Das Tankvolumen der R-Klasse betrug serienmäßig 80 Liter, das Leergewicht zwischen 2.130 und 2.375 kg.

Die R-Klasse bot regulär sechs Sitzplätze (4+2). Seit April 2007 war auch eine 5+2-Sitzer-Version erhältlich (sechster und siebter Sitz optional). Zum großen Facelift 2010 folgte ein reiner Fünfsitzer. Bei den Versionen mit kurzem Radstand fasste das Gepäckabteil bei dachhoher Beladung insgesamt 939 Liter, die Modelle mit langem Radstand boten ein Ladevolumen von 1.118 Litern.

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Maximal konnte die R-Klasse mit kurzem Radstand 2.001 Liter transportieren (größte Laderaumlänge 1.982 mm), die Langversion bot gewaltige 2.436 Liter (größte Laderaumlänge 2.217 mm). Beide Versionen verfügten zudem über praktische Staufächer unter dem Laderaumboden mit jeweils 51 und 52 Liter Inhalt.

Bereits ein Jahr nach der Markteinführung erfuhr die R-Klasse eine Modellpflege. Das bis dahin gegen Aufpreis erhältliche “Sport-Paket AMG” gehörte nun zur Serienausstattung. Andere Schürzen an Front und Heck veränderten das Erscheinungsbild der R-Klasse, die Nebelscheinwerfer waren nun rund.

Als Basisbenziner im R 280 kam der 3,0-Liter-V6 mit 170 kW (231 PS) ins Programm, als Basisdiesel der R 280 CDI mit 140 kW (190 PS). Der R 500 wurde, wie alle Baureihen, überarbeitet und leistete seitdem 285 kW (388 PS). Seit der Modellpflege werden mehr heckgetriebene Varianten angeboten.

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Damit konnten die Preise sinken, wenngleich sie uns nach 15 Jahren unglaublich günstig erscheinen. Die Preisspanne begann bei 46.707,50 Euro (R 280 kurzer Radstand) und lag damit deutlich unter dem bisherigen Einstiegspreis von 50.337 Euro. Modelle mit langem Radstand waren ab 48.492,50 Euro lieferbar, hier lag der Basispreis bei bis dato 54.621 Euro.

Ist die R-Klasse als solche bereits selten (18.680 Fahrzeuge der Baureihe 251 wurden bis 2013 in Deutschland neu zugelassen – die meisten davon im ersten vollen Verkaufsjahr 2006), so ist der R 63 AMG lang die absolute “Blaue Mauritius”. Lediglich 200 Exemplare entstanden für den weltweiten Verkauf. Eckdaten: 6.208 ccm Hubraum, 375 kW (510 PS), 630 Nm, fünf Sekunden auf 100, 275 km/h optional, Verbrauch laut Werk 16,3 Liter Super Plus.

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2010 sollte ein umfangreicheres Facelift die Verkäufe der R-Klasse ankurbeln: Im Frontbereich wurden Motorhaube, Kotflügel, Kühlergrill und -maske, Scheinwerfer und Stoßfänger komplett neu gestaltetet. Bei der optionalen Ausstattung mit Bi-Xenon-Licht veredelte eine Chromspange das integrierte LED-Tagfahrlicht. Auf Wunsch konnte zudem ein Unterfahrschutz in Chromoptik geordert werden.

Die neue Motorhaube war deutlicher konturiert und besaß an der Vorderkante eine stärkere Pfeilung. Der breitere und höhere Kühlergrill stand aufrechter, die Stoßfängerverkleidung zeigt eine markantere Optik mit klarer Linienführung. Seitliche Vertiefungen im Stoßfänger – hier wurden die Nebel- und Tagfahrleuchten platziert – zog man weit nach außen, um der Front zusätzlich optische Breite zu geben. Anders formuliert: Das etwas glupschäugige Gesicht verschwand. Zudem wurde der Innenraum aufgewertet. Aber auch diese Maßnahme fruchtete nicht.

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Mercedes strebte 50.000 Verkäufe pro Jahr an, die Hälfte davon für den nordamerikanischen Markt. Während der anfänglichen starken Verkäufe der ersten beiden Modelljahre 2006 und 2007 fielen die Verkäufe im Jahr 2008 im Zuge der Wirtschaftskrise und erreichten weniger als zehn Prozent der ML-Klasse-Verkäufe. Die Verkäufe gingen weiter zurück, und die R-Klasse wurde 2012 für den nordamerikanischen Markt und 2013 für Europa und andere Märkte eingestellt – mit Ausnahme von China, wo die R-Klasse beliebt war.

Der 2014 eingeführte Mercedes Metris (alias V-Klasse) gilt als Nachfolger der R-Klasse für den nordamerikanischen Markt. Ab 2012 fand zudem der GL (später GLS) global deutlich mehr Kunden.

Die Ursache für die schlechten Verkaufszahlen ist schwer zu bestimmen, da es eine Vielzahl von möglichen Gründen gibt. Einer davon ist die verwirrende Vermarktung der R-Klasse: Mercedes-Benz versuchte, die Kunden davon zu überzeugen, dass die R-Klasse eine neue Kategorie von Luxus-Personenwagen darstellte, die Kombi, Crossover, SUV und Van in einem war. Außerdem bezeichnete man die R-Klasse anfangs als “Sports Cruiser” und später als “Family Tourer”.

Sie litt auch unter dem “Imageproblem”, das durch den erfolglosen Chrysler Pacifica verursacht wurde, der der R-Klasse zu ähnlich sah und ähnlich groß war, obwohl die R-Klasse mehr Luxusmerkmale und eine besser gelungene Markteinführung hatte. Die Chrysler-Division des Mutterkonzerns DaimlerChrysler hatte den Pacifica einige Jahre vor der Einführung der R-Klasse auf den Markt gebracht, und der Pacifica litt unter Produktions- und Qualitätsproblemen sowie unter schlechtem Marketing und einem gravierenden Mangel an Motorauswahlmöglichkeiten.

Zweitens hatte sich die Kundenpräferenz in den späten 2000er-Jahren und in den meisten Jahren der 2010er Jahre von MPV-Minivans und Vans zu CUV und SUV verlagert. Drittens wirkte sich die Wirtschaftskrise von 2008/2009 stark auf den Automobilabsatz und das Verbrauchervertrauen aus, zusammen mit einem starken Anstieg der Kraftstoffpreise, wodurch die R-Klasse aufgrund ihres höheren Kraftstoffverbrauchs weniger begehrt war. Immerhin: Einer Karriere als seltener und interessanter Klassiker steht nichts im Weg.

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